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Alexander
Mit einem Kaffee in der Hand, sitze ich im Wartebereich einer Arztpraxis. Magnus Eltern sind sofort nach Hause gekommen. Er musste nicht viel erklären, denn auch sie konnten die äußerlichen Veränderungen sehen. Sie waren mehr als deutlich. Die beiden sind sofort mit ihm zum Arzt gefahren und nun sitze ich hier. Er wird gerade gründlich untersucht. Ich mache mir Gedanken, doch die werden von meinen Handy unterbrochen. „Hallo?" Kurz fahre ich mir über das Gesicht. Erst jetzt merke ich die Müdigkeit. „Alec? Ich wollte fragen ob morgen auf Max aufpassen kannst. Die Schule hat gerade angerufen, wegen Masern ist sie vorüber geschlossen und ich habe aber morgen, dieses Projekt. Außerdem müsste er heute Abend von seinem Kumpel abgeholt werden. " Izzy klingt ziemlich aufgebracht. Warum muss in dieser Schule genau jetzt die Masern ausbrechen. „Ja klar. Ich mach das. Ich mein du brauchst auch mal paar Tage für dich. Wir reden heute Abend ok?" Damit verabschieden wir uns. Magnus Eltern sitzen neben mir. Ihre Hände sind ineinander verknotet. „Würden Sie bitte mitkommen?" Die Schwester sieht uns freundlich an. Sie führt uns in das Behandlungszimmer. Magnus sitzt bereits auf einen Stuhl. Wir setzten uns zu ihm und ich weiß nicht, ob er das bewusst macht, doch seine knöcherne Hand schiebt sich in meine. Sie ist kalt und so umschließe ich sie etwas mehr. Ich bemerke den Blick von seinen Eltern genau. „Ich habe mit Magnus ausführlich gesprochen und ihn auch untersucht." fängt der Arzt an zu sprechen. Wir verknoten unsere Hände nur noch mehr. „Er leidet unter Anorexia nervosa. Das bedeutet soviel wie Magersucht. Zusammen mit einer Depression und einer Tablettenabhängigkeit." Ich verkneife es mir, die Luft einzuziehen. Ich hätte es mir zwar denken können, doch es bestätigt zu bekommen, ist nochmal etwas anderes. „Ich würde Ihnen eine spezielle Klinik empfehlen, die sich darauf spezialisiert hat." Magnus sieht angstvoll zu mir. Ich drücke nur seine Hand und schenke ihm ein liebevolles Lächeln. „Und wie läuft das ganze ab?" frage ich. „Er wird in dieser Klinik verschiedene Therapien bekommen, die Ernährung wird wieder aufgebaut und er ist ebenfalls mit betroffenen zusammen. Die Dauer ist dabei nicht zu sagen. Es ist unterschiedlich und kommt sehr auf den Menschen an." Der Weg schien in diesem Augenblick so endlos aus. Aber ich hatte es ihm versprochen, ich würde bei ihm bleiben. Egal wo uns das beide hinführen wird. „Ich könnte sie für morgen gleich anmelden." Ich schaue Magnus von der Seite an. Mir hätte eher etwas auffallen müssen. Aber manchmal sieht man einfach nicht, was vor einem passiert. „Begleitest du mich?" fragt Mags an mich gewandt. Wieder bemerke ich den kritischen Blick seiner Eltern. Am liebsten würde ich mich gerne teilen. Ich muss für Max da sein aber Magnus braucht mich genau so. „Na klar." Er lächelt leicht und dafür hat sich diese Zustimmung schon gelohnt. Irgendwie werde ich das schon hinbekommen. Der Arzt schreibt uns die Adresse auf sowie die Überweisung und dann dürfen wir auch gehen. Ich helfe Magnus, denn ich sehe wie schwer ihm das fällt. Wir sind gerade beim heraus gehen, als mich der Arzt aufhält. „Kann ich sie noch kurz sprechen?" Ich nicke nur und gebe den dreien ein Zeichen das sie schon mal vor gehen können. Ernst sehe ich den Arzt an, der sofort anfängt mit reden. „Hören sie zu, ich sehe wie sehr Mr. Bane an ihnen hängt und genau deswegen bitte ich sie darum, mit ihm das durch zu stehen. Die Behandlung wird nicht einfach und erfordert vor allem einen Patienten der das auch schaffen will. Seien sie sich sicher, das sie das schaffen werden. Denn als Außenstehender ist es manchmal auch schwer." Ich denke in diesem Moment an Izzy und Max, die mich brauchen und an Jace, der mir heute geschrieben hat, das er umbedingt mit mir reden möchte. Genau so denke ich an Mum, der ich nichts recht machen kann. Auch um die Uni muss ich mich irgendwann mal kümmern und um die Arbeit, zu der ich auch regelmäßig noch gehe. Es schien so viel zu sein und doch antwortete ich. „Ich verstehe ihre Anliegen, allerdings ist mir durch auch bewusst, das der Weg schwer wird. Ich werde bei Mr. Bane bleiben. So lange, wie er mich an seiner Seite haben möchte." Der Arzt gibt nur ein nicken. Damit drehe ich mich um und gehe zu Magnus, der noch zitternd draußen steht. „Ich habe Angst." Ohne darüber nachzudenken ziehe ich ihn in meine Arme. „Ich auch. Aber zusammen sind wir stärker als die Angst." Wir schauen uns tief in die Augen. „Ich komme morgen früh und hol dich ab." Mags gibt mir einen Kuss auf die Wange. Überrascht schaue ich ihn an, kann es aber nicht vermeiden dümmlich vor mich her zu grinsend. Nachdem ich mich auch von seinen Eltern verabschiedet habe, fahre ich zu der Adresse von Max Kumpel. Dort angekommen kommt Max schon aus der Haustür heraus gerannt und schmeißt sich in meine Arme. Ich fange ihn mit Leichtigkeit auf und setze ihn auf meiner Hüfte ab. „Na mein großer." Ich lächle ihn an. „Oh, Alec der Tag war so toll." Die Mutter von seinem Kumpel bringt mir noch die Sachen. „Danke, das sie auf ihn aufgepasst haben." Fast schon traurig lächelt sie mich an. „Das mach ich doch gern, in so einer schweren Zeit. Er kann immer wieder vorbei kommen." Verdutzt schaue ich sie an. „Was meinen sie mit schwerer Zeit?" Unbewusst drücke ich Max näher und auch er klammert sich um meinen Hals. „Die Scheidung von ihren Eltern. Es ist doch sicherlich schwer, wenn der kleine immer wieder herum gereicht wird." Fest schlucke ich. Ich möchte nicht, das sie mitbekommt, das es mir vollkommen neu ist, das meine Eltern sich scheiden lassen. „Stimmt. Aber dafür ist er ja erstmal bei meiner Schwester und mir." Die Mutter nickt und auch von ihr verabschiede ich mich. In mir brodelt eine unbändige Wut. Wenn das stimmt, warum weiß ich noch nichts dahin? Ist Max deswegen bei mir? Wie geht es weiter? Und was verschweigen unsere Eltern eigentlich? „,Max bist du so lieb und machst dich schon mal für die Nacht fertig? Ich bin dann wieder da und les dir noch was vor. Ok?" Freudig nickt er. „Ich habe nur noch etwas zu regeln." Damit kralle ich mich in mein Lenkrad und habe vor meinen inneren Auge schon mein neues Ziel vor Augen.

Flügelschlag - A Malec StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt