Drittes Kapitel

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wurde ich zu meinem Überraschen von der Sonne begrüßt und fand mein Verhalten vom Vortag gar nicht mehr so peinlich. Ich meine, so oft werde ich diesen Rhys schon nicht sehen. Wir wohnen nur im selben Haus, er ganz oben und ich irgendwo mittendrin und das nächste Mal, lasse ich mich sicher nicht in ein Café schleifen. Entschlossen und mit einem Lächeln auf den Lippen stieg ich unter die Dusche. Nachdem ich mich hergerichtet hatte, kam ich nicht drum herum endlich einkaufen zu gehen. Da ich mich gestern schon ermahnt hatte, holte ich gleich einen Stift und Papier heraus um aufzuschreiben, was denn alles fehlte oder bald zu Neige gehen würde. Erschrocken fragte ich mich, wie ich es überhaupt mit leerem Kühlschrank und leeren Schränken überlebte. Ich steckte also meine 2 Blatt voll Dingen, die ich dringend benötigte in meine Jackentasche und wollte grade die Haustür öffnen, als ich Stimmen im Flur wahrnahm. Leise und langsam öffnete ich die Tür einen Spalt, bedacht nicht entdeckt zu werden. Rhys und sein vermeindlicher Mitbewohner, zumindest vermutete ich das, unterhielten sich auf dem Weg nach oben. Als dieser sich umdrehte, wusste ich auch wieder wo ich Rhys zuordnen konnte. Sollte ich mich nicht täuschen, wohnte Rhys mit seinem 2 Jahre älteren Bruder Kyle zusammen. Kyle war selbst hier in der Stadt, in aller Munde, eigentlich kennt man sowas nur vom Dorf, aber er hatte sich wirklich einen Namen gemacht. Jede Frau, in egal welchem Club kannte seinen Namen und noch viel mehr.. Er war bekannt dafür eine nach der anderen mit nach Hause zu nehmen. „Hab ichs doch gewusst.“ - meine Augen weiteten sich und ich schlug mir schnell eine Hand vor den Mund. Mist, wieso hatte ich das laut ausgesprochen? Die Brüder bleiben auf der Treppe stehen und ich fing innerlich an zu beten. Irgendwann schüttelte Kyle mit dem Kopf, schubste seinen Bruder und sagte: „Komm schon, wir haben noch so Einiges vor.“ Damit gingen sie. Erleichtert atmete ich aus und rannte förmlich durch das Treppenhaus bis ich die Straße erreicht hatte und dann schnellen Schrittes Richtung Supermarkt verschwand. Ich dachte über die Begegnung nach und vor allem über die Erkenntnis endlich zu wissen, wer Rhys war. Vermutlich war er ein genauso großes Arschloch wie sein Bruder. Städter eben. Auf der einen Seite war es mir von Anfang an klar gewussen, doch jetzt sicher zu wissen, wo er hingehörte versetzte mir doch einen kleinen Stich. 
Nachdem ich meine Einkäufe beendet hatte, kam ich außer Atem an meiner Wohnung an. Es wurden mehr Tüten als erwartet und schwer waren sie auch noch. Ich kramte in meiner Tasche nach meinem Schlüssel, als ich von einem Räuspern unterbrochen wurde. „Hey, Cat.“ Ich wirbelte herum und bemerkte zu spät, dass ich ziemlich dicht an Kyle stand. Dieser musterte mich von oben bis unten und lächelte mich schließlich an. „Ich frage mich immer noch, wieso du mich nicht wahrnimmst, Kätzchen.“ - „Kyle.“, antwortete ich kalt. „Was willst du? Denkst du wirklich, ich würde mich auf sowas wie dich einlassen? Die ganze Stadt erzählt deine Geschichten und ehrlich, tut mir Leid. Ich möchte mein Gesicht bewahren.“ - „Da sieht man wieder, die kleine prüde Mauerblume aus dem Dorf. Fass-mich-ja-nicht-an.", er lachte über seinen eigene, kleine Bemerkung. Ich währenddessen ließ mir nichts anmerken. "Eigentlich hat Rhys mich geschickt, aber ich denke mal der Scheiß hat sich erledigt.“ Ich hielt kurz die Luft an, versuchte ganz gelassen und locker zu antworten: „Was wollte Rhys?“, ich versuchte dass meine Stimme so uninteressiert wie möglich klang. Kyle drehte sich schon zum Gehen um, schaute über seine Schulter und antwortete: „Er feiert heute Abend seinen Geburtstag und Gott allein weiß warum - er hätte dich gerne dabei.“ Ich schluckte hörbar und fand mich darauf alleine wieder, Kyle war nach oben, in ihre Wohnung gegangen. Nach einem kurzen Moment hatte ich mich wieder gefasst und brachte meinen Einkauf in meine Wohnung. Etwas in mir überlegte tatsächlich die Einladung anzunehmen, aber mein klarer Menschenverstand riet mir ab. Immer hin reden wir immer noch von Kyles Bruder. Es werden sicher die Jungs da sein, die mich seit dem Einzug hier belästigt haben und auch die, die sich die Gelegenheit, mich auf einer Party zu erwischen, sicher nicht entgehen lassen würden. Das mag für den ein oder anderen eingebildet klingen, ja, aber das Gegenteil ist bei mir der Fall. Ich lege keinen großen Wert auf mein Aussehen. Ich schminke mich ab und an, aber eher dezent, nicht das was man von den Frauen heutzutage erwartet, sobald sie das Haus verlassen. In unserer Gesellschaft muss man ja aussehen wie ein vom Visagisten geschminktes Supermodel. Um es auf den Punkt zu bringen – Ich bin weit davon entfernt. Ich trage auch keine Designerklamotten, so wie es die Stadtmädchen tun. Das was mir gefällt, das kaufe ich. Ob da ein Name drauf steht oder nicht ist mir da relativ egal. Ich ziehe jetzt nicht unbedingt das an, was gerade aus dem Schrank fällt, aber ich überlege auch keine 100 Jahre, was den zu dieser und jener Hose passen würde. So bin ich einfach nicht und so werde ich auch nie sein. Eventuell ein Grund, wieso ich bisher keine Freundschaften mit irgendeiner dieser Mädchen hier geschlossen habe. Viel zu oberflächlich und falsch. Während ich meinen Gedanken nach hing, hatte ich bereits den kompletten Einkauf verstaut und lies mich erschöpft aufs Sofa sinken. Über mir herrschte Stille und ich rätselte wie lange das noch der Fall sein würde. Kyle hatte keine Uhrzeit gesagt, aber ich war mir sicher, ich würde die Musik bis in meine Wohnung hören können. Das war üblich. Sobald hier jemand im Haus eine Party feierte, war man ungewollt mittendrin. Zumindest was die Musik und Lautstärke der Gäste betraf.

Finger weg, von den Städtern!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt