Kapitel 3: Benebelnder Rauch

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Verzweifelt wirfst du dich gegen die Tür. Und tatsächlich gibt sie ein wenig nach. Dennoch bleibt sie noch Welten davon entfernt aufzuschwingen. Wieder und wieder wirfst du dich dagegen, aber deine Kraft reicht einfach nicht aus, um bei der Tür ernsthafte Schäden anzurichten. Immer mehr Rauch steigt von unten zu dir herauf und du musst schon wieder husten. Tränen steigen in dir hoch. Ein letztes Mal wirfst du dich gegen die Tür. Dann lässt du dich entmutigt zu Boden sinken.

Dabei stößt du gegen das Buch, das du in der Aufregung wohl fallen gelassen hast. Traurig streichst du darüber. Nun werdet ihr beide sterben. Ob du ein letztes Mal darin lesen sollst?

Du schlägst das Buch auf, doch du kannst kaum einen Buchstaben erkennen. Es ist einfach zu dunkel hier! Zu viel Rauch, keine Fenster und...Plötzlich siehst du etwas Rotes zwischen den grauen Schwaden schimmern. Von neuer Hoffnung erfüllt springst du auf und bekommst den Feuerlöscher zu fassen, der neben dir an der Wand hängt. Welche Ironie des Schicksals, beinah hättest du vor Enttäuschung geschrien. Mit einem einzigen Feuerlöscher wirst du den Brand auch nicht löschen können. Du würdest ihn wahrscheinlich nicht einmal die Treppe hinunterbringen können, so schwer wie er ist. Müde lässt du dich wieder zu Boden sinken, wo die Luft zumindest noch ein wenig besser ist. Langsam schließt du die Augen, lehnst dich zurück und stößt mit dem Kopf gegen die Tür. Was für deinen Kopf deutlich schmerzhafter ist, als für die schwere Tür, denn du hast einfach nicht genug Gewicht, um etwas gegen sie ausrichten zu können.

Gewicht! Schlagartig kommst du auf eine Idee und ziehst mühevoll den Feuerlöscher aus seiner Verankerung. Du kannst ihn gerade so halten. Vorsichtig trittst du zurück, soweit das auf diesem Treppenabsatz eben möglich ist. Dann nimmst du all deine Kraft zusammen und lässt dich mitsamt dem Feuerlöscher und voller Wucht gegen die Tür fallen. Und tatsächlich knarzt und ächzt das metallische Ding, was deine Hoffnung weiter beflügelt.

So holst du zu einem zweiten Schlag gegen die Tür aus, wirfst dich mit dem Feuerlöscher gegen sie. Und sie gibt krachend nach! Rauchschwaden ziehen hinaus und du kannst erleichtert aufatmen. Das Licht der Sommersonne blendet dich. Daher kostet es dich einige Minuten, bis du dich auf der Dachterrasse, auf der du nun stehst, umschauen kannst. Sie ist einfach unglaublich groß und bedeckt das gesamte Einkaufszentrum, sodass sie wie ein weitläufiger Kiesweg erscheint. Normalerweise müsste die Aussicht von hier oben fantastisch sein. Heute aber schlängelt sich der Rauch an den Rändern empor, sodass es unmöglich ist, zu sehen, was sich dahinter befindet.

Von unten hörst du Sirenengeheul. Die Hilfe ist eingetroffen. „Hilfe!", schreist du aus Leibeskräften. Aber bei all dem Lärm dort unten kann dich niemand hören. Der Rauch verhindert, dass du gesehen werden kannst. Und es gibt nur eine einzige Seite, an der er nicht aufsteigt. Diese nämlich, an der statt einer Wand ein Abgrund in die Tiefe klafft. Langsam und äußerst bedacht gehst du auf diesen Rand zu, in der Hoffnung, dass man dich von dort aus sehen könnte. Du darfst gar nicht daran denken, wie weit es dort in die Tiefe geht. Aber du musst nach unten sehen. Vorsichtig gehst du weiter darauf zu. Da hörst du es auf einmal unter deinen Füßen knacken. Erschrocken springst du zurück. Keine Sekunde zu früh, denn nur einen Herzschlag später fällt das Betonstück, auf dem du eben noch gestanden hast in die Tiefe.

Ängstlichsiehst du dich nach weiteren Möglichkeiten um. Aber du bist auf diesem Dach wiein einem Käfig eingeschlossen! Zumindest kannst du hier atmen und...so hoffstdu...von der Feuerwehr gefunden werden. Daher fällt dir nichts anderes zu tunein, als dein Drachenbuch zu holen. Du setzt dich damit an den äußeren Türrahmen,an dem du dich anlehnen kannst und beginnst zu lesen.

ENTKOMM!      Feuer und FlammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt