Siebtes Kapitel

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Die nächsten Tage verliefen Ereignislos, ich stürzte mich in die Arbeit um nicht hibbelig durch die Wohnung zu wandern. Immerhin meinte Rhys, er möchte nochmal mit mir reden, also konnte er alle paar Sekunden hier auftauchen. Ich schrieb an einer Reportage für nächsten Monat. Ich arbeitete von zu Hause aus, für eine mittelmäßig bekannte Zeitschrift. Es reichte mir alle Mal für den Anfang aus, ich wäre nicht die erste, die so eine Erfahrung als Sprungbrett nach oben genutzt hätte. Deswegen sagte ich auch sofort ja, als mir die Hauptstory der Zeitschrift aufgetragen wurde. Es war eine Menge Arbeit, mit vielen Recherchen und vielen Seiten. Ich recherchierte grade im Internet nach passenden Interview Möglichkeiten, als mein Skype aufblinkte. Ich brauchte nicht warten, bis das Fenster sich vollständig geöffnet hatte, auch so wusste ich, das es meine beste Freundin Luisa war. Luisa war mir sauer, nachdem ich sie im Dorf alleine gelassen hatte, zumindest sah sie das so. Sie hat mir ab und an mal geschrieben, aber nichts Besonderes. Mittlerweile scheint sie sich einbekommen zu haben und ich freute mich über den 'Anruf'.

„Hey Cat!“
„Lu! Wie komme ich zu der Ehre?“, mein Sarkasmus war nicht zu überhören.
„Anscheinend bist du immer noch die Alte. Das beruhigt mich ein wenig.. Nein, ehrlich, ich wollte mich bei dir entschuldigen. Du fehlst mir und ich finde es doof, keinen Kontakt mit dir zu haben. Immerhin leben wir im 21. Jahrhundert und es gibt so tolle Sachen wie das hier!“sie deutete mit ihrem Finger in die Kamera und das Bild wurde kurz dunkel. Darauf hörte man ihr gekicher, bis die die Kamera wieder frei gab.
„Bin froh, dass du das so siehst. Du fehlst mir auch, Liebes. Wie geht es dir?“ Und genau das, war ihr Stichwort. Sie erzählte mir alles, was sie die letzten Wochen beschäftigt hatte, war es ihre Ausbildung zur Bäckerin, ihre Familie oder ihre Männerbeziehungen. Im Gegensatz zu mir, war Luisa nie länger als ein paar Tage Single. Sie fand über all Anschluss und war eine sehr hübsche Frau. Sie hatte blonde, lange Haare und diese eisblauen Augen, auf die wirklich jeder Kerl stand. Zudem war sie relativ groß und hatte immer die teuersten und schönsten Kleider an. Nach einer guten Stunde schien sie ihre Geschichten beendet zu haben und fragte dann nach mir. Da ich nicht wusste, was ich Tolles erzählen sollte, aber auch auf keinen Fall wollte, das sie dachte meine Entscheidung war falsch und hier wäre es total langweilig, erzählte ich von Rhys.
„Oh, das klingt ja Geheimnisvoll.“, sie zwinkerte in die Kamera.„Wann siehst du ihn wieder?“, fragte sie sofort. Was hatte ich auch anderes erwartet?
„Ich weiß es noch nicht, ich wollte warten, bis er auf mich zu kommt. Will nicht stalken oder sowas.“
Sie seufzte theatralisch auf und fasste sich an die Stirn. „Mein Gott, Cat. Du bist wirklich ein Kapitel für sich. Seit wann machen Männer den ersten Schritt? Das kannst du vergessen, ich rede da aus Erfahrung. Mir sind nicht mehr im Mittelalter, wo die Männer einem noch den Hof machen.“, sie lachte und kippte fast vom Stuhl dabei. Ich fand es gar nicht so lustig, wie sie.
„Wir werden sehen.“, in der Hoffnung sie damit zu besänftigen. Sie sah mich darauf nur argwöhnisch an und wollte grade wieder zur einer Gegenattacke ansetzen, als ich ihr zuvor kam. „Du, Lu. Ich freue mich wahnsinnig darüber, das wir seit langem endlich mal wieder reden konnten. Aber ich muss an meiner Reportage weiter schreiben, ist ziemlich wichtig. Ich melde mich bei dir, sobald ich Luft habe und ich wieder etwas zu berichten habe. Fühl dich gedrückt!“,mit den Worten klappte ich schnell den Laptop zu und atmete erst einmal durch. Wie konnte ich auch nur auf die absurde Idee kommen Luisa von einem Mann zu erzählen? Auf ihre 'hilfreichen' Tipps, konnte ich liebend gerne verzichten. Trotzdem vermisste ich ihren Humor und die Tatsache, das wir stundenlang über alles und jeden reden könnten – sofern man das Thema Männer außen vor ließ. Während ich weiter für meine Arbeit schrieb, korrigierte, las und recherchierte, bekam ich das Gespräch nicht aus dem Kopf. Ich fühlte mich wieder in das Dorfleben zurück versetzt, wie ein kleines, unerfahrenes Mädchen, das sich selbst nicht zu helfen wusste. Dazu kam noch die Nervosität wegen Rhys, also legte ich alles bei Seite, verschwand kurz im Bad um dann wenige Minuten später mit schweißnassen Händen und klopfenden Herzen vor der Wohnung über mir zu stehen und darauf zu warten, das sich unter mir ein Loch auftat – tat es aber nicht.

Finger weg, von den Städtern!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt