Scheißverein

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Queenie:

Ich schloss mein Fahrrad an den paar Fahrradständern an. Es waren vielleicht zehn. Ja, man konnte echt sehen, dass nur Leute mit Geld und Autos hier ihre Kinder hinschickten. Und dann gab es noch Leute wie mich: Die Schüler, die ein Stipendium in der Tasche hatten. Eigentlich wollte ich das gar nicht, aber mein Freund Tristan hat mich dazu gezwungen. Er hat auch darauf bestanden, dass ich es annehme. Sein bestes Argument war, dass wir endlich auf eine Schule gehen würden. Nur eben in verschiedenen Klassen. Letztendlich habe ich zugesagt, nur weil ich sein Gejammer, von wegen endlich 24/7 vereint, nicht mehr hören konnte. Auch wenn er mir in der Zeit sehr oft gesagt hatte, wie sehr ich ihm bedeuten würde. Das war schon ein ordentlicher Ego-Boost. Es gab mir genügend Selbstvertrauen, das Stipendium anzunehmen.

Ich nahm mir zum ersten Mal die Zeit, mir das Gebäude genauer anzusehen. Es war hochherrschaftlich, mit Backsteinen und einem Säuleneingang. Über dem Portal, Tür war einfach nicht genug, prangte in großen Lettern: Kolumbus-Segel-Schule. Gar nicht übertrieben oder so ... Die Fenster waren ebenfalls sehr groß. Ich betrat die Eingangshalle. Groß, geräumig, riesig. Das waren die passendsten Adjektive. Vielleicht würden da noch licht, hell, freundlich, technisch dazu passen.

Ich atmete tief durch, schulterte meine Tasche noch einmal neu und machte mich auf die große, unbekannte Suche nach meiner neuen Klasse. Dabei wurden mir sehr seltsame Blicke zugeworfen. Es ist ja normal, dass neue Schüler, die nicht aussehen als würden sie auf ein Fake-Internat gehen, und auch nicht als wäre eine renommierte Segelschule die richtige Umgebung für diese, erst einmal besonders betrachtet werden. Aber diese Blicke waren nicht nur neugierig, sondern auch mitleidig und bedauernd. Was zur Hölle war falsch mit denen? War dieser Ort so schlimm? Warum wechselten die dann nicht einfach? Außerdem tuschelten sie und verstummten, sobald ich versuchte ein paar Gesprächsfetzen aufzuschnappen.

Anscheinend erbarmte sich eine neue Mitschülerin meiner. Denn sie kam auf mich zu und gab mir eine Zeitung. Sie hatte dunkle, lange Haare, blaugrüngraue Augen und sah ziemlich konzentriert aus: "Hier."

Ich warf einen Blick auf die Titelseite: Tristi-Tragische Ereignisse. Warte was? Ich überflog den Artikel. Dann las ich ihn noch einmal genauer. Durch den Unglauben musste ich ihn noch ein weiteres Mal lesen.

"Dieser Arsch", zischte ich frustriert, verletzt und wütend. Mir die ganze Zeit erzählen, dass ich doch ach so toll sei, dass es doch super wäre, endlich auf eine Schule zu gehen. Ich könnte ihn umbringen, aber erst musste ich meine Augen entleeren gehen, denn da brannten gefährlich stark Tränen. Ich sah mich hektisch nach einem Klo um. Da war eins. So langsam wie möglich ging ich dahin.

"Also ich würde da jetzt nicht rein...", hörte ich die Dunkelhaarige noch sagen, bevor ich schwungvoll die Tür aufstieß. Vor dem Spiegel stand ein Mädchen. Es war dabei sich zu schminken. Es sah echt schlimm aus. Einfach viel zu viel Make-Up. Man sah schon einen Rand rund um das Gesicht. Ihre langen, verfilzten, blonden Haare hingen struppig den Rücken hinab. Man sieht ja schon so einiges an Haaren, aber so glanzloses Haar hatte ich noch nie gesehen. Immerhin waren sie nicht auch noch fettig. Wortlos ging ich an ihr vorbei und schloss mich in einer der Kabinen ein. In der Kabine war einfach kein einziger Spruch an der Wand. Das war sehr seltSam. Bevor ich aber so richtig losheulen konnte, maximal eine Träne rollte, da erstickte ich auch schon halb an einem ekelhaft stinkenden Deo. Kaum hatte ich das überlebt, kam eine noch schlimmere Parfüme-Gaswolke in meine Kabine geschwabert. Jetzt konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen und flüchtete hustend, nach Luft ringend aus dem Klo.

"Na, hast du Bekanntschaft mit unserer wohlduftenden Parfüme-Deo-Erscheinung gemacht?", werde ich grinsend gefragt.

"Wo ist ein freies Klo?"

stürmte ich in die Richtung los. Nach der nächsten Ecke endete mein Sturm auf dem Boden. Ich blickte den Sturmstopper böse an. Doch wirklich lange dauerte das nicht. Meine Augen verwandelten sich fast in Herzen, als der Stopper mir die Hand reichte. Ich ließ mir von ihm auf die Beine helfen, während ich in die sturmgrauen Augen des Jungen blickte. Lächelnd schob er sich die blonden Haare aus dem Gesicht.

"Alles gut bei dir?", fragte er mich liebenswürzig.

Ich öffnete meinen Mund, doch meine Stimmbänder streikten und sagten einfach irgendetwas anderes.

"Draco? Bist dues?", hauchten sie nämlich fassungslos, statt zu sagen, dass alles okwäre. Im nächsten Moment stand ich alleine im Flur und blickte verwirrt an dieweiße Wand mit Wellenmuster. Ich blinzelte einmal. Das war wohl eineEinbildung. Immerhin war ich deswegen so verwirrt, dass ich nicht mehr anTristan und seine Betrügereien denken musste. Denn als es klingelte, wurde mirbewusst, dass ich zu spät kommen würde. Trotz dessen konnte ich mir ein"Oh mein Gott, aww war das gerade wahr?!" nicht verkneifen, einGlück, dass ich immer noch alleine in diesem Gang stand.

Lauter VerwirrungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt