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Er schien total nett und freundlich zu sein, was mich noch mehr überraschte als die Tatsache, dass gleich zwei so wunderschöne Halbgötter existierten. Einen Unterschied gab es allerdings doch zwischen den beiden. Riley hatte dunkelgrüne Augen, die aber ebenfalls wunderschön waren. Und das altbekannte flaue Gefühl im Magen und die Gänsehaut, die ich bei seinem Bruder bekam, blieben aus.

»Hey, ich ähm, bin Chloe. Ist schon gut, ich hatte bloß niemanden erwartet« gestand ich verlegen und sammelte meine Klamotten wieder vom Boden auf, die mir heruntergefallen waren. »Wie wäre es, wenn du dir deine Sachen anziehst und dann in die Küche kommst? Ich würde gerne mit dir über meinen Bruder reden. Magst du Kaffee? Ich könnte Frühstück machen« lächelte er und fuhr sich durch sein braunes Haar. Tatsächlich sah Schönling Nummer zwei etwas älter aus, als Ryan. »Kaffee und Frühstück sind super! Bis gleich« nickte ich bestätigend und verschwand schnell im Bad.

Als ich die Küche betrat, war der Tisch bereits gedeckt und Riley stand am Herd, während er Pancakes machte, die wunderbar dufteten. »Setz dich, ich bin sofort fertig« lächelte er und deutete mir auf einen Stuhl am Tisch. Nachdem ich mich gesetzt hatte, fragte er mich woher ich Ryan kannte und wie es kam, dass ich hier geschlafen hatte und so weiter.

»Ich hatte befürchtet, dass du das sagst. Und das ist auch der Grund, warum ich mit dir sprechen wollte. Ich habe gehofft er würde sich nicht so verhalten, wie du es gerade beschrieben hast« erklärte er mir, kurz nachdem ich ihm von dem arschlochmäßigen Verhalten seines Bruders berichtet hatte.

»Weißt du Ryan hat eine Menge Scheiße erlebt, ich meine richtige Scheiße. Er ist regelrecht durch die Hölle gegangen und hat schlimme Dinge getan, weil er dazu gezwungen war sie zu tun. Er hätte es nie freiwillig getan, nichts davon. Was genau sollte er dir lieber selber erzählen, ich möchte ihm da nichts vorweggreifen. Mein Bruder ist der wunderbarste Mensch auf dieser Welt, den ich kenne und es verletzt mich zu hören, wie er auf dich und auch auf andere wirkt. Ich hätte ihm gerne alles abgenommen, damit jeder sieht, wie besonders er ist. Ich weiß einfach nicht, warum er sich das antut. Ich weiß, das ergibt für dich jetzt alles gar keinen Sinn, aber er behandelt dich so, weil er denkt, dass es besser für dich ist, obwohl er das gar nicht möchte« erklärte mir Riley, doch ich verstand wirklich nur Bahnhof. Ob das wohl in der Familie lag nur in Rätseln zu sprechen? Es musste wohl so sein.

Sofort schossen tausende Fragen durch meinen Kopf. Was hatte er erlebt? Wieso hatte er es erlebt? Wozu ist er gezwungen worden? Und wovor wollte er mich schützen?

»Ja, das kommt mir ziemlich bekannt vor. Er hatte auch schon mal gesagt, dass es besser für mich ist, wenn ich mich von ihm fernhalte und so weiter. Ich verstehe nur einfach nicht wieso« gestand ich und zuckte ahnungslos mit den Schultern.

»Er versucht es dir so einfach wie möglich zu machen. Er denkt, wenn du ihn hasst, dann lässt du ihn in Ruhe und gehst ihm aus dem Weg. Das macht er, weil er niemanden in seine Geschichten mit reinziehen will. Er will alle schützen, indem er sie glauben macht, dass er ein Arschloch ist. Er bestraft sich selbst für Dinge, für die er nichts kann und denkt, er hat es nicht verdient, dass jemand in sein Leben tritt und noch viel mehr glaubt er, dass er nicht glücklich sein darf. Und soll ich dir was sagen? Es zerreißt mir das Herz.

Ryan hat regelmäßige Panik- oder Aggressionsattacken, die er nicht kontrollieren kann. Er hat wirkliche Angstzustände und ich vermute mal, dass er gestern ebenfalls eine hatte. Also heute Nacht auf der Party meine ich. Er wird sich jetzt noch viel viel mehr dafür hassen, dass er Alkohol getrunken hat, wenn er wach wird. Er hatte sich selbst geschworen es nie wieder zu tun. Jetzt wird er auch noch denken er wäre ein Schwächling und sich selbst fertigmachen. Ich verlange nicht, dass du nur ansatzweise verstehst, was ich dir hier gerade erzähle, aber ich weiß, dass Ryan dich sehr mag« fuhr er fort und dieses Mal hatte ich sogar etwas von dem Zeug verstanden, was Riley da erzählte. Er war wirklich sympathisch, ich mochte ihn.

»Ha, ja, da bist du auch der Einzige, der das denkt« lachte ich und fand diese Aussage total lächerlich. »Nein, ehrlich! Schau mal, er hat dich schon zwei Mal gerettet und normalerweise wäre er nie auf diese Hausparty gegangen. Gut, ich habe ihn auch dazu überredet, aber vermutlich hatte er gehofft, dass du da bist. Ryan hätte niemals jemandem mit seinem heißgeliebten Auto fahren lassen, egal wie betrunken er wäre. Lieber hätte er im Auto übernachtet, das kannst du mir glauben. Er wollte, dass du heute Nacht bei ihm bleibst, das sagt einfach so viel aus! Wirklich! Er würde es vermutlich nie zugeben, aber es ist so. Und du bist sehr gut mit seiner Attacke umgegangen, er hat sich schnell beruhigt, das kommt sonst eigentlich nie vor«.

Wow, das waren einfach so viele Informationen, mit denen ich auf Anhieb gar nicht anzufangen wusste. Ryan schien mich also zu mögen und war so scheiße zu mir, weil er mich vor sich schützen wollte? Wenn das stimmte, dann war Ryan wohl der selbstloseste Mensch, dem ich je begegnet war. Und auch, dass er wollte, dass ich ihn hasste, um es mir leichter zu machen mich von ihm fernzuhalten, glich meiner Meinung nach einer Heldentat. Doch die Sache hatte einen Haken, einen ziemlich großen sogar. 

Before You CameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt