Kapitel 5

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Noch am Abend war der Wurm Gesprächsthema bei mir und Marcus. Wir grübelten auf der Terrasse sitzend, was wohl diese enorme Länge verursachte hatte.

„Naja,er wird wohl eine besonders gute Nahrungsumgebung haben", überlegte Marcus.

„Oder einen Gen-Defekt", mutmaßte ich.

„Oder..." Marcus sah mich grübelnd an. „Es ist ein außerirdischer Wattwurm."

Wir brachen beide in schallendes Gelächter aus.

„Nein, diese Option können wir wohl getrost in den Wind schießen. Aber wir könnten in Betracht ziehen, das gewisse Umweltbedingungen ihn vielleicht haben wachsen lassen. Giftstoffe vielleicht?"

Marcus taxierte mich ab und bemerkte wohl den Forschergeist, der in meinen Augen aufblitzte. Ich sah ihn auffordernd an. Er verstand. „Okay, okay. Wir machen es. Aber ohne Tardis und ohne Schallschrauber. Schließlich haben wir uns nach Normalität gesehnt und sind im Urlaub." Er stand von seinem Stuhl auf und ging an mir vorbei und beugte sich ein wenig herunter „Und außerdem wolltest du doch noch etwas über mich erfahren oder?", wisperte er verheißungsvoll. Seine samtige Stimme verursachte Gänsehaut bei mir.

Ich verkniff mir all meine Worte, die ich ihm entgegen schleudern wollte. Es war ja nicht so, dass ich noch nicht gefragt hatte. Er war mir schlicht ausgewichen – und jetzt das. Grrr. Nach einem Augenzwinkern verschwand er im Haus und tat, was auch immer er tat. Ich zückte mein Handy und betrachtete die Bilder vom Wattwurm erneut.

Da die Gezeiten bekanntlich alle 12,5 Stunden wechselten vertrieben wir uns die Zeit bis zu einem passablen Ebbe-Zeitpunkt am Tag mit Nichtstun. Diese Zeit war ausnahmsweise mal nicht mein Freund.

Endlich! Ebbe am Tag! Gut ausgerüstet mit Spaten und Proben beuteln stapften wir ins Watt. Es war Nachmittag. Wir mussten gar nicht so weit laufen um die verdächtigen Kringel zu finden, die Wattwürmer hinterließen. Sie waren überall. Moment! Sie waren überall und warum verdammt waren die Kringel so groß?

Ich ließ mich auf den Knien nieder und begutachtete die Haufen aus kurzer Entfernung. Die waren mindestens 10x so groß wie vor kurzem. „Spaten!" Marcus drückte mir den Spaten in die Hand. Ich stocherte damit im Boden herum und blendete alles um mich herum aus.

„Was machen sie denn da?!" Die Stimme kam mir bekannt vor. Herr Krüger mit einer Gruppe Touristen. „Hier darf doch nicht jeder willkürlich im Watt herumstochern!", fuhr er mich an.

Ich stand auf und machte mich imposant groß. „Herr Krüger! Ich stochere nicht willkürlich im Watt herum. Ich nehme Proben. Haben sie nicht bemerkt, dass die Haufen der Wattwürmer viel größer sind als noch vorgestern?"

„Öhm, ja. Jetzt wo sie es sagen...", ließ er verlegen verlauten und starrte auf die Haufen.

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Haben sie eigentlich auch einen anderen Satz drauf, als 'Jetzt, wo sie es sagen' ?" Ich schnaubte. „Es ist ja eigentlich schon ein Unding, dass ich als Lady hier im Dreck knie und die zuständigen Leute nichts von den Veränderungen bemerken."

Krüger kniete sich auf den Boden und begutachtete den nächstgelegenen Haufen. „Entschuldigung." Ich nickte, diese Reaktion hätte ich eigentlich gar nicht provozieren wollen. Aber naja, hatte funktioniert. Innerlich musste ich Grinsen. Ich liebte dieses Leben!

Noch während Krüger im Dreck nach einem Wattwurm Ausschau hielt, kam Leben in den Boden und wir traten alle ein wenig beiseite.

Wellenförmig schob sich etwas von unten nach oben. Marcus schob, fürsorglich wie er war, alle Umstehenden noch ein Stück beiseite, als plötzlich etwas durch den Dreck brach. Ein Giganten-Wattwurm.

The Doctoress - Watt?! (8)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt