Neben mir sitzt ein Mädchen. Sie muss im Sommer zugezogen sein, denn ich habe sie hier an dieser Schule und in unserer Gegend noch nie gesehen.
„Hey! Mein Name ist Sofia und deiner?"
Ich starre sie nur an. Sie scheint nett zu sein.
„Eveline", antworte ich nur knapp und doch ist es das längste Gespräch, dass ich je mit einem Mitschüler geführt habe.Als es zum Unterricht klingelt, betritt pünktlich wie immer unser Tutor den Unterrichtsraum und das Mädchen steht im selben Augenblick auf um nach vorn zu gehen.
„Willkommen zurück! Wie ihr wisst ist dieses Jahr das entscheidende Jahr, vor allem aber dieses Halbjahr. Viele von euch-", ich höre nicht weiter zu. Es ist das gleiche wie letztes Jahr. Er erzählt uns wie wichtig alles ist, sagt, dass viele sich mit dem nächsten Zeugnis bewerben wollen oder gar müssen um den Studienplatz zu bekommen, den sie sich so sehnlichst erhoffen. Mir ist das alles nicht wichtig. Ich habe keine Pläne für die Zukunft.
Meine Mutter will, dass ich ein College besuche, aber ich weiß ja nicht mal selbst was ich will.
„-und das ist eure neue Mitschülerin, Sofia. Magst du dich vielleicht kurz vorstellen?" An dieser Stelle erreicht der Lehrer -eher Sofia- wieder meine Aufmerksamkeit.
„Mein Name ist Sofia. Ich bin im Sommer mit meinen Eltern in das Nachbardorf gezogen. Wir wollten etwas ländlicheres, die Großstadt war uns nach all den Jahren zu groß. Soviel wohl zu mir", mit diesem Satz kommt sie wieder auf mich zu und setzt sich auf 'ihren' Platz, während Herr Brandt mit seinem Unterricht beginnt.
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„Psst."
Ich bin mir sicher, dass ich mir das nicht eingebildet habe, aber wer möchte schon mit mir reden und dann auch noch mitten im Unterricht?
„Psst. Evaline, oder? Du bist die Einzige, die ich hier quasi kenne. Könntest du mich in der Pause vielleicht durch die Schule führen und mir die wichtigsten Orte zeigen?"Ich bin versucht nicht auf ihr Gespräch einzugehen, wieso ich es letztendlich tat, weiß ich selbst nicht so genau.
„Eveline. Nicht Evaline. Vielleicht solltest du dir für einen Schulrundgang lieber jemand anderen suchen. Glaub mir, mit mir willst du nichts zu tun haben."Die Klingel, die die Pause ankündigt, sorgt dafür, dass ich endlich aus diesem viel zu lang andauernden Gespräch fliehen kann. Ich packe schnell meine Sachen zusammen und gehe auf den Pausenhof um zu meinem üblichen Platz, in die Ecke unter den großen Lindenbaum, zu gelangen. Normalerweise kann ich hier ungestört mein Frühstück genießen, doch dieses Mal bin ich nicht allein, nein, Sofia ist mit hier.
„Du musst mir die Schule nicht zeigen, aber können wir wenigstens Freunde sein? Ich kenne hier niemanden und du scheinst wirklich nett zu sein."
Ich, nett? Wie kommt sie denn bitte darauf? Wo auch immer sie herkommt, sie hat definitiv einen kuriosen Geschmack. Da ich nicht unhöflich erscheinen möchte, immerhin ist es ihr erster Tag hier, antworte ich nur mit einem knappen „Klar", auch wenn ich jetzt schon weiß, dass wir keine Freunde sein werden, wenn sie sich hier erst richtig eingelebt hat.Ich betrachte sie von oben bis unten und obwohl ich nicht viel persönlichen Kontakt mit Menschen habe, da ich lieber allein bin und versuche soziale Kontakte zu vermeiden, kann ich den Charakter der Meisten schon in den ersten paar Minuten feststellen. Sofia scheint mir vom Typ eher zu den beliebten Kids zu gehören. Trotzdem scheint sie netter als die meisten beliebten Schüler zu sein. Auf jeden Fall ist sie hübsch und achtet offensichtlich auch sehr genau auf ihr Aussehen und Auftreten. Ich frage mich, wie lange sie wohl morgens zum fertig machen braucht. Verdammt, was passiert gerade mit mir? Ich interessiere mich nicht für andere Menschen und deren Leben.
„Hallo?" Ich war offensichtlich so in meine eigenen Gedanken und Starren vertieft, dass ich nicht mitbekommen habe, dass sie - schon wieder- versucht hat ein Gespräch mit mir zu beginnen. „Hm?", murmele ich nur, immer noch in meine eigenen Gedanken versunken. „Ich wollte wissen, wieso du hier allein sitzt." Gibt es keine Einzelgänger dort wo sie herkommt? „Ich habe keine Freunde hier an der Schule", gebe ich nur als knappe, ehrliche Antwort. Sie runzelt die Stirn, offenbar kennt sie so etwas wirklich nicht. Stille macht sich zwischen uns breit. Da ich gern sitze während ich esse, setze ich mich auf meinen üblichen Platz. Sie setzt sich direkt neben mich, bleibt aber ruhig. Andere würden die Stille, die zwischen uns herrscht vermutlich als bedrückend oder unangenehm bezeichnen, aber ich bevorzuge Stille und bin daher dankbar, dass sie nicht noch einmal versucht ein Gespräch zu beginnen.
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Wäre es nicht deutlich einfacher zu gehen? (Wird Überarbeitet)
Teen FictionZu lange schon lebt sie in dieser undankbaren Welt, in der es scheint, als würde sich alles gegen sie wenden. Alles, was sie anfängt, wird vom Leben zunichte gemacht. Zumindest denkt sie das. Die Wahrheit ist oft das, was eine Person selbst nicht w...