»Komm her mein Schatz« mein kleiner Sohn flog in meine Arme und ich drückte ihn so fest, wie ich konnte an mich. »Bleibt Ihr jetzt am Hof, Mama?« Ich wandte mich hilfesuchend zum Prinzen um. Durfte oder musste ich hierbleiben? Wollte ich überhaupt zurück in das Anwesen, in dem mich alles an Einsamkeit oder Corvilnuis erinnert. Aber die ganz neue Frage war: Würde meine Anwesenheit überhaupt weiterhin toleriert werden?
»Deine Mama bleibt bei uns« versprach der Prinz und streichelt unserem Kind über den Kopf. Anschließend zog er mich in eine enge Umarmung und ich seufzte auf. Der Kontrollzwang des Königs ließ langsam nach, davor zog mich der Prinz immer enger an sich. Ich bin mir nicht ganz sicher, was mit Anastasia geschah. Ich hielt mich zur Teezeit immer in der Bibliothek mit Studien oder Aufzeichnungen auf, deshalb konnte ich nicht mehr zufällig auf sie treffen. Der Prinz schien seine Gedanken wieder im Griff zu haben, deshalb fiel mir auch nichts entgegen. Nachbohren getraute ich mich unter gegeben Umständen nicht.
Seit Corvilnius Abgang, hatte der König Magie zu etwas Gefährlichem und Dunklem verdammt. Mich zum Glück noch nicht mit. Aber ich fühlte mich, als würde jeder meiner Sätze und Blicke auf eine Goldwaage gelegt und gewogen werden. Und Gnade mir Gott, sollte ich seinen Maßen einmal nicht entsprechen.
Der Prinz nahm trotzdem meine Dienste an. Es vereinfachte Regierungsgeschäfte und ich bin mir sicher, dass auch der König auf meine Berichte zugriff. Auch wenn er es nicht zu geben wollte.
Mein kleiner Sohn legte die Hand auf meinen Bauch und drückte probeweise zu. Ich wich sofort zurück. »Passt auf, mein kleiner Prinz. Ihr tut Eurer Schwester weh« warnte ich und der Prinz schlang sofort die Arme um mich. Mein Sohn legte seine Hände, dieses Mal vorsichtiger zu denen seines Vaters. Er strahlte mich an. Seit er mir als Baby entrissen worden war, konnte ich keine Bindung zu ihm aufbauen. Aber jetzt durfte ich ihn regelmäßig sehen und wir kamen uns näher. Er erinnerte mich an Elisei.
Mein Bauch glich mittlerweile einem riesigen Ball und der Prinz strich vorsichtig mit seinen Fingern darüber. »Sie mag das«, flüsterte ich und der Prinz zog ruckartig die Hände von mir zurück.
»Du hörst ihre Gedanken?«
»Sie hat noch keine Gedanken, aber ihre Gefühle kann ich spüren«
»Seit wann?«
»Seit einigen Tagen, Hoheit«
»Warum hast du nichts gesagt?«
Ich lachte auf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Ihr wart mit Arbeit überhäuft«, verteidigte ich mich, worauf er das Gesicht verzog. »Nichts ist mir so wichtig, wie das es euch beiden gut geht«, erwiderte er. Ich drückte ihm dankbar einen Kuss auf die Wange. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ihm nichts so wichtig war, wie wir beiden, aber ich wollte ihn nicht herausfordern. Immerhin gewährte er mir beinahe alle Privilegien, die ich mir nur wünschen konnte. Das alleine ließ mich misstrauisch werden, aber ich wollte mein Glück und das meines Kindes nicht aufs Spiel setzen.
Es war nur mehr wenige Wochen. Und dann brauchte ich jedes Fünkchen Zuneigung, das er für mich empfand, damit er mir mein Kind nicht wegnahm.
»Komm« der Prinz zog mich an seiner Hand hinaus den Garten und die warme Frühlingsluft schlug uns entgegen. Ich atmete tief durch. Elisei weigerte sich meistens, mich in den Garten zu begleiten, da er es für zu unsicher hielt. Deshalb war ich auf die Besuche mit dem Prinzen angewiesen.
»Ich werde deine Unterstützung schmerzlich vermissen, Lacrima«
»Aber es sind nur wenige Wochen, die ich brauche, um mich zu erholen, Hoheit«
»Du wolltest doch dein Kind großziehen, nicht wahr?«
Ich zog an seiner Hand, damit er stehen blieb. Konnte es wahr sein? Würde der König wirklich erlauben ... und er? Wollte er, dass ich unsere Tochter großziehe? »Du gibst mir alles, dass ich mir nur erträumen kann. Ich möchte dir etwas zurückgeben«, flüsterte er und strich über meine Wange. Er gab mir unsere Tochter.
Plötzlich war das Leid vergessen. Die Tritte, die ich in meinem Bauch spürte, klangen wie das Versprechen nach Glück.Drei Jahre später
Der König sieht ein, dass ich mit einem kleinen Mädchen nicht die ganze Zeit im Anwesen bleiben konnte. Deshalb hat er zwar den Wachenstock erhöht, mich aber nie wieder hinter diesen dicken Mauern eingesperrt. Er konnte mir immer noch nicht mehr abgewinnen, aber in seine kleine Enkelin war er völlig vernarrt. Sie sah aus, wie seine verstorbene Frau, sagte er immer und über das Gesicht der Prinzen huschte manchmal ein trauriges Lächeln, wenn er sie ansah. Sie hatte dieselben stechenden blauen Augen wie schon ihr Bruder und der Prinz haben, aber ihre Haare waren von einem so hellen Blond, dass sie in der Sonne meistens weiß wirkten.
»Wann kommt Papa wieder?« - »Sicherlich bald, mein Engel«
Sie verzog ihren Mund ungläubig und widmete sich wieder ihren Puppen. Im Vergleich zu ihrem Bruder, war der Prinz ihr Ein und Alles. »Milady« die schrille Stimme meiner Hofdame ließ mich zusammenzucken und ich wandte mich um. »Bitte, kommt schnell« Ich griff sofort nach ihren Gedanken, die in einem wirren Nebel waren. Zwar war sie nie ganz klar, aber dieses Chaos sah ihr nicht ähnlich. »Bringt die Kleine nach oben. Ich sehe nach dem Rechten« ich schob ihr den Gedanken ein und sie nickte ein wenig unschlüssig. Als würde er mit etwas kollidieren. Ich verlieh meiner Aufforderung mehr Nachdruck.
Endlich begann sie die Puppen meiner Tochter einzusammeln. Mein Kind war bei dieser Frau sicher. Ich hatte die Terrasse noch nicht erreicht, schlugen mir schon bekannte Gedanken entgegen. Anns Onkel war hier. Das bedeutete nichts Gutes, aber zumindest war ich sicher, solange er in meiner Nähe war. Vorsichtig tastete ich nach den Gedanken der Wachen, aber Anns Onkel hatte jeden Mann im Garten unter seiner Kontrolle.
»Milady« er verbeugte sich lächelnd vor mir und ich reichte ihm meine Hand. Das gefiel mir nicht. »Euer Sohn ist ein Seher, Lacrima« ich zuckte zusammen und schüttelte entsetzt den Kopf. Niemals. Ich hätte es bereits bemerkt, wenn mein Kind die Gabe hätte.»Das ist eine dreiste Lüge. Er ist der Kronprinz«
»Unser Oberhaupt wurde konsultiert. Glaubt mir, es ist wahr«
»Aber der König weiß nichts davon«
Sollte an die Öffentlichkeit dringen, dass der Kronprinz ein Seher ist, würde sofort verlangt werden, dass man ihn absetzte. Die Politik des Königs hatte sich weder gelockert noch verändert. Magier wurden toleriert, aber am Hof nicht gerne gesehen. Bestand nur der leiseste Verdacht, dass Magie zum Schaden anderer eingesetzt wurde, drohte die Ausweisung.
Es würde alles ändern, wenn mein Sohn ein Seher wäre.
Er würde niemals König werden, so wie man es ihm zehn Jahre lang beigebracht hatte.
»Die Hälfte des Hofes weiß es«
»Warum hat mir das niemand gesagt?«
»Weil jeder annimmt, dass Ihr deren Gedanken kontrollieren könntet«
Ich stieß frustriert Luft und sah Anns Onkel hilfesuchend an. Wir mussten hier weg. Schleunigst.
»Wird der Prinz gestatten, dass sein Sohn ausgebildet wird?«
»Hat das Raggruppamento noch irgendeinen Einfluss auf den Hof?«
»Nein. Ihr seit die letzte Magische hier«
»Werdet Ihr uns schützen?«
»Mit unseren Leben«
Dann war es also beschlossen. Nachdem ich zehn Jahre meines Lebens hier verbracht habe, würde ich endlich gehen. So wie ich es mir immer erträumt hatte.
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Weil du mir gehörst
FantasyAbgeschlossen Schön, dass du deinen Weg zu mir gefunden hast. Ich möchte eine Geschichte mit euch teilen, die uns daran erinnern soll, das man vorsichtig sein sollte, wenn man Wünsche ausspricht. Denn manchmal gehen sie in Erfüllung. Das wundervo...