Kapitel 35

94 18 2
                                    

Sezuna begann beruhigend seinen Arm mit ihrer Hand zu streicheln. „Ich habe bisher nicht festgestellt, dass du gefährlich bist. Ich bin mir sicher, dass kannst du sein, aber dass kann jeder von uns. Gib jemanden ein Schwert in die Hand und er ist damit in der Lage zu töten. Der Unterschied besteht nur darin, dass du, wie alle Magier, dieses Schwert nicht einfach ablegen kannst", erklärte Sezuna leise. „Wenn ich das will, bin ich auch gefährlich."

„Du bist vielleicht auch die Einzige, die mir helfen kann. Die keine Angst vor mir hat. Ich versuche mich zwar zurückzuhalten, aber das geht nicht immer wie du festgestellt hast. Du hast mich noch nie wirklich böse gesehen. Das, was in der Schule war, war gar nichts. Bei dir kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass du gefährlich bist ... außer dein verflixt gutes Gedächtnis und Wissen natürlich", erwiderte Haru. „Weißt du, eines Tages wird uns der Abschied voneinander so schwer fallen, dass es weh tut. Schon allein deswegen wollte ich nicht anfangen ... dich zu mögen." Ehe Sezuna sich versehen konnte, zog er sie über seine Schulter nach vorne, sodass sie auf seinem Schoß landete. Haru nahm sie sanft an den Schultern und sah sie an. „Ich will nicht, dass du eines Tages traurig wegen mir bist. In keiner Weise, ok?"

Sezuna lächelte leicht und entschuldigend. „Das kannst du nicht verhindern. Das kann niemand", sagte sie leise und musste sich erst einmal von dem plötzlichen Positionswechsel erholen. „Du müsstest schon bei mir bleiben, um keinen Abschiedsschmerz auszulösen."

„Und genau das will ich verhindern, indem ich jeden von mir fern halte. Ich verdiene es nicht, vermisst zu werden oder dass jemand trauert", widersprach er ihr. „Es ist nicht deine Schuld, dass ich angefangen habe, dich zu mögen, egal wie seltsam du auch sein magst. Das liegt ganz allein an mir, auch wenn ich nicht einmal das wollte."

„Es ist doch im Grunde egal, ob du mich magst. Ich mag dich und deshalb werde ich dich vermissen, wenn du weg bist und dagegen kannst du dich noch so sperren", widersprach nun Sezuna und schob ein wenig beleidigt die Unterlippe nach vorn.

Haru seufzte. „Ich will nicht, dass du mich magst. Es wird es nur schwerer für uns beide machen. Wenn wir nur Reisende wären und auch bleiben, ohne jegliche Gefühle oder so, wäre es das einfachste. Außerdem wirst du eines Tages deinen Mann finden und mich vergessen", gab er zurück. Sanft schob er eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und sah sie eindringlich an.

„Es ist mir egal, ob du willst, dass ich dich nicht mag", gab Sezuna beleidigt von sich. „Ich mag dich, weil es meine Entscheidung ist, ob ich dich mag oder nicht und ich weiß auch, dass das heißt, dass es möglicherweise irgendwann schmerzen wird."

Wieder seufzte er auf. „Was mache ich nur mit dir?", flüsterte er leise. „Du weißt nicht, dass ich dich vor diesen Schmerzen so sehr beschützen will ..."

„Nur wirst du das nicht können", meinte Sezuna sanft und hob eine Hand, um damit über Harus Wange zu streichen und seine Tränen wegzuwischen. „Das kannst du nicht, das kann ich nicht, das kann niemand, weil es zum Leben dazugehört."

Haru schüttelte leicht den Kopf. „So ein Leben will ich nicht noch einmal haben ... Ich hoffe nur für dich, dass du nicht allzu traurig sein wirst und mich schnell vergisst", erwiderte Haru und sah sie traurig an. „Ich werde es nicht verkraften können, noch einmal jemanden zu verlieren, der mir irgendwas bedeutet hat."

„Dann verstehe ich nicht, warum du so sehr darauf beharrst, dass du irgendwann gehen wirst", murmelte Sezuna leise. „Vielleicht ergibt sich auf der Reise ja auch etwas ganz anderes?", schlug sie vor und klang hoffnungsvoll.

„Mein Leben ist nicht dazu bestimmt, eine zweite Chance zu bekommen. Ich habe eine Chance gehabt, die habe ich vergeben", seufzte er. Dennoch sah er sie irritiert und ein wenig neugierig an. „Was meinst du mit etwas anderes? Dass wir zusammen eine Arbeit finden können?", wollte er wissen.

Galdur - Fenua (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt