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Am nächsten Tag wurde ich von einem lauten Poltern vor der Tür geweckt. Grummelnd drehte ich mich zur anderen Seite und hoffte, dass die Person einfach aufgeben und verschwinden würde. Ich war noch nie ein Morgenmensch gewesen und ohne meinen Kaffee kriegten das auch alle Anwesenden deutlich zu spüren.

Nachdem das Poltern immer lauter wurde und ich mir sicher war, nicht mehr einschlafen zu können, streckte ich mich einmal ausgiebig und machte mich, mit dem festen Vorhaben der Person ordentlich in den Hintern zu treten, auf den Weg zur Tür.

Bereit gleich los zu schimpfen, riss ich die Tür auf, doch stoppte augenblicklich, als ich sah, wer vor mir stand. „Eh...", brachte ich nur ganz intelligent von mir. Yoongi stand vor mir und kratzte sich unwohl am Kopf und richtete sein Blick irgendwie immer auf meinen Oberkörper. Ich blickte an mir runter und erstarrte.

Ich stand komplett oberkörperfrei und bloß mit einer Boxer bekleidet vor ihm. Peinlich berührt stellte ich mich leicht hinter die Tür. „Brauchst du eine Kopfschmerztablette, oder wieso bist du hier?", durchbrach ich nun die Stille. Der Blonde schüttelte bloß seinen Kopf.

„Ich ehm...dachte nur, wegen gestern. Du beschützt mich immer vor voll vielen Typen und...ich weiß halt quasi nichts von dir." Ich hob eine Augenbraue. „Das ist auch mein Job. Und eine zwischenmenschliche Beziehung zu dir aufzubauen, eher nicht so." War ich irgendwie beleidigt? Oh ja. Wusste ich warum, ich mich jetzt so aufführte? Eher nicht so.

„Darf ich reinkommen?" Ich stellte mich bloß zur Seite und Yoongi nahm das als ‚Ja' und ging an mir vorbei. „Willst du denn gar nicht wissen, wie ich so bin?" Ich lachte humorlos auf. „Ich weiß wie du bist.", antwortete ich zickig und verschränkte die Arme.

Er rollte bloß mit den Augen. „Du weißt, was ich meine. Wie ich dazu kam, Musik zu machen? Wie meine Eltern dazu stehen? Wie ich entdeckt worden bin?"

Ich überlegte für eine Weile, doch kam ich zum Schluss, dass es mich echt nicht interessiert. „Nö. Warum sollte ich?" Der Rapper setzt sich einfach auf mein Sofa und stellte seine Füße auf den Küchentisch. „Nicht? Also ich finde das schon sehr spannend. Und ich möchte dich auch besser kennenlernen, ist das denn so schlimm?" Ich seufzte ergeben auf. Nein schlimm war's nicht, nur nervig. Ich wollte jetzt eigentlich nicht wirklich mit ihm über mein Leben reden. „Schön. Dann fang du aber an.", seufzte ich schließlich ergeben und setzte mich zu ihm.

Yoongi grinste plötzlich schief und räusperte sich einmal. Oh nein. Wenn der jetzt anfängt über Stunden über sein Leben zu reden, was mich eigentlich auch absolut nicht interessiert, gibt es zwei Möglichkeiten.

1. Ich penne schon in den ersten 10 Minuten weg oder

2. Ich werde so aggressiv, dass ich irgendetwas zerstöre, was eigentlich noch länger halten sollte. Vielleicht ja Yoongis Gesicht.

„Mhh, also wo fange ich am besten an?", murmelte er vor sich hin, doch behielt noch immer sein dummes Grinsen im Gesicht. „Keine Ahnung. Wo du willst." Meine Hoffnung war ja, dass er irgendwann vergaß, dass er eigentlich etwas von mir wissen wollte, wenn er doch lang genug über sein Leben reden würde.

Ich konnte mir schon vorstellen, wie das ganze aussah: Yoongis Leben war ja ach so traurig, weil seine reichen Eltern ständig arbeiten mussten und ihn vernachlässigten, weshalb er eine Beschäftigung suchte: die Musik. Seine Eltern wollten aber, dass er genauso einen Job machen würde, wie sie selbst. Sie unterstützen ihn nicht und Yoongi schaffte es ganz allein, natürlich mit dem Geld seiner Eltern, in ein Plattenlabel zu kommen und berühmt zu werden.

„Mein Vater ist früh gestorben, weißt du? Ich war gerade mal zehn Jahre alt und meine Mutter war Hausfrau. Naja, also als Nebenjob tattowierte sie ein wenig, um unsere Miete bezahlen zu können. Aber tattowieren war in unserem Kaff nie eine Option für eine richtige, anerkannte Arbeit gewesen. Mal abgesehen davon, dass sie auch dafür in den Knast hätte gehen können. Wir hatten kaum Geld fürs Essen, doch wir schlugen uns immer knapp durch."

Eh.

...Ich...

„Ich hörte sie oft weinen. Nachts, wenn sie dachte, ich würde bereits schlafen. Aber ich habe Songtexte und Melodien geschrieben. Über meine Mutter. Am Anfang waren es bloß einzelne Briefe an meinen Vater. Dann wurden es Gedanken. In der Schule lernten wir gerade Noten zu lesen und ich war fasziniert davon. Jede Pause schlich ich mich in den Musikraum und spielte dort Klavier. Und das war meine große Leidenschaft."

„Wie bist du von Briefe auf Songs gekommen?"

„Durch die Briefe lernte ich mich auszudrücken. Während ich jeden Tag heimlich gespielt habe, kam mir meine Mutter in den Sinn. Wie verzweifelt und traurig sie war und ich versuchte, meine Gedanken musikalisch auszudrücken und schrieb es auf. Irgendwann war mir das nicht genug und schrieb Texte. Ich schrieb jeden Abend. Jeden Abend, wenn es meiner Mutter schlecht ging, in dem festen Vorhaben ihr irgendwann den Song vorzuspielen."

„Und was hat sie dazu gesagt?" Yoongi lachte plötzlich bitter auf. „Ich hatte keine Möglichkeit mehr dazu." Ich runzelte die Stirn. „W-was meinst du damit?" „Noch bevor der Song fertig werden konnte, brachte sie sich um. Sie fuhr gegen einen Baum und ließ mich alleine zu Hause, während sie sich von all ihren Sorgen und ihrem Kummer befreit hatte."

Mein Atem stockte. Ich war komplett sprachlos. „Ich...das tut mir-" „Ich brauche kein Mitleid, Taehyung."

.

..

Ich wusste einfach nicht, wie ich reagieren sollte. Ich war einfach so unglaublich überfordert und erschüttert, von dem was ich da hörte. Ich hatte alles erwartet, doch das ganz bestimmt nicht. „Was ist dann passiert? Ich meine..."

„Ich bin abgehauen. Ich habe die Schule abgebrochen-" Ach, das erklärte einiges. „-und suchte mir einen kleinen Nebenjob und beschloss ein neues Leben anzufangen. Doch das Schreiben hörte nie auf. Ich schrieb und schrieb und...dann ging ich in den Underground. Ich brauchte Geld und da unten konnte man sich ganz schön viel Kohle holen. Meine Texte wurden immer besser und irgendwann sprach mich plötzlich ein Typ im Anzug an und fragte, ob ich Interesse an einem Vertrag hätte."

„Wow, das...also das..", stammelte ich bloß dümmlich vor mich her. Yoongi schmunzelte bloß. „Tja. Das war's mit mir. Jetzt bist du dran."

Oh shit.

Bodyguard | a Taegi StoryWhere stories live. Discover now