Es ist bereits 10 Uhr, als es an unserer Tür klingelt. Ich stehe bereits angezogen mit Jacke in der Hand da und öffne Sof die Tür.
"Wir sind dann jetzt in der Stadt, wegen der Ballettsachen", rufe ich Mom zu, bevor ich das Haus verlasse. "Alles klar. Viel Spaß euch beide!", antwortet sie nur. Ich schließe die Tür hinter mir und folge Sof zu ihrem Auto.Die Fahrt dauert fast eine Stunde, aber wir genießen es. Wir hören Musik, die uns beiden gefällt, zu der wir beide mitsingen können. Es entspannt und lenkt mich etwas von meinen dunklen Gedanken ab.
"Passten dir nicht mal mehr deine Schuhe?", fragt Sof. Ich lache, aber anscheinend meinte sie die Frage ernst. "Nein, ich brauche wirklich alles komplett neu", antworte ich. "Und du?"
"Ich brauche nur neue Sachen, meine Schuhe passen mir noch alle. Deswegen hab ich gefragt", gibt sie mit einem Lächeln von sich. Mir fällt auf, dass ich gar nicht weiß, seit wann Sof kein Ballett mehr tanzt. Ich beschließe mir das als Frage aufzuheben, wenn wir gleich unsere Klamotten aussuchen.Sie parkt ihr Auto in der Tiefgarage des Einkaufcenters, da die ganzen freien Parkplätze in der Umgebung bereits belegt sind. Es ist kein Wunder, immerhin ist Samstag. Ein guter Tag für alle zum Shoppen.
Wir verlassen die Tiefgarage und begeben uns ins Stockwerk mit dem Laden, in dem wir alle Sachen, die wir benötigen, finden werden. Als wir ankommen bin ich überwältigt. Ich merke, wie sehr ich das Ballett vermisse und dass es mich traurig stimmt, dass ich schon so lange nicht mehr getanzt habe. Es wird schwer, erst einmal wieder so dehnbar zu werden. "Ich hoffe übrigens du hast uns für einen Anfängerkurs eingetragen, denn ich hab seit Jahren nicht mehr getanzt", sage ich daher zu Sof. "Ja, keine Sorge. Ich wusste ja, dass es bei dir ein wenig länger her ist, als bei mir." Sie lächelt mich an. Meine Frage fällt mir wieder ein.
"Wie lange ist es denn bei dir her, dass du zuletzt Ballett getanzt hast?" "Gerade einmal 3 Jahre. Meine Füße sind seit dem nicht gewachsen, mein Körper aber schon."
"Und warum hast du aufgehört?" Sof antwortet nicht sofort. "Du musst es nicht erzählen, wenn du nicht möchtest oder wenn du es nicht in der Öffentlichkeit erzählen willst."
"Nein, alles gut. Ich überlege nur, wie ich am besten anfange", sagt sie schließlich.
Wir schlendern weiter durch die Gänge, bis wir bei den Strumpfhosen ankommen. Wir packen jeder 3 paar in unserer Größe in unsere Einkaufskörbe und gehen zu den Ballettanzügen, wir entscheiden uns für die lilanen, die von unserer Schule vorgeschrieben sind. Wir entscheiden uns für einen mit und einen ohne Rock. Da wir zu Anfang nicht auf Spitze tanzen werde, besorgen ich mir noch zwei paar Schläppchen, Sof packt sich zur Sicherheit auch noch ein neues Paar ein. Ich bleibe vor den Spitzenschuhen stehen.September 2009
"Komm Liebling, wir wollen doch nicht zu spät kommen." Lucy nimmt ihre Tochter an der Hand und zieht sie förmlich hinter sich her, öffnet die Tür und geht zur Rezeption. Die Rezeptionistin weist ihnen den Weg zu den Umkleiden. Sie sind pünktlich, denn die Ballettlehrerin kommt gerade rein. Sie stellt sich vor und prüft die Anmeldeliste, ob alle da sind, die da sein sollen. Eveline steht ebenfalls auf dieser Liste, es ist ihre erste Ballettstunde. Lucy kniet sich hin um auf Augenhöhe mit ihrer Tochter zu sein.
"Ich wünsche dir ganz viel Spaß, mein Schatz. Papa und ich holen dich nach der Stunde wieder ab und dann essen wir schön Abendbrot in einem Restaurant." Lucy ist aufgeregter als ihre Tochter. Lucy selbst wollte früher selbst immer Ballett tanzen, hat aber nie die Chance bekommen. Als ihre Tochter also danach fragte, suchte sie sofort die nächste Ballettschule, meldete sie an und besorgte alle nötigen Sachen. Die Lehrerin führt die Kinder in einen anderen Raum. Die Kinder winken ihren Eltern zum Abschied zu, bevor die Tür hinter ihnen zufällt. Lucy geht langsam wieder zu ihrem Auto und kann ein Lächeln und die Freudestränen, die ihre Wangen herunterrollen nicht zurückhalten. Sie hofft, dass ihre Tochter den Spaß empfindet, den sie sich immer vorgestellt hat."Ich weiß, dass wir erstmal nicht auf Spitze tanzen, aber ich würde mir gern schon welche mitnehmen", gebe ich gedankenverloren von mir. Sof nickt nur, scheint immer noch darüber nachdenken, wie sie mir erzählt, warum genau sie aufgehört hat. "Vergiss nicht auch Stulpen und Spitzenschoner einzupacken", fügt Sof hinzu. Ich nicke nur stumm. Auf dem Weg durch die ganzen Gänge entdecken wir noch die Wickeljacken und beschließen je eine einzupacken, da es sich für die kälteren Monate lohnen wird eine zu haben, auch wenn wir sie im Unterricht direkt nicht tragen werden.
Wir stehen nun an der Kasse mit all unseren Sachen und gehen noch einmal durch, ob uns irgendetwas fehlt. Fürs Erste haben wir alles. Sof ist immer noch in ihre eigenen Gedanken vertieft und hat seit meiner Frage nichts weiter gesagt, was nicht gerade die Klamotten betroffen hat.
Wir verlassen den Laden.
"Es ist okay, du musst es mir nicht erzählen. Wirklich nicht", wiederhole ich nochmals um meiner Aussage Ausdruck zu verleihen.
Sie geht neben mir her ohne irgendetwas zu erwidern und ich bereue die Frage überhaupt gestellt zu haben. Ich bin sonst rücksichtsvoller, frage nicht nach, nehme Dinge einfach so hin. Wegen ihr bin ich offener geworden, rede mehr -zumindest mit ihr und manchmal sogar im Unterricht- aber ich schaffe es trotzdem immer irgendein Fettnäpfchen zu finden.
Wir sind mittlerweile am Auto angekommen und verstauen unsere gekauften Sachen in ihrem Kofferraum. Sof ist still, ich habe sie noch nie so still erlebt. Wir sitzen im Auto, doch Sof startet den Motor nicht und dreht sich stattdessen zu mir.
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Wäre es nicht deutlich einfacher zu gehen? (Wird Überarbeitet)
JugendliteraturZu lange schon lebt sie in dieser undankbaren Welt, in der es scheint, als würde sich alles gegen sie wenden. Alles, was sie anfängt, wird vom Leben zunichte gemacht. Zumindest denkt sie das. Die Wahrheit ist oft das, was eine Person selbst nicht w...