Kapitel 11

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»Bitte werdet nicht wieder zornig, Hoheit« bat ich und trat einen Schritt zurück. Der Prinz hob ungeduldig seine Augenbrauen. Es war ihm anzusehen, dass er sich mit reden alleine nicht mehr begnügte. »Wenn uns Elisei sieht, kann ich seine Fragen nicht länger unbeantwortet lassen« erklärte ich und legte schnell eine Hand an die Wange des Prinzen. Sollte ich zu lange brauchen, wird er ungeduldig und verbot es mir alleine aus dem Prinzip, dass ich ihn langweilte. »Aber wenn Ihr es mir erlaubt, ihm zu erzählen, dass ich Euch liebe, bräuchte ich mich nicht länger damit herumschlagen« - »Ich dachte, du hättest schon längst ihm gesprochen« Er seufzte auf und zog mich wieder an sich. Einen Moment lang lauschten wir dem Wind, der uns umwehte.  Die Sonne war dabei den Horizont hinunter zu gleiten. Es war Zeit ins Bett zu gehen schoss mir durch den Kopf. Der Gedanken schoss direkt weiter in meinen Schoss und ich bewegte mich unruhig. Dabei stieß ich auf die Erektion des Prinzen.
»Ich war nicht wütend auf dich, Prinzessin«, sagte er und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, »sondern auf mich selbst. Das ich dich durch meinen Egoismus dazu gezwungen habe, deinem Heim fernzubleiben« Das Licht warf wunderschöne Schatten auf sein Gesicht und betonte seine nachdenklich in die Ferne gerichteten Augen. Ich musste immer wieder feststellen, dass er sich doch mehr Gedanken um mich machte, als ich annahm. Der kleine Funke in mir loderte hell auf. Er wusste, dass ich ihm ganz gehörte und trotzdem sorgte er sich um mich. Der Gedanke brachte mich zum Lächeln.
»Möchtest du morgen Abend in ein Konzert gehen? Ann könnte von ihrem Onkel begleitete werden und ich von dir. Dann könntest du ihn vielleicht bei dieser Gelegenheit nochmal ausforschen« Ich seufzte auf und nickte gezwungen. In der Dunkelheit eines Konzertsaales war es schwer, ein spezielles paar Augen auszumachen und außerdem müsste ich noch vorsichtiger vorgehen, als ich es sonst tat. Denn Ann lies mich sicher nicht freiwillig in den Kopf ihres geliebten Onkels.
»Noch etwas. Könntest du nachsehen, ob Ann schwanger ist?«
»Würde sie Euch das nicht selbst sagen wollen?«
»Es kann unmöglich mein Sohn sein. Es sei denn sie wäre im achtzehnten Monat«
Er rang sich ein Lächeln ab, aber die Welle seines Kummers schwappte auf mich über. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie schwierig es sein muss, die Erblinie zu sichern, ohne eine weibliche Verbündete zu haben. »Ich weiß, das es nicht dasselbe ist, aber ich werde Euch noch Kinder schenken« - »Du hast mir schon einen Kronprinzen geschenkt« Er hauchte einen Kuss auf meine Stirn und ich lies meinen Kopf gegen seine Brust sinken. Er hob meinen Kopf wieder an und begann den Verlauf meines Wangenknochens zu küssen. Ich ließ selig meinen Kopf zurücksinken, worauf er mir spielerisch in die Unterlippe biss. »Wollt Ihr hinein gehen, Hoheit?« keuchte ich und er ließ seinen Kopf auf meine Schulter sinken. Nickte aber und trat einen Schritt zurück. Ich konnte seine Erregung in seinen Augen ausmachen.
»Mylady«, Elisei verbeugte sich und zu unserem Glück, war der Prinz bereits von mir weggetreten.  So sah alles schicklich und normal aus. Der Prinz räusperte sich und ich erlebte die Seltenheit, dass sich seine Wangen rot färbten. Ansonsten schämte er sich für nichts. »Klär die Sache mit dem Hauptmann. Ich warte oben auf dich«, verabschiedete er sich und nun wurde ich rot. Denn mit oben war eindeutig mein Schlafzimmer gemeint. Ich wartete noch ab, bis der Prinz um die Ecke war, bevor ich mich strahlend an Elisei wendete. Dieser verzog wie immer, wenn ich in der Nähe des Prinzen war, das Gesicht.
»Ich liebe ihn«, hauchte ich und benutzte absichtlich keinen Titel. Denn ich liebte den Mann und nicht den Monarchen. »Wieso wollt Ihr dann wegglaufen, Mylady?« - »Manchmal reicht meine Liebe nicht aus, um dieses Gefängnis und all das zu ertragen, das mir vom König befohlen wird« So etwas ähnliches wie Mitleid blitzte in seinen Augen auf und ich sprach schnell weiter: »Aber in nächster Zeit werde ich nirgends hinlaufen«



»Geht es dir nun besser?«, fragte der Prinz, als ich zu ihm ins Zimmer huschte. Er stand völlig bekleidet am Fenster und starrte hinunter. Ohne zu antworten, ging ich auf ihn zu und berührte ihn sanft an seiner Schultern. »Er ist immer noch mein Bruder, Hoheit«, erinnerte ich in und der Prinz wandte sich mit verschränkten Armen um. Als er seine Aufmerksamkeit auf meine Erscheinung legte, konnte ich beobachten, wie sich seine Augen verdunkelten. »Ich habe dich schon viel zu lange nicht entkleidet gesehen«, flüsterte und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus meinem Zopf gelöst hat. Seit wir wieder zusammen waren, hat er mich erst zweimal im Nachtkleid gesehen. Einmal, als er hier war um zu schlafen, wobei es dunkel war und er meinen Aufzug zum Glück nicht ausmachen konnte. Das zweite Mal nachdem ich den Kopf des Gesandten durchstöbert hatte, wo ich einfach nur fertig ausgesehen haben musste.
Doch jetzt waren meine Haare ordentlich zu einem Zopf zusammengefasst und ich trug ein Nachtkleid, das mit Spitze verziert war und aus einem durscheinenden, weißen Stoff bestand. Er griff zu meiner Haarschleife und zog sie auf, damit meine Haare aus dem Zopf glitten. Als er seine Hände darin vergrub, seufzte er genüsslich auf. »Ich sollte öfter bei dir schlafen« - »Werdet Ihr über Nacht hierbleiben?« Ich konnte die Hoffnung in meiner eigenen Stimme hören und kam mir schon fast idiotisch dabei vor. »Wenn du es wünscht« erwiderte er neckisch und ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.

»Ich habe längst vergessen, wie süß du bist, wenn du schläfst« neckte mich der Prinz und ich lachte verschlafen auf. Er spielte mit der Spitze an meinem Nachthemd und ich konnte seine Energie fühlen. Es konnte kaum später sein als sieben Uhr morgens sein, aber er schien hellwach zu sein. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und fuhr ihm durch sein verstrubbeltes Haar. »Wenn ich heute in Prinzessin Anns Kopf das finden möchte, dass Ihr sucht, müsst Ihr das Thema auf Kinder lenken. Ansonsten habe ich keine Chance, durch ihre Mauer von Hass und Abneigung zu schlüpfen« erklärte ich und der Prinz verzog kurz seinen Mund, entspannte sich aber schnell wieder. »Sie täuscht sich in dir. Bald wird sie das erkennen« - »Prinzessin Ann wäre eine Närrin, würde sie sich mit Geliebten ihres Mannes anfreunden!« Der Prinz zog seine Augenbrauen nach oben und begann sich eine meiner Haarsträhnen zu spielen. »Ihr Ehemann wäre ihr sehr dankbar« gab er zu bedenken und ich lächelte. Es freute mich, dass er nicht wollte, dass Ann gemein zu mir war. Obwohl ich es Ann zugestehen musste. Natürlich musste sie mich verabscheuen.


Elisei war den ganzen Tag mürrisch gewesen, dass ich ihm nicht verdenken konnte. Der Prinz hatte sich kurz nach halb acht durch die Geheimgänge davongemacht und Elisei schriftlich von seinem Vorhaben unterrichtet. Daraufhin ist er in mein Ankleidezimmer gestürmt und hat mich griesgrämig dabei beobachtet, wie ich ein Kleid für den Abend aussuchte.
Meine Wahl fiel auf ein rotes Brokatkleid mit weit ausgestellten Ärmeln, die mit schwarzer Spitze ausstaffiert waren, genauso wie der tiefe Ausschnitt des Kleides. Ich wusste, dass ich die Prinzessin damit provozierte, aber vielleicht konnte ich darüber in ihren Kopf kommen. Ich fand den Gedanken grässlich, dass ich im Kopf der Frau meines Geliebten, nach einer möglichen Schwangerschaft mit einem Bastard, suchen sollte. Das war einfach nicht richtig. Als ich fertig ankleidet war, brachte mich Elisei streng bewacht zur Kutsche, die mich in den Palast bringen sollte. Die vielen Wachen waren wohl seine Art von Bestrafung.
»Ist der Kronprinz Euer Sohn, Mylady?« - »Ich darf darauf nicht antworten, aber ich werde es nicht verneinen« Eliseis Miene verdüsterte sich noch eine Spur mehr und er starrte direkt in meinen Ausschnitt. Hoffentlich verhinderte unsere genetische Verbindung, dass er bei diesem Anblick erotische Gefühle entwickelte.
»Wieso hat man mich nicht über Euer Verhältnis zum Kronprinzen aufgeklärt«
»Hättet Ihr Euch dazu herabgelassen eine Hure zu bewachen?«
»Ich hätte mich niemals dazu herabgelassen, eine Frau in einem Haus einzusperren, damit der Thronerbe seinen Gelüsten nachgehen kann«
»So ist es nicht, Elisei. Ich liebe diesen Mann«
Mein Bruder sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an und zuckte mit den Schultern. »Verzeiht mir, Mylady, aber ich glaube nicht, dass Ihr begreift, was Liebe ist« Mit diesen Worten riss er die Tür auf und streckte mir galant seine Hand entgegen, um mir aus der Kutsche zu helfen. Aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er sich vor mir ekelte.

Weil du mir gehörstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt