Die andere Seite

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Tomoko:

Ich hörte wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wurde. Warum hatte ich damit gerechnet? Vielleicht weil Ashley und Amber genauso doof wie Pia waren und nur eigennützig dachten? Kann sein. Ich zuckte einfach mal so mit den Schultern. Wenn ich schon mal hier war, konnte ich genauso gut auf Klo gehen. Das tat ich dann auch. Seufzend schaute ich in den Spiegel, während ich mir die Hände wusch. Warum nochmal gleich tat ich das? In diesem Augenblick klingelte mein Handy. Ich fischte es mit noch nassen Händen aus meiner Hosentasche. Es glitschte mir weg und fiel uns Klo. Jetzt klingelte es nicht mehr, dafür blubberte es aber. Naa toll! Immerhin würde John mich suchen gehen, wenn er wieder fahren will. Nur das konnte noch dauern. Wir waren ja gerade mal eine Stunde hier. Plötzlich kam mir eine Idee. Vielleicht war mein Handy ja zufällig wasserfest. Dieser Eingebung folgend kniete ich mich vor das Klo. Dort betrieb ich den modernen Handy-Angelsport, und bekam es tatsächlich zu fassen. 100 Punkte für mich. Ich zog es heraus. Nun sah ich meinem Handy beim Abtropfen im Waschbecken zu, während ich auf dem geschlossenen Klodeckel saß. Es war wirklich langweilig.

Tropf. Tropf. Tropf.

Ich gähnte.

Tropf. Tropf. Tropf.

Mir fielen die Augen zu.

"He, mach auf! Ich muss pissen", lallte jemand von der anderen Seite der Tür. Vor Schreck über diesen Lärm plumpste ich prompt vom Klo.

"Aua", beschwerte ich mich lautstark. "Was willst du jetzt?"

"Auf Klo, verdammt nochmal!"

"Such dir dein eigenes", brülle ich durch die Tür. "Das hier ist meins!" Kaum hatte ich das gesagt, wunderte ich mich auch schon über meine eigenen Besitzansprüche auf dieses langweilige Klo.

"Ich wohne hier", brüllte mein Gesprächspartner zurück.

"Dann komm rein. Ich bin fertig hier." Jetzt brüllte ich nicht mehr, sondern sprach in normaler Partylautstärke, was ungefähr auf das Gleiche hinauslief.

"Will ich ja. Schließ auf!"

Da war ja was. "Das geht nicht. So 'ne Ziege hat von außen abgeschlossen damit ich alle Zeit der Welt habe mir ...ähm ja." Ich bemerkte zum ersten Mal, dass ich nur zu kleine Einhorn- oder Donut-Unterwäsche anhatte, was es eigentlich war ließ sich nicht mehr so genau identifizieren.

"Dir was? Einen runterzuholen?", lachte der Typ von der anderen Seite.

"Geht dich doch nichts an. Und jetzt schließ auf."

"Du bist witzig. Hier ist kein Schlüssel."

Ok, die sind gerissener als ich dachte. Wie ging das gleich nochmal? Unterschätze niemals deinen Feind oder so in die Richtung.

"Warte, hab da 'ne Idee", nuschelte die andere Seite. Kurz darauf rumste es und die ganze Tür wackelte. Was zur Hölle machte er da? Die Tür mit der Schulter aufbrechen? Ich glaubte, das ist eine ganz schlechte Idee wäre. Aber er ließ sich einfach nicht davon abbringen. Irgendwann gab die Tür auch nach und zersplitterte. Ein Hoch auf Holztüren.

"Jetzt tut meine Schulter weh", beschwerte sich der Rammbock.

"Tja, Pech. Du hättest auch einfach den Schlü..."

"Schweig still, Prinzessin. Dein Held und Ritter half wo er konnte. Wo bleibt da die Dankbarkeit?" Mein "Held und Ritter" stellte sich hochherrschaftlich hin und deutete eine Verbeugung an. Was für ein schräger Kauz.

"Ich lass dich dann mal in Ruhe." Grinsend wollte ich mich aus dem Staub machen, doch der selbsternannte Held und Ritter hielt mich am Arm zurück.

"Nicht so schnell, holde Jungfer. Verratet mir Euren Namen und Ihr könnt von dannen ziehen. Verratet ihn nicht, so bleibt Ihr halt hier."

"Tomoko", sagte ich knapp. "Darf ich jetzt gehen, komischer Mittelaltertyp?"

Der Mittelaltertyp nickte, ließ meinen Arm los, und wollte die Tür hinter mir zu machen. Aber da eben diese mehr zersplittert als heil war, was eigentlich nicht realistisch war, ging es nicht so gut. Ich nickte ihm noch einmal zu. Als ich wieder unten angekommen war, stellte ich fest, dass mein Handy ja noch oben im Waschbecken lag. Also drehte ich mich um und stiefelte die Treppe wieder hoch. Im Bad angekommen hatte die andere Seite gerade mein Handy entdeckt und hielt es gegen das Licht, als würde er herausfinden wollen, ob das auch ein echtes Handy sei, so wie man das mit einem Geldschein macht.

"Kann ich mein Handy wieder haben?", fragte ich. Er sah von meiner ausgestreckten Hand in mein Gesicht.

"Kriege ich dafür einen Kuss, Prinzessin?"

"Tomoko", verbessere ich ihn. Er grinste mich trotzdem weiter an: "Und?"

"Natürlich nicht!"

Er zog einen Schmollmund. Damit sah er aus wie ein kleines beleidigtes Teewürstchen. Witzig.

"Aber deine Handynummer?" Nun sah er hoffnungsvoll, ja beinahe flehend aus. Ergeben nickte ich. Erfreut wollte er bei meinem Handy meine Nummer eingeben.

"Das ist mein Handy", erinnerte ich ihn.

"Mh. Scheint kaputt zu sein. Solltest du mal föhnen."

Ich riss ihm mein Handyförmlich aus der Hand. Nach verzweifelten Versuchen, mein Handy anzuschalten,gab ich auf. Ohne weiter auf den Betrunkenen zu achten, stürmte ich die Treppewieder runter. Unten stieß ich mit jemandem zusammen. Der Inhalt seines Bechersergoss sich über meinen Kopf. Nicht schon wieder... Es war aber immerhin nichtmeine Unterwäsche. Moment mal ... UNTERWÄSCHE??? ICH STAND HIER VOR LAUTERFREMDEN LEUTEN IN ZU KLEINER UNTERWÄSCHE. Heute war echt nicht mein Tag. Ichwollte eine Nachricht an John schreiben, dass es einen Notfall gebe und wir losmüssten,aber mein doofes Handy war ja einfach kaputt. So eine Scheiße! Und jetztdröhnte auch noch Tim Toupet mit "Heut ist so ein schöner Taglalalalala" aus den Boxen. Das passte ja wie die Faust aufs Auge.

Lauter VerwirrungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt