Die letzte Etappe bestand aus einer freigeräumten Straße, die einzige freigeräumte in der Nähe. Gottseidank. Die insgesamt fünfstündige Reise war unangenehm ruckelig gewesen. Isa hatte sich wirklich mühe gegeben, doch das änderte nichts an den unebenen Wegen. Die Waldwege waren einfach nicht für sowas gemacht. Ich hatte versucht ein wenig zu schlafen, doch der Weg und die Sorge um Roan hatten das nicht zugelassen. Es wurde langsam morgens; die Sonne kam vorsichtig über den Bäumen und Kohlebergen in der Ferne hervor und schien sachte auf die glatt gefrorenen Ruinen zwischen denen wir uns befanden.
Die meisten Siedlungen und Städte waren mittlerweile verlassen, aus den verschiedensten Gründen. Entweder wegen der zu großen Zerstörung durch die Bombardierung, oder weil die Jäger-Gruppen, die sich aus den letzten Gangs der Straßenschlachten gebildet hatten, sich als erstes dort aufgehalten hatten, bis ihre Opfer nicht mehr in die Nähe der Gebäude wollten, und die Meisten umgezogen sind, oder eine eigenständige Gemeinde aufgemacht hatten. Letzteres war eher seltener der Fall.
Nun waren diese Orte zu Geisterstädten geworden; die Stadt in der wir uns befanden war hauptsächlich zerfallen. Was nicht von Bomben zerstört worden war, hatten Witterung und Natur erledigt. Die alten Wohnungen und Läden, die einmal die Moerser Innenstadt gebildet hatten ragten nun bedrohlich über uns auf. Die dunklen, zerstörten Fenster schienen einen zu beobachten, und manchmal war das sogar der Fall. Die Späher der Stadtleute bewachten die Hauptstraße, auf der wir gerade fuhren, regelmäßig; vermutlich hatten sie uns schon längst mittels Sonnenspiegel angekündigt. Der Ort zu dem wir hin wollten war nicht wirklich eine ganze Stadt, sondern ein abgegrenzter Teil der Innenstadt. Schon relativ früh hatte Nicolas Richard die Gemeinde für Flüchtlinge aufgemacht und den Teil der am wenigsten von der Zerstörung betroffen war mittels Zäunen und improvisierten Mauern abgegrenzt. Wer nach Tag X und den Straßenschlachten nicht tot oder in einer Gruppe war, hatte sich der "Stadt", wie die Gemeinde genannt wurde, angeschlossen, bis zu dem Punkt, an dem es zu viele wurden. Danach hatte es eine Art Auswahlverfahren gegeben, brauchbare Menschen wurden angenommen, unbrauchbare weggeschickt. Letztere starben oder schlossen sich Jägern an, was früher oder später auf das Selbe hinaus lief. Mittlerweile gab es an die 600 Bewohner in der Stadt. Sie war ein begehrter Wohnort, denn sie war das, was einer Zivilisation am nächsten kam. Es gab Verkaufstände und Arbeit; man konnte seine eigenen Talente einsetzen, wenn es gut kam. Etwa 200 dieser Bewohner arbeiteten als Wachen, Späher und Soldaten; was der Grund war warum sich eigentlich niemand mit den Stadtleuten anlegte. Die meisten Gruppen waren nicht mal insgesamt so zahlreich. Was die Meisten aber nicht wussten: das Leben in dieser Zivilisation hatte seinen Preis. Wenn man sich einmal dafür entschieden hatte und angenommen wurde, gab es kein zurück mehr, und um die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten, gab es strenge Regeln und noch strengere Bestrafungen. Die Freiheiten waren gering; wenn man zum Beispiel nicht als Jäger, Späher oder Soldat arbeitete, durfte man nicht mehr außerhalb der Mauern sein. Allein das schreckte mich selber davon ab in der Stadt zu leben. Außerdem war Nick Richard ein skrupelloser, korrupter und herzloser Mann, dem es nur um Prinzipien und Überleben ging. Während Can uns in fast allem persönlich unterstützte, lies Nick andere für sich arbeiten und so etwas hasste ich.
Dennoch war ich dankbar für die Stadtleute, denn sie waren sich nicht zu Schade mit uns zu handeln. Wir erledigten irgend eine Aufgabe für sie, damit sie ihre eigenen Leute nicht gefährden mussten, und sie gaben uns dafür irgendwelche Ressourcen die wir brauchten. Nahmen irgendwelche Jäger zum Beispiel Geiseln und töteten irgendwelche Einwohner, war es eine gute Gelegenheit für uns einen Handel vorzuschlagen. Wir töten die Jäger und befreien die Geiseln, und sie geben uns dafür eine Menge an Vorräten für den Winter und frisch hergestellte Patronen von ihren eigenen Kugelmachern. Zumindest war das der Deal, aber Nick war jemand, der bei 2 fehlenden Leichen den Deal platzen lassen würde, egal ob wir seine eigene Tochter gerettet hatten oder nicht. Deshalb erhoffte Can sich durch das Geschenk in Form von dem Vergewaltiger seiner Tochter eine Wiedergutmachung.
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Der Rest Meines Lebens
AbenteuerEine alternative Zukunft im Jahr 2030: Vor 4 Jahren eskalierte ein dritter Weltkrieg binnen 2 Wochen; einen Gewinner gab es nicht, stattdessen starb die Hälfte der Erdbevölkerung und die Zivilisation existiert nicht mehr. Der damals 16-Jährige Aaro...