Der Seher

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Keyla

Meine Atmung ging schnell, mein Herz raste und noch immer konnte ich meinen Blick nicht vom Holzboden los reißen.

"Du sprichst also doch unsere Sprache", hörte ich Björn sagen.

"Bitte tut ihr nichts, ich werde alles machen was ihr von mir verlangt aber tut ihr nichts"

Königin Aslaug erhob sich wieder von ihrem Thron kam ein Stück näher und sprach: "Bringt die beiden Mädchen die mit ihr kamen in ihre Unterkünfte lasst sie baden, sich einkleiden und gebt ihnen etwas zu Speisen, dann lasst sie ruhen und ab morgen werden sie in meinen Dienst gestellt. Siehst du solange sie in meinen Diensten stehen wird ihnen nichts widerfahren. "

Ich sah noch kurz Richtung Amara als sie im selben Moment von den Männern aus dem Raum geführt wurde. Da bermerkte ich wie sich diese stechend blauen Augen weiter auf mich richteten. Er nahm mein Kinn in seine Hand und Zwang mich ihn anzusehen.

" Du bist wohl etwas ganz besonderes, wenn meine Mutter so viel Gnade zeigt."

"Ivar Hör auf", zischte Königin Aslaug.

Erneut trat einer der Männer in die grosse Halle ein und ging direkt auf Königin Aslaug zu. Er verbeugte sich kurz kam näher und flüsterte etwas in ihr Ohr. Sie nickte nur und so schnell der Mann da war so schnell war er auch wieder verschwunden.
Es herrschte kurze Stille, dann ging das große Eingangstor auf und eine Gestalt welche in einen Umhang gehüllt war betrat den Raum. Langsam ging er auf uns zu schleppte seinen Körper aber nur schwer voran, weshalb er einen Stock bei sich hatte an den er sich lehnen konnte. Eine Eiseskälte ging von ihm aus. Als er näher kam und an einer der vielen Feuerstellen vorbei ging konnte man kurz sein Gesicht unter der Kapuze sehen. Es war scheußlich, dort wo seine Augen sein sollten waren nur tiefe Löcher und Narben welche von Fenrir selbst stammen konnten. Sein Mund war schwarz und seine Haut war fahl und eingefallen. Seine Erscheinung war kalt und erinnerte an den Tod.
Als er vor Königin Aslaug stehen blieb, ging sie auf ihn zu, nahm seine Hand und schleckte sie ab. Es ließ mir einen Schauder über den Rücken fahren. Als ich mich wieder fassen konnte kam er bereits auf mich zu.

Er starrte mich an und ich sah bloß in die leere seines Gesichts.
"Du bist also nach Hause zurückgekehrt." Seine Stimme war rau und dunkel als er sprach.

"Tut mir leid ich verstehe nicht, ich kenne diesen Ort nicht."

"Wie ich sehe hat sich Ragnar Lothbrok an die Vereinbarung mit den Göttern gehalten und dir deine Erinnerung genommen."

"Ragnar? Was hat unser Vater damit zu tun", sprach Björn leise.

"Er segelte damals nach England um nach der Siedlung zu sehen die dort erbaut wurde, aber vorher wollte er sie finden und sich davon überzeugen das sie lebt und in Sicherheit ist. Nachdem er das getan hatte musste er ihre Erinnerung nehmen, denn es war der Wille der Götter das sie ihren Weg nach Hause selber findet. Ein Test der Götter ob die zwei Seiten einer Münze füreinander bestimmt sind."

" Ihr sprecht in Rätseln Seher", erwiderte Sigurd.

"Vor hunderten von Jahren als unser Volk durch Plagen und anderen Völkern bedroht wurde, schickten die Götter zwei Menschen auf die Welt mit Gaben die sie von Ihnen erhielten um unser Volk vor großem Unheil zu beschützen. Nun da unser Volk neuen Gefahren ausgesetzt ist entsandten die Götter neue Auserwählte. "

" Und sie ist eine Auserwählte ", fragte Ubbe und trat näher heran.

" Du sprichst aber von zwei Auserwählten Seher, wen suchen wir noch"? stellte Björn fest.

"Es ist nun an der Zeit das aus zwei Seiten eins wird. Und beide brauchen einander wie das Licht die Dunkelheit, das Leben den Tod. Zerbrochenes muss wieder heil gemacht werden."

Dann sah er lange Zeit auf Ivar und alle wandten den Blick auf ihn. Er wusste nicht wie ihm geschieht.

" Ihr meint mein Sohn Ivar könnte der zweite Auserwählte sein? Aber er besitzt doch gar keine Gaben der Götter", stammelte Königin Aslaug.

"Was Ivar? Er ist doch nur ein kleiner Krüppel, spottete Sigurd.

Ivars Augen verengten sich und starrten Sigurd hasserfüllt an. Die Wut die er verspürte war im ganzen Raum bemerkbar.

" Mehr kann ich euch zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Die Götter erlauben es nicht. Da sie jetzt nach Hause gekehrt ist werden ihre Erinnerungen langsam zurückkehren und wenn es soweit ist wird sie diese mit uns teilen."

Ich verstand nicht genau was gerade passiert war, aber damit war ich anscheinend nicht allein. Der ganze Raum war erfüllt von Sprachlosigkeit, Neugier und Fassungslosigkeit. Wie würde es nun weitergehen mit mir? Die Auserwählte? Mein Zu Hause und ich kannte Ragnar Lothbrok? Das alles war wirklich viel zu verarbeiten.

Königin Aslaug wollte gerade das Wort ergreifen da unterbrach sie Björn.
"Wartet Königin Aslaug eine Sache wäre da noch um die ich euch bitten wollte."

Sie nickte. "Sprich Björn."

"Da ich sie hergebracht habe erhebe ich Anspruch auf sie, ich will das sie mir gehört."

Der Seher lachte leicht los und sagte: "Ihr werdet sie euch nicht nehmen können Björn Eisenseite. Die Fähigkeit Visionen zu empfangen besitzt sie nur solange sie noch jungfräulich ist." Er lachte noch kurz und machte sich wieder auf den Weg nach draussen.

Ivar sah mich kurz an und lächelte. "Jungfräulich Also."

"Ich möchte nicht unhöflich sein Bruder aber nicht nur du hättest Anspruch auf sie auch wir sind Ragnars Söhne", sagte Ubbe grinsend.

"Solange wir Krieg gegen die Engländer führen wird sie niemand bekommen dafür werden wir ihre Visionen nutzen können", sprach Königin Aslaug bestimmend. "Aber ich werde mir etwas einfallen lassen und teile euch dann meine Entscheidung mit. So nun bringt sie zu ihren Räumlichkeiten, lasst sie baden und ausruhen. Spät abends werden wir nämlich noch ein Fest feiern."

Zwei Wachen kamen stellten sich auf beiden Seiten neben mich und führten mich weiter nach hinten in die Halle wo sich ein Gang ausbreitete und mehrere Türen zu sehen waren. Ich wurde in den hintersten Raum geführt und als ich ihn betrat hörte ich wieder, das mir nur zu gut bekannte Geräusch einer verschlossenen Tür.

Die SeherinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt