8 - Lena

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Freitag Nachmittag

Hiiiilfe! Gleich kommt Johannes vorbei. Er will noch irgendwas besprechen und sich meinen Brüdern (!!!) vorstellen. Ich bin mal gespannt, was daraus wird ...

Beim Gedanken an das Zusammentreffen von Jakob, Louis und Ben mit Johannes muss ich grinsen. Dann stürme ich aber weiter durch mein Zimmer. Es muss zumindest ein bisschen aufgeräumt sein, wenn Besuch kommt. Klamotten auf Bett, Stuhl und dem Boden gehen da nicht. Den größten Teil schmeiße ich achtlos in die Wäsche und versuche auch Ordnung auf meinem Schreibtisch zu erreichen. Um mich mit Ellie Goulding zum Aufräumen zu motivieren, drehe ich die Musik lauter. So ganz klappt es leider nicht. Als ich nach meiner Schultasche greife, um sie unters Bett zu werfen, denke ich an den bisher vergangenen Tag.

Tim ist heute noch stiller als sonst schon gewesen. Regelrecht schüchtern gegenüber Mona. Das war ein weitere Grund, weshalb ich beschloss, die Pause alleine mit Johannes zu verbringen: dann konnten sie sich aussprechen. Dann konnten sich die beiden wieder vertragen oder so. Übrigens waren die Gesichter von den beiden schon sehr viel wert gewesen. Tim war der Mund aufgeklappt und Mona war rot angelaufen, als Johannes zu uns kam. Das ganze Spiel macht mir jetzt schon unglaublich viel Spaß. Die beiden werden mich auf gar keinen Fall mit irgendeinem Streich übertrumpfen können. Viel geschah zwischen Johannes und mir nicht in der Pause. Wir gingen gemeinsam vom Schulhof und unterhielten uns ein bisschen über alles Mögliche.

Im Gegensatz zu damals mit Lennart, bin ich jetzt älter und das Ganze wirkt viel glaubhafter. Wie hatte Soso uns das damals nur abnehmen können? Wir waren in der fünften Klasse. Auf einer Orchesterfreizeit. Fünfte Klasse! Und sie dachte, dass Lennart und ich seit Wochen ineinander verliebt seien. Na ja. Jetzt bin ich total aufgekratzt.Dass Johannes jeden Moment hier vor der Haustür steht, macht es auf mich realistisch-wirkender. Ich weiß, dass alles fake ist und so, aber es ist zumindest schön zu wissen, dass in nächster Zeit immer jemand - so gut aussehendes wie Johannes - in der Nähe sein wird. Wieder muss ich an seine schokoladenbraunen Augen denken, die sich während des restlichen Unterrichts immer wieder auf mich legend. So als würde er über mich nachdenken.

Als meine Zimmertür aufgestoßen wird, schaue ich in Ben, Louis und Jakobs erstaunten Gesichter. Schnell greife ich nach meinem Handy und drehe die Musik leise. Von Klopfen habe die auch noch nie was gehört!

"Jungs, was ist los?" Die drei schauen sich fragend an. Schließlich ist es überraschenderweise der sonst eher ruhigere Ben, der mir auf die Frage antwortet: "Ähm, ja, Lena. Da ist jemand für dich da." Er wirkt ganz unsicher und ich muss grinsen: "Zufälligerweise jemand, der Johannes heißt?" Ihr Münder gehen auf. Jakob: "Ach ja, stimmt. So hat sich der vorgestellt. Sag mal, Lena: wer ist das?" Jep, genau so habe ich mir das vorgestellt. Suuupeer. Innerlich klopfe ich mir mit einem Siegerlächeln selbst auf die Schulter. Perfekt. Gerade als ich zu einer Antwort ansetzten will, drängt sich eine große Gestalt zwischen meinen Brüder hindurch. "Entschuldigt, aber ich will zu meiner Freundin." Johannes Gesicht scheint neutral, aber in seinen Augen erkenne ich, dass er ein Lachen unterdrücken muss.

"Freundin?" Jakob schreit beinahe. Immer noch grinsend umarme ich Johannes kurz, gehe dann zur Tür und meine nur noch: "So wenn ihr uns jetzt bitte entschuldigt." Dann schließe ich die Tür direkt vor ihrer Nase. Mit einem fetten Grinsen im Gesicht drehe ich mich zu Johannes: "Hey, cool das du da bist." "Die Gesichter deiner Brüder waren es wert." Da kann ich ihm nur zustimmen. Ich nicke und werde dann plötzlich verlegen. Da steht er in meinem Zimmer, ich gebe ihn als meinen Freund aus und kenne ihn gar nicht. Was sagt man denn in einem solchen Moment? Er setzt sich auf die Ecke meines Bettes, welches ich glücklicherweise noch in der knappen Zeit herrichten konnte. Mit seiner aufrechten Körperhaltung wirkt er sooo selbstbewusst und ich werde ein bisschen neidisch. Ja, so wäre ich gerne. Gerade in solchen Momenten wie dem hier gerade.

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