Kapitel 6
Niemand bewegte sich. Es fühlte sich an als stünde ich auf einer Bombe. Timothy verdrehte die Augen und stapfte bestimmt auf die Tür zu. Ich wäre ihm fast gefolgt, wenn ich nicht gewusst hätte dass es verdammt pathetisch aussehen würde. Meine Eltern spannten sich an. Ich wusste, dass sie Kämpfer waren, dass sie sich in mehreren Kriegen beteiligt hatten. Aber es war faszinierend zu sehen wie sie wieder in diese Rollen schlüpften. Mein Vater stellte sich vor meine Mutter, seine Hände zu Fäusten geballt. Mom stellte ein Bein vor dem anderen und steckte ihre Haare in einen Zopf. Ja, sie waren vorbereitet jemandem so richtig in den Arsch zu treten. Ich wusste nur nicht wem. Generell wusste ich nicht was hier los war. Timothy öffnete die Tür. Da stand sein blonder Freund aus der Bar.
„Oh..." Der Laut entfuhr mir ohne, dass ich es wollte. Denn Blondie sah definitiv nicht mehr verwirrt und betrunken aus. Und ich glaube auch nicht, dass er hier wegen seines Geldbeutels war. Das merkte anscheinend auch Timothy. Er bewegte sich zwar nicht aber seine Finger begannen zu zucken. Blondie lächelte, und es war nicht das nette, charmante Lächeln, das er mir im Klub gezeigt hatte. Dieses Lächeln war fast mechanisch als wäre es einprogrammiert. Ich hörte meinen Vater knurren: „Nicht schon wieder..."
Und dann verfiel alles in Chaos. Blondie packte Timothy an den Schultern, was offensichtlich keine gute Idee war. Mit einem zucken seiner Schulter, schleuderte Timothy den blonden Jungen in unsere Wand. Ich schrie. Es krachte, Putz bröckelte und meine Kinnlade viel runter. Was. Zur. Hölle. Ich merkte jetzt erst das mein ganzer Körper zitterte, mein Mund war trocken. Mein Gott, ich hatte Angst. Vor Timothy, dem blonden Jungen, oder mir selbst? Leider hatte ich keine Zeit weiter über diese philosophischen Fragen zu grübeln, denn Blondie stand wieder auf. Ich wollte rennen. All das Leben hatte seine Augen verlassen, jetzt besaß er nur noch einen blanken Ausdruck, der mir Gänsehaut bereitete. Mein Vater packte mich an der Schulter und zerrte mich hinter sich. Meine Mom hatte sich jetzt neben ihm gestellt. Aber sie machten nichts. Sie schauten nur zu wie Blondie langsam auf Timothy zuging.
„Macht was!" Zischte ich panisch. Ein leises, ironisches Lachen kam von meiner Mutter.
„Schätzchen...wenn dieser Junge auch nur ein kleines bisschen von der Verrücktheit seiner Mutter geerbt hat, wird es ihm schon gut gehen."
Jetzt verstand ich erst. Das hier war ein Test. Sie wollten sehen ober er wirklich Serenas und Coles Kind ist. Alles in mir verkrampfte sich.
„Seid ihr verrückt!?" Brüllte ich und stürzte nach vorne. Mein Vater packte mich am Nacken und zerrte mich zurück. Blondie machte wieder ein paar Schritte auf Timothy zu der immer noch stocksteif da stand. Timothys Augen wurden dunkler. Erst dachte ich es sei ein Schatten oder das ich es mir einfach einbildete. Aber dann merkte ich, dass ich definitiv nicht halluzinierte. Seine Augen wurden zu einem tiefen, leuchtendem Orange. Sein ganzer Körper begann zu vibrieren, sein Gesicht hatte sich verzerrt. Ohne Vorwarnung griff Blondie wieder nach ihm, dieses Mal trat er seine Beine weg. Timothy fiel, aber er machte keinen Laut. Mitten in der Luft drehte er sich, seine Hände stiessen ihn vom Boden weg und er landete wider auf den Beinen. Trotzdem bewegte er sich nicht. Er blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf den Boden sein Gesicht verzerrte sich. Warum hielt er zurück? Hatte er nicht bemerkt dass ihn Blondie definitiv umbringen würde?
Etwas in mir zuckte. Es war nicht der Hunger, es war ein anderer Instinkt. Der Instinkt zu beschützen. Ich war keine gewalttätige Person. Außer im Bett, aber das zählt nicht. Aber als ich da so stand und entsetzt zusah wie Blondie seine Hände nach Timothy aussteckte wurde es zu viel. Ich weiß nicht was über mich kam. Mein Gehirn schaltete sich aus und ich sprang nach vorne bevor meine Eltern mich zurückhalten konnten. Es war merkwürdig. Meine Dämonin war draussen aber ich spürte keinen Hunger. Nur eine unbändige Wut die sich gegen den blonden Jungen richtete. Als würde er es spüren, lies Blondie die Hände fallen und drehte sich langsam weg von dem versteinerten Timothy.
Ich weis nicht was er sah. Ich wusste nie welche Fantasie ich erweckte. Sein Kiefer klappte auf, seine Augen wurden glasig, Speichel tropfte aus seinem offenen Mund. Sein ganzer Körper, entspannte sich und er sah mich an als wäre ich ein Tor zum Himmel. Langsam, als wäre er betrunken wankte er auf mich zu. Ich war bereit. Meine Dämonin wusste was sie tuen musste wenn er nah genug war. Dieses Mal würde es keine wollende Lust geben, sondern nur Blut. Ich fühlte wie sich mein Gesicht in ein Grinsen verzerrte. Kein verführerisches Grinsen, nein. Das hier war anders.
Plötzlich blieb Blondie stehen. Sein Körper bebte, seine Augen rollte zurück in sein Kopf. Etwas warmes spritzte mir ins Gesicht, kurz bevor Blondie zu Boden ging, seine Kehle aufgerissen. Goldenes Blut rann aus der Wunde, aber meine Aufmerksamkeit wurde von etwas anderem angezogen als dem sterbendem Jungen auf dem Boden. Timothy stand über der Leiche, aber er würdigte sie keines Blickes. Sein Gesicht hatte etwas animalisches angenommen, orangene Wolf Augen starrten mich finster an. Lange Fänge ragten aus seinen Mund, ich hatte keine Ahnung wie er es schaffte sich die Lippen nicht aufzureissen. Von seinen Händen tropfte Blut. Es war schwer den kalten, kalkulierenden Jungen, den ich erst vor ein paar Stunden kennengelernt hatte, in diesem...Wesen zu erkennen. Wir starrten uns gegenseitig an. Ohne Masken, ohne unsere ware Identität zu verstecken. Er sah mich als den Sukkubus und ich ihn als den Wolf. Mein Herz schlug schneller. Er machte einen Schritt auf mich zu, aber ich hatte keine Angst. Aus irgendeinem Grund wusste ich dass er mir nicht wehtun würde.
Der Moment wurde zerstört als meine Mutter mich zurück zerrte und mein Vater sich vor mich stellte.
"Komm jetzt auf keine dumme Gedanken Junge." Knurrte er drohend.
Meine Mutter starrte mich wütend an, aber unter ihrem Zorn konnte ich einen Hauch von Panik erkennen.
"Hast du jetzt total den Verstand verloren oder was?!"
Ja, das frage ich mich auch. Mein Körper begann zu zittern. Warum habe ich so reagiert? Meistens verkrieche ich mich bei dem ersten Zeichen von einer Konfrontation. Kalter Scheiss rann mir den Rücken runter und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. Jap, ich war kurz davor in eine Panik Attacke zu verfallen. Super. Anscheinend merkte das auch meine Mutter, denn anstatt mich weiter anzuschreien nahm sie mich in den Arm als wäre ich wieder sechs Jahre alt.
Ich zuckte zusammen als ihr Handy anfing zu klingeln. Mit einem Arm immer noch um mich gelegt ging sie dran.
"Wo zur Hölle hast du diese Nummer her?" Knurrte sie.
Ich konnte nicht hören was die Person am anderen Ende der Leitung antwortete.
"Nein ich bin definitiv nicht diejenige die irrational ist! Du hast mir nicht erzählt dass dein verdammter Sohn noch verrückter ist als du!"
Mein Vater drehte sich zu uns um. Sein Gesicht war ernst. Viel zu ernst. Ich blinzelte. Dann zuckte mein Blick zum Boden. Blondie lag immer noch da, goldenes Blut hatte unter ihm einen kleinen See geformt. Es war jedoch was anderes dass mich erschrocken nach Luft schnappen lies. Es dauerte eine Weile bevor ich wirklich verstand was ich da sah. Weisse Flügel hatten sich aus seinem Rücken entfaltet. Sie lagen schlapp auf dem Boden, die Federn schief und gebrochen. Meine Mutter fluchte laut.
"Scheisse. Die geflügelten Bastarde haben uns gefunden...Ja es geht ihm gut verdammt der Junge ist ein Biest, aber ich schwöre zu allem was heilig ist wenn er auch nur versucht seine Pfoten auf meine Tochter zu legen dann..."
Mein Vater riss meiner Mutter das Telefon aus der Hand.
"Hör zu Seren, wir stecken so richtig in der Scheisse. Gib mir deine Koordinaten. Wir müssen reden."
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Projekt Apokalypse
FantasyLiebe. Etwas wovon Teresa überhaupt nichts versteht. Als das einzige Kind eines Dämons und einer Hexe, besitzt sie die Gabe Fantasien zum Leben erwecken zu können. Sie wird begehrt von allem und alles, was ihr Ego nicht gerade kleiner macht. Trotzde...