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Ich konnte mich einfach nicht von ihm fernhalten, es ging einfach nicht. Irgendwas, was auch immer es war, vielleicht eine übermächtige Kraft, machte ihn so anziehend, dass es allein physikalisch schon gar nicht möglich war. Ich konnte Ryan de la Cruiz a.k.a Schönling nicht hassen, es ging einfach nicht.

»Wenn das alles stimmt was du sagst... Was schlägst du mir dann vor, was ich tun soll?« fragte ich und war nun doch sehr gespannt auf eine Antwort. Er räusperte sich kurz und schien nachzudenken.

»Ich denke, du solltest in erster Linie nichts auf seine Worte geben, wenn er wieder so ekelig zu dir ist. Das ist alles reine Fassade. Ich bin davon überzeugt, dass du ihn brechen kannst, wenn du ein wenig hartnäckig bist. Geh ihm nicht stumpf aus dem Weg, sei einfach so wie du bist, egal wie mies er zu dir ist. Dann wird es ihm noch schwerer fallen, dich nicht in sein Leben zu lassen, vorausgesetzt du möchtest es überhaupt. Aber ich gehe mal davon aus, denn ich sehe es in deinem Blick, wenn du über ihn redest.«

»Ich verspreche dir nichts, aber ich werde es versuchen« erwiderte ich und ignorierte die Tatsache, dass Riley gerade sagte, ich würde auf Ryan stehen. Ich meine ich konnte ja wohl kaum abstreiten, dass es so war nachdem ich heute Nacht hiergeblieben war.

»Danke, das weiß ich sehr zu schätzen. Sag mal, wie kommst du eigentlich nach Hause? Ich meine du bist ja mit Ryans Audi hierhergefahren. Darf ich dich nach Hause bringen?« lächelte er und entblößte erneut seine weißen Zähne. »Das ist wirklich lieb gemeint, aber ich möchte dir keine Umstände machen« erklärte ich, »keine Widerrede, ich bestehe darauf«.

R Y A N

Mit einem pochenden Schmerz in meinem Kopf und einer staubtrockenen Kehle wurde ich wach. Was zur Hölle? Hatte ich etwa entgegen all meiner Versprechen an mich selbst Alkohol getrunken? Ich drehte mich herum, wobei mir ein lieblicher Duft in die Nase stieg, der an der Bettdecke haftete. Ich inhalierte den wahnsinnig gut riechenden Duft und öffnete langsam die Augen. Mein Blick fiel auf die Uhr – 17:33Uhr. Oh Gott, hatte ich etwa so lange geschlafen?

Ich richtete mich auf und bereute es direkt wieder, denn der Schmerz in meinem Kopf hämmerte grauenvoll gegen meine Schädeldecke. So eine Scheiße. Glücklicherweise lagen auf dem Nachttischchen neben meinem Bett Kopfschmerztabletten, sowie ein Glas Wasser.

»Ach, steht der Langschläfer auch mal auf?« spottete mein Bruder als ich nur in Boxershorts und Shirt bekleidet in die Küche kam. »Junge, schrei doch nicht so« sagte ich und verzog schmerzverzerrt mein Gesicht, während ich mir mit der Hand über mein Gesicht fuhr. Warum hatte ich nur wieder getrunken? Ich überlegte kurz. Gestern war diese Party und-

»Wann wolltest du mir von ihr erzählen?« fragte Riley mich kurz darauf vorwurfsvoll und sah mich abwartend an. Mein Herz fing an zu rasen, von wem erzählen? Ich riss geschockt meine Augen auf.

»Von wem?« wollte ich wissen und versuchte die in mir aufkommen Panik in mir zu vertuschen, während ich scheinheilig eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nahm.

»Hättest du dir nicht so die Birne vollgedröhnt, dann wüsstest du jetzt von wem ich spreche. Von Chloe natürlich«. Um ein Haar hätte ich beinahe die volle Flasche auf den Boden fallen lassen. Woher wusste er von ihr? 

»Chloe?« wiederholte ich ungläubig mit pochendem Herzschlag und schaute ihn an, »die Chloe, die heute Nacht in deinem Bett geschlafen hat. Wieso behandelst du sie wie ein Stück Dreck? Das hat sie nicht verdient. Du solltest ihr eine Chance geben, sie scheint mir äußerst sympathisch zu sein und wie gut sie aussieht brauche ich dir ja wohl nicht erzählen«.

Moment mal? Sie hat in meinem Bett geschlafen? Was redete er denn da? Das konnte alles unmöglich wahr sein. Ich merkte, wie die sich die Aggression in mir anstaute und spürte diese Wut im Bauch, diese Wut auf mich selbst. Schnell stellte ich die Flasche mit einem Knall auf die Arbeitsplatte und stürmte aus dem Raum und rannte in unser Sportzimmer. Wann würde das endlich aufhören? Würde es überhaupt jemals aufhören?

Verbittert dreschte ich auf den an der Decke hängenden schweren Boxsack ein und ließ meinen Aggressionen freien Lauf. Es würde nichts bringen zu versuchen es zu unterdrücken. Im Gegenteil, ich hatte es schon oft versucht und das machte alles nur noch schlimmer.

»Du hast dich so vollgedröhnt und hattest eine Panikattacke! Sie hat dich nach Hause gebracht und du hast sie mit deinem Audi fahren lassen, erklär mir das« forderte er und ließ nicht locker.

»Verdammte Scheiße Riley. Sie soll mich endlich in Ruhe lassen, das habe ich ihr schon 100-mal gesagt. Wegen ihr ist das alles doch überhaupt erst passiert« schrie ich wütend und schlug mit schmerzenden Fäusten immer wieder auf den vor mir hängenden Sack. 

Wieder einmal verlor ich die Kontrolle und konnte nichts dagegen tun. Ich ignorierte die Schmerzen in meinem Kopf, aber noch viel mehr ignorierte ich den seelischen Schmerz, der auf mir lastete.

»Du hast sie darum gebeten hier zu bleiben. Du magst sie, das weißt du. Hör auf mich anzulügen. Du kannst nicht ewig davor weg laufen Ryan. Lass sie in dein Leben. Versuch es wenigstens, das wäre zur Abwechslung mal ein guter Anfang«.

»Ich war betrunken, ich hätte sie nie darum gebeten, wäre ich nüchtern gewesen. Du weißt genau, dass ich das nicht kann. Es ist besser, wenn sie sich von mir fernhält. Es ist besser, wenn sich alle von mir fernhalten. Du weißt, dass ich keine Beziehung führen kann oder jemals können werde« schrie ich und merkte, wie sich die Tränen sammelten.

»Immerhin hattest du mal den Mut dazu, als du voll warst. Ich sage auch nicht, dass du sie gleich heiraten sollst und ich sage auch nicht, dass du eine Beziehung mit ihr führen sollst. Du kannst doch einfach gucken wo das mit euch beiden hinführt. Es macht mich fertig zu sehen, wie du dich selbst behandelst«

»Ich werde ihr nicht das geben können was sie braucht. Sie hat was Besseres verdient als mich, es ist nicht wichtig was ich möchte« sagte ich und ließ den Tränen nun freien Lauf. Riley zog mich in seine Arme und drückte mich fest an sich. 

Warum konnte nicht einfach alles normal sein? Ich hasste meine Gedanken so sehr. Ich hatte es nicht verdient glücklich zu sein, ich hatte es nicht verdient jemanden an meiner Seite zu haben und vor allem hatte ich Chloe nicht verdient und ich würde ihr das nicht kaputt machen. Ich war so sauer auf mich selbst. 

Before You CameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt