Kapitel 16

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»Das ist ganz gewiss alles, dass du sehen konntest?« bohrte der König und richtete seine dunklen Augen direkt auf mich. Ich nickte nachdrücklich, richtete meinen Blick aber an den beiden Männern vorbei. Das der König zu meinem Leidwesen bemerkte. Er krallte seine Finger in meinen Unterarm und wiederholte seine Frage. Wieder nickte ich. »Lacrima«, er umschloss mein Kinn mit seiner freien Hand und zwang mich, ihn direkt anzusehen. »Ich habe kein Problem damit, dir den Prinzen eine Weile lang zu entziehen, sollte ich festellen ...« Er brauchte den Satz nicht zu Ende sprechen. Alles an ihm warnte mich.
»Vater, lasst es gut sein« unterbrach der Prinz unser Blickduell und ich trat erleichtert einen Schritt zurück. Der Prinz streckte seine Hand nach mir aus und ich flüchtete mich dankbar in seine Umarmung. »Ihr entschuldigt uns«, ich knickste vor dem König. »Warum hast du Vater belogen?« fragte er mich und ich wandte sofort meinen Blick ab. Ich konnte die Enttäuschung in seinen Augen nicht ertragen. »Weil die Prinzessin mich darum gebeten hat« erklärte ich und mein Geliebter zog die Augenbrauen nach oben. Es war vorteilhaft für mich, in der Gunst der Prinzessin zu stehen. Sie konnte den Spott ein wenig eindämmen, der mir entgegenschlug. Selbst wenn ich nicht begreifen konnte, wie sie mit der Geliebten ihres Mannes Frieden schließen konnte.
»Wirst du es mir sagen?«
»Sagt Ihr es dann dem König, Hoheit?«
»Spielt es eine Rolle?«
Seine feindselige Stimme ließ mich zusammenfahren. Ich schuldete ihm bedingungslose Loyalität. Das erwartete er und das wusste ich. »Der Onkel der Prinzessin ist einem gewissen Mann zugetan. Das möchte er verbergen. Es spielt bei der Suche nach dem Mörder des Königs überhaupt keine Rolle« - »Wusste mein Schwiegervater davon?« - »Ich weiß es nicht« Der Prinz hob mein Kinn an, damit ich seinem Blick nicht länger ausweichen konnte. Es wäre mir lieber, wenn er wütend auf mich wäre. Diese Mischung aus Verwunderung und Enttäuschung machte mein Herz ganz schwer.
»Verheimlichst du uns sonst noch etwas?« - »Nein, Hoheit« Ich sah ihm direkt in die Augen, worauf er langsam Luft ausbließ. »Außer wie gerne ich bei Euch schlafe« flüsterte ich und küsste seinen Hals. Damit ließ er sich immer besänftigen. »Du hast erst acht Stunden geschlafen« presste er hervor und ließ seine Hände tiefer wandern. »Aber nicht mit Euch« murmelte ich und wanderte zu seinem Mund hinauf. So einfach gab ich mich nicht geschlafen. Er stieß ein heiseres Lachen aus, bevor er mich noch enger an sich zog. »Ich muss heute noch ins Theater« - »Dann lasst uns schnell machen, Hoheit«
Ich brauchte ihn jetzt zu dringend. Denn Mann den ich liebte und der mir immer öfter das Gefühl vermittelte, er könnte mich auch lieben. »Begleitest du mich in die Oper?« - »Was auch immer Ihr wünscht« Ich vernahm einen zufriedenen Laut seinerseits und er ließ zu, dass ich sein Hemd aufknöpfte. Nachdem er sich seine Kleidung rasch abgestreift hatte, schmiegte ich mich für einen Moment an seine nackte Brust. Er vergrub seine Hände in meinen Haaren und ließ mir alle Zeit der Welt.
»Ann sollte dich nicht bitten zu lügen« - »Der König würde den Onkel der Prinzessin verachten, wüsste er es« Mit meinen Fingerspitzen fuhr ich über den Oberkörper des Prinzen und genoss das Gefühl ihm so nah sein zu können. »Ihr mögt ihn« stellte er verärgert fest und ich prustete kurz. Niemals durfte ich ihm das Gefühl geben, dass ihm Anns Onkel gefährlich werden könnte. Denn ich war mir sicher, dass er meinen Kopf solange durchwühlen würde, bis er jedes Detail über den Prinzen wusste. Das durfte ich nicht zulassen. »Vielleicht« erwiderte ich und stemmte mich auf meine Ellbogen. »Ich habe mir keine weiteren Gedanken über ihn gemacht, Hoheit« log ich und der Prinz schmunzelte. Hoffentlich schenkte er mir glauben. Er sah mich kurz zweifelnd an, bevor er mir mich wieder näher zu sich zog. »Ich gehöre nur Euch« flüsterte ich und ich spürte ihn tief einatmen, bevor er nickte. Die Bewegung drückte mehrere Male kurz auf meinen Scheitel.
»Ich muss mich langsam ankleiden, Lacrima« - »Nein!« Ich klammerte mich spielerisch an seinen Körper. Das Beben seines Lachens spürte ich in meinem ganzen Körper. Ich ließ ihn langsam los und setzte mich aufrecht hin.
»Möchtest du mich noch begleiten?«
»Lediglich wenn Ihr mich nicht wieder bittet die Darsteller zu manipulieren«
Es stand außer Frage, dass ich ihn begleitete, wenn er es wünschte. So lief es am Hof. Wenn der Thronfolger etwas wünschte, versuchte man, seinem Wunsch schleunigst nachzukommen. »Du hast dich geweigert« erinnerte er mich und kniff mich dabei in die Seite. »Die Sänger hätten ohnmächtig werden können, Hoheit. Ich darf meine Gabe nicht dazu missbrauchen, anderen Leid zuzufügen« sagte ich ernst und wich dem Blick des Prinzen nicht einen Moment aus. Er sollte verstehen, dass ich ihn damit nicht verärgern wollte, aber ich es nicht über mich bringen konnte, mit den Köpfen dieser Menschen zu spielen.
»Sie begehrt Euch« flüsterte ich den Prinzen ins Ohr. Es war wie immer furchtbar langweilig. In Theatervorstellung sind wir nach der ersten Pause nicht mehr zurückgekehrt und seit dem hängte ich am Arm der Prinzen. Ich spürte die Blicke, die auf uns ruhten. Man schien mich hier bereits abgeschrieben zu haben. Aber nun war ich zurück.
Der Prinz zog seine Augenbrauen nach oben. »Was begehrt sie?« bohrte er nach und ich warf dem jungen Mädchen nochmal einen Blick zu. Sie war so konzentriert darauf ihm schöne Augen zu machen, dass ich ohne Probleme alles von ihr aufnehmen konnte.
»Igitt« quietschte ich und vergrub meinen Kopf an seiner Schulter. Ich prustete, während ich die Bilder in seinen Kopf schickte. Der Prinz legte seinen Arm um meine Taille und schob mich weiter. Kurz blitzte das Bild von seinen Fingern in ihrem Mund nochmal auf, bevor ich es endlich verdrängen konnte. »Ich versuche zu arbeiten« ermahnte er mich und ließ mich wieder los. Ich probierte meine Miene zu neutralisieren, musste aber erneut lachen. »Lacrima« die Schärfe in seiner Stimme überraschte mich und ich biss mir auf die Lippe.
»Lasst sie ein bisschen fröhlich sein« ermahnte uns ein Junge und schlug dem Prinzen freundschaftlich auf die Schulter. Das schien ihm nicht zu gefallen. Seine Miene verzog sich säuerlich und ich klammerte mich eine Spur fester an seine Hand. »Lord Carvilius« stellte uns der Prinz vor und ließ meine Hand los. Ich knickste. Ich spürte seine sanfte Haut durch meine Handschuhe hindurch und seine Augen sah mich durchdringend an. So wunderbar blau, dunkel.
Der Prinz riss mich aus meiner Trance, indem er meine Hand packte. »Ich sage dir nochmal, sie ist tabu« fauchte der Prinz und ich sah ihn erschrocken. Wer war dieser Mann? »Natürlich, mein Prinz« erwiderte er. Ein kurzer Blick in seine Augen zeigte mir seinen Spott.
»Darf ich mich mit Lady Lacrima kurz alleine unterhalten« fragte er vorsichtig und beobachtete seine Augen genau. Aber er wich mir aus, als wüsste er ... Ich presste meine Lippen zusammen und wandte den Blick ab. Er hatte vorhin in mir gelesen.
Mist.
Mist.
Mist.
»Wie könnt Ihr es wagen?« brauste der Prinz auf und ich schmiegte mich enger an ihn. »Lasst uns gehen, Hoheit. Ich bin müde« flüsterte ich ihm ins Ohr und sah Corvilius demonstrativ in die Augen. Er sollte bemerken, dass ich ihn ablehnte. »Ich wusste, dass er dir gefällt« fuhr mich der Prinz an und ich zuckte zusammen. »Er ist so wie du« - »Ich weiß« Der Prinz kniff seine Augen zusammen. Das gefiel mir nicht. Wenn er erst wütend war, würde er meinen Erklärungen keine Beachtung mehr schenken. »Er hat in mir gelesen« redete ich weiter. Besser gleich heraus mit der Wahrheit. Ich hatte das Gefühl, dass er seine Informationen einsetzen würde. Besser der Prinz wusste, woher er dieses Wissen hatte. »Verdammt!« rief er und ich rutschte ein Stück zurück in meinem Bett.
»Er ist stark, Hoheit«
»Ich dachte, du seist stark«
»Macht alleine hilft mir nicht. Ich bin nicht ausgebildet. Ich kann es nicht wirklich kontrollieren oder gezielt einsetzen«
Ich seufzte auf. Hätte sich dieser Mann vor all den Jahren nicht in mich verliebt, wäre ich jetzt vielleicht Teil einer Gemeinschaft. Er hatte bereits angekündigt, dass ein Vertreter kommen würde, aber ich hatte ehrlich gesagt mit einer Frau gerechnet und auf keinen Fall mit diesem arroganten Typ! »Du brauchst seine Hilfe?« - »Lediglich wenn Ihr wünscht, dass ich meine Kräfte weiterentwickele, Hoheit«
Er vergrub seine Hände in meinem Haar und schüttelte verzweifelt den Kopf. »Das kann ich nicht ...«

Weil du mir gehörstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt