Eyes on Fire (6)

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Den folgenden Tag erlebte ich ein wenig wie in Trance. Der Schock saß mir noch immer in den Knochen. Am wohlsten fühlte ich mich mit Tenebris im Psionik Unterricht. Selbst wenn sie nur schweigend bei mir saß oder neben mir herging fühlte sie sich einfach am vertrautesten an, auch wenn ich sie noch nicht so lange kannte. Lucian bekam ich kaum zu Gesicht und wenn doch, würdigte er mir keines Blickes. Wo er lang ging spaltete sich die Menge wie das Meer vor Moses. Keiner wollte ihm zu nahekommen. Außer mir.

Ich sehnte mich nach dem Gefühl von seiner Haut auf meiner. Ich sehnte mich nach der Hitze, die mich durchströmte. Immer wieder aufs Neue versuchte ich diese Gedanken zu verbannen, doch keine Chance. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass Marissa und Suzie im selben Geschichtskurs waren wie ich. Suzie bot mir gleich den Platz neben ihr an und lächelte mich warm und einladend an. Ich war immer wieder froh, wenn die Lehrer die Tatsache, dass ich neu war einfach außer Acht ließen. Doch bei diesem Lehrer hatte ich mal wieder kein Glück. Es war ein junger Mann mit schwarzem Haar und einem etwas helleren Vollbart. Er ließ einen schweren Rucksack einfach auf den Tisch fallen und nahm mich dann in Augenschein.

Er kam ein paar Schritte auf mich zu geschlendert. Ich erkannte, dass seine Augen rot schimmerten und ich setzte mich unbehaglich aufrechter hin. „Luna Moriel?", man konnte hören, dass er sich dessen bereits sicher.

„Ja, genau" antwortete ich und versuchte zu lächeln. Er erwiderte mein Lächeln nicht.

„Gut, ich bin Dr. Aurelius. Ich bin bereits 766 Jahre alt. Ich werde nicht gern in meinem Fach korrigiert oder hinterfragt. Ich bin ein Vampir und weiß mehr als die meisten von euch je wissen werden. Also bitte, denken Sie nach, ehe Sie irgendwas Dummes von dir geben."

damit wandte er sich von mir ab und begann mit seinem Unterricht. Suzie grinste mich an und als ich mich umsah, sah ich, dass sie nicht die einzige war. Offenbar war ich nicht die Erste, die solch eine Ansage bekommen hatte. Ich lehnte mich wieder zurück und sehnte bereits das Ende herbei. „Wer ist Lucifer?", fragte Aurelius laut und schallend. Ich überlegte ob ich mich melden sollte oder ob die Frage bloß ein Trick war. Suzannes Hand schoss in die Höhe.

„Der Teufel!", antwortete sie selbstsicher. Aurelius sah sie genervt an.

„Mit genauso einer stumpfen Antwort hatte ich bereits gerechnet."

Nun war ich froh, dass ich mich gebremst hatte.

Noch ein Mädchen meldete sich. Sie saß weiter hinten und war zu meiner Verwunderung nicht so eine perfekte makellose Puppe, wie die Meisten hier an der Schule.

Sie hatte braunes glattes Haar, das ihr etwa bis zur Brust ging.

Ihre Nase war etwas zu lang und hatte einen minimalen Buckel. Ihre Unterlippe war etwas zu voll und ihre Haut war nicht so rein und blass. Als sie Anfing zu sprechen klang ihre Stimme etwas rau, als wäre sie erkältet.

Ohne sie zu kennen empfand ich Sympathie für sie. Sie wirkte von allen hier bei weitem am menschlichsten. „Lucifer ist Gottes Sohn und der Bruder von Michael, Gabriel und Raphael. Wobei in gewisser Weise alle Engel Geschwister sind...". Aurelius machte eine ungeduldige Handbewegung und deutete ihr, schneller auf den Punkt zu kommen.

Sie räusperte sich und sprach weiter „Er war der schönste Engel im..."

„Engel! Mehr wollte ich nicht hören. Gut Mira."

Sie wirkte etwas vor den Kopf gestoßen und sah schweigsam auf den Tisch.

„Lucifer war der meist geliebte Sohn von Gott. Bis Gott die Menschen schuf.

Gott verlangte, dass die Engel von nun an den Menschen dienen sollten. Sie waren unter anderem für deren Schutz zuständig. Das gefiel Lucifer nicht. Die Menschen sind jünger, schwächer, gebrechlicher und sterblich. Er weigerte sich, sich ihnen unter zu ordnen. Daraufhin begann ein himmlischer Krieg. Lucifer verlor und wurde mit Hilfe seines Bruders Michael von Gott in die Hölle verbannt. Die, die er am meisten liebte taten ihm das an, weil er sich weigerte, sich einer schwächlichen Spezies unterzuordnen, die nun mehr Liebe von seinem Vater erfahren durfte als er." Ich wunderte mich, dass solch ein Thema in Geschichte aufgegriffen wurde. Ist das nicht ein Thema für Religion? Und als hätte er meine Gedanken gelesen antwortete er „Und warum erzähle ich euch davon in Geschichte?" Er öffnete die Arme in einer fragenden Geste. Und trat dann wieder langsam auf mich zu. „Weil der Beweis für ihre Existenz hier vor mir sitzt. Sie und Mr. Adriel sind vermutlich die Letzten." Alle starrten mich unverholen an. Ich sah mich verwirrt um. „Was schauen Sie so erschrocken?", lachte der Lehrer. „Wussten Sie selber nicht was du bist?" Jemand räusperte sich und ich sah das Marissa ihre Hand in die Höhe gestreckt hatte. Man sah Aurelius an wie ungern er ihr das Wort gab.

𝔉𝔢𝔞𝔯 𝔊𝔬𝔯𝔱𝔥𝔞- Engel vergessen nicht (alt)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt