7. Kapitel

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Es ist still, als wir durch den Wald fahren. Jeder ist in sich gekehrt, und denkt für sich ganz alleine nach. Die Gedanken in unseren Köpfen sind geheim, und für keinen anderen bestimmt.

Alles woran ich denken kann ist Leon. Ich mache mir Sorgen um ihn. Aber da ist noch ein klitzekleiner Funke in meinem Inneren, der an Fabi denkt.

Ich und er waren sehr gut befreundet, bevor er gehen musste. Jedes Mal, wenn ich mit meiner Trauer alleine war, und beinahe in Selbstmitleid versunken bin, hat er mich aufgemuntert. Er hat mich getröstet und mich zum Lachen gebracht. Ich will ihm nicht so begegnen, so wie er jetzt ist.

,,Lu, da vorne!", reißt mich Juli plötzlich aus meinen Gedanken. Ich folge seinen Blick und nicke. Mein Rad lasse ich fallen, und schleiche zu dem hohen Felsvorsprung und sehe in die Schlucht. Verzweifelt suche ich Leon, und als ich ihn erblicke, keuche ich erschrocken auf.

Atemlos drehe ich mich um und stolpere zu meinem Rad. ,,Leute, es ist dringend!", mache ich klar. Zum Glück stellt keiner Fragen, sondern jeder steigt auf sein Rad und wir brettern durch den Wald bis vor das Tor der niedrigen Biester.

Wie von Geisterhand öffnet sich dieses, und ich fahre an der Spitze, gemeinsam mit Juli, hindurch.

,,Leon! Wenn du das tust bringe ich dich um!", rufe ich. Er reißt panisch die Augen auf und schüttelt den Kopf. ,,Lu, nicht! Das ist eine Falle! Verdammt!", brüllt er und ich zucke zusammen.

Von meinem Triumphgefühl ist plötzlich nichts mehr übrig. Das Knallen, als das Tor hinter uns zufällt, klingt wie ein Donnerschlag in meinen Ohren, und ich kann nicht verhindern, dass mir ein heiseres ,,Nein" entkommt.

Ein leises, hämisches Lachen ertönt, und lässt mich erschaudern. Fabi stolziert auf Leon zu, und gibt ihm das Messer in die Hand. Ich lasse mein Rad fallen, und stapfe auf ihn zu.

,,Wieso tust du das, Fabi? Wieso tust du mir das an?", frage ich laut, und will gerade auf ihn losgehen, als mich ein eiserner Griff am Handgelenk packt, und dieses auf mein Schulterblatt zieht. Schmerzerfüllt stöhne ich auf, und trete der Person hinter mir gegen das Schienbein. Fluchend lässt sie mich darauf hin los.

Fabi grinst. ,,Luna! Es ist mir eine große Ehre. Komm, gehen wir ein Stück, und ich zeige dir Alles. Vielleicht können wir uns ja einigen.", schlägt Fabi vor. Ich sehe unsicher zwischen ihm und meiner Mannschaft her.

,,Vertrau mir, Luna. Ich würde dich nie verletzen.", fordert der blonde Junge, und hält mir seine Hand hin. Ich schlage sie weg, gehe aber einige Schritte voraus, um ihm zu zeigen, dass ich einverstanden bin.

Hinter mir höre ich die wilden Kerle tuscheln. Ich ignoriere es und gehe hinter Fabi her in eine große Höhle. ,,Das ist meine. Mach's dir bequem.", sagt der Junge und ich gehe über die Treppe nach oben.

,,Wow!", entfährt es mir, als ich den Ausblick von dem Felsvorsprung erblicke. Fassungslos lasse ich mich auf den Boden sinken, sodass meine Beine über die Felskante baumeln. Für einen Moment habe ich ein Déjà-vu.

Ich sitze auf einem Felsvorsprung, und zeichne die Blume, die vor mir wächst, in mein Notizbuch ab. ,,Luna, Süße, was malst du denn da Schönes?", fragt meine Mutter lächelnd. Ich drehe mich lächelnd an. ,,Schau, Mamá! Ich male eine Blume!", rufe ich kichernd. Vorsichtig reiße ich das Blatt aus dem Buch und drücke es meiner Mama in die Hand. ,,Für dich, Mamá.", sage ich, und Mamá lächelt liebevoll. ,,Ich hab' dich lieb, Luna.", flüstert sie, und drückt mich fest an sich.

,,Ich hab' dich lieb." Diese Worte hallen in meinem Kopf nach. Immer und immer wieder wie in einer Dauerschleife. In meiner Trance habe ich gar nicht bemerkt, dass ich zu weinen begonnen habe. Tränen laufen über meine Wangen.

Es ist, als würde ich die Präsenz meiner Familie ganz deutlich spüren. Als würden sie direkt hinter mir stehen.

,,Sie sind hier, nicht?", höre ich Fabis Stimme hinter mir. Ich nicke, und beiße mir fest auf die Unterlippe. Fabi kommt näher, und setzt sich neben mich. Wir sind einfach nur still.

,,Wieso, Fabi? Du und Leon wart doch Freunde.", frage ich nach einer Weile mit zitternder Stimme. Der Junge neben mir lacht leise. ,,Weil er mir alles genommen hat, dass ich je wollte. Ich wollte etwas, kurz darauf hat Leon es sich geschnappt!", sagt er aufgebracht. Ich sehe zu Boden.

,,Hey, du brauchst nicht zu weinen. Deine Eltern sind furchtbar stolz auf dich...", wispert er plötzlich, als er die Tränen auf meine Wangen glitzern sieht. Ich schluchze. ,,Meinst du?" Sanft streicht er mit seinem Daumen eine Träne weg.

Seine Hand liegt auf meiner Wange, und er kommt langsam näher. Ich spüre schon seine Lippen an meinen streifen, doch ich weiche zurück.

,,Sag' mal spinnst du?!", rufe ich erschrocken, und stehe auf. Ich stolpere ein paar Schritte zurück.

Ein lauter Knall ertönt, und lässt Fabi herumfahren. Er sieht mich wütend an. ,,Wir sind noch nicht fertig!", droht er, schnappt sich seinen Stock, und verlässt schnell die Höhle. So stehe ich alleine da. Mein Herz rast, meine Hände zittern. Ein einziger Gedanke pocht in meinem Kopf, dass es schmerzt. ,,Leon".

Wie der Blitz stürme ich aus der Höhle, und vernehme lautes Gebrüll. Als ich um den Felsen herumgehe, traue ich meinen Augen kaum. Marlon und Markus sind tatsächlich gekommen! Gerade verteilen sie Waffen, und jeder Kerl, der eine Waffe hat, stürmt sich ins Getümmel. Kerle gegen Biester.

,,Lu! Gott sei Dank. Hier, nimm eine Blutegelschleuder.", grinst Marlon, nachdem er mir kräftig durch die Haare gewuschelt hat. ,,Hey!", keife ich, und schnappe mir die Waffe. Marlon zwinkert mir nur zu, und ich erwidere diese Geste. Neben Lara stürze ich mich ins Getümmel.

Gemeinsam kämpfen wir, bis alle besiegt sind. Nur Fabi ist noch übrig. Wütend sieht er mir in die Augen. Ich halte seinem Blick eisern stand, auch wenn mein Herz vor Angst rast. Meine Augen huschen unruhig über den Platz, um noch irgendeine Falle zu erspähen.

Da sehe ich den letzten Hebel, der noch nicht gesichert ist. Krampfhaft versucht ich, mir nichts anmerken zu lassen, und beobachte jede von Fabis Bewegungen genau. Alles ist still, ich konzentriere mich nur auf den blonden Jungen.

Plötzlich weiten sich seine Augen. Er hat den Hebel entdeckt.

Ohne nachzudenken sprinte ich los, und ziehe Nerv mit mir. Er kapiert sofort was los ist, und läuft vor mir zu dem Hebel. Gleichzeitig läuft auch Fabi los, und greift nach dem Hebel. ,,Nein, nein, nein!", fluche ich leise.

Gerade will Fabi den Hebel umlegen, da höre ich Nervs Stimme. ,,Ich würde das nicht tun.", warnt er, und hält Fabi die Blutegelschleuder vor's Gesicht. Ich grinse. Der Kleine ist der Wahnsinn. Langsam lässt Fabi den Hebel los, und hebt die Hände über den Kopf.

Erleichtert atme ich aus, und gehe zu Nerv. ,,Gut gemacht, Großer!", lächle ich und fahre ihm durch die Haare. Dafür ernte ich leisen Protest, und lache leise.

,,In 10 Minuten in der Natternhöhle. Wir machen euch platt!", diese Worte verlassen meinen Mund, bevor ich darüber nachdenken kann.

*Ein neues Kapitel! Ich hoffe es geht euch allen gut, und ihr seid alle brav zu Hause geblieben. In der Quarantäne hatte ich ein bisschen mehr Zeit für die Geschichte und hab' mich trotz fehlender Motivation dran gesetzt...Ich hoffe ihr findet ein bisschen Gefallen daran! Habt einen wunderschönen Abend 🤗*

Dwk und Luna gegen die biestigen BiesterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt