Neuntes Kapitel

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Ein  sanftes Lächeln umspielte seine Lippen, nachdem er die Frage gestellt hatte. Mein Herz pochte so laut, ich war davon überzeugt das auch er es hören konnte. Meine Hände wurden feucht und mein Blick glitt zu der Stelle, an der seine Finger meinen Arm berührten. Mein erster Reflexgedanke war es, meinen Arm zu entziehen, ins Bad zu stürmen und mich einzuschließen, bis die Gefahr gebannt war. Aber ich tat es nicht. Ich blieb wie versteinert sitzen und hoffte, meine Stimme bald wieder zu finden. Und genau das war es, was mich so verwirrte. In jeder anderen Situation hätte ich meinem Gegenüber an den Kopf geworfen, was ich von ihm hielt, aber nicht ihm, nicht Rhys. In den letzten Wochen, hatten wir uns öfter getroffen, als in der ganzen Zeit die wir schon im selben Haus wohnten, zumindest so dass ich darauf geachtet hatte, das wir miteinander geredet hatten. Und mir fällt nichts ein, womit es gerechtfertigt wäre, ihm die Dinge an den Kopf zu werfen, die ich von Städtern hielt. Diesen Vorwurf konnte ich seinem Bruder machen, oder dessen Freunden, selbst einigen Fremden auf der Straße – jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Es waren nicht alle so, besonders Rhys war es nicht. „Scheiße.“, sagte ich etwas zu laut, ohne zu realisieren, das ich es laut gesagt hatte. Mein Blick huschte über sein hübsches Gesicht und ich sah einen Anflug von Traurigkeit. Es war wirklich an der Zeit ihm eine Antwort, auf seine so berechtigte Frage zu geben. Aber was sollte ich sagen, was beschrieb in welchem Chaos sich meine Gedanken momentan befanden? Das letzte Mal, als ich mich so fühlte, was in der Grundschule, als ich verlie.. Mein Mund formte ein „Oh.“ und ich kam mir vor, als hätte ich die Kontrolle über meinen Körper verloren. Ich fing an zu lachen. Erst leise, dann immer lauter. Rhys schaute mich an, als wüsste er nicht, wie er aus der Situation fliehen konnte. Als ich mich auch nach einiger Zeit nicht beruhigen konnte, stimmte er mit ein. Was sollte der arme Kerl auch anders tun? Ich weiß nicht, wie lange wir da so saßen, aber irgendwann, nachdem Rhys schon einige Zeit aufgehört hatte zu lachen, sah er mich ernst an, was auch schließlich mein Lachen verstummen ließ. „Was bist du doch für eine komische Frau, Cathrin?“, wieder berührte er meinen Arm, nahm danach meine Hände in seine. Ich wusste nicht, ob er damit ein Kompliment ausdrücken wollte, oder ob es eine Beleidigung war, er schien meine Verwirrung zu bemerken, strich sanft über meine Hände während er weiter sprach: „Schon seit ich dir das erste Mal begegnet bin. Seit ich dir geholfen habe, Möbel in deine Wohnung zu tragen, in die Wohnung die nur ein paar Meter von meiner entfernt ist“, er machte eine Pause. „Bekomme ich dich nicht mehr aus dem Kopf. Du warst immer undurchdringlich und es war nicht schwer zu erraten, was du von der Stadt und ihren Bewohnern hälst. Ich dachte, irgendwann gewöhnst du dich vielleicht daran und bemerkst mich. Im Treppenhaus, auf der Straße, im Supermarkt. Wir sind uns so oft begegnet und ich stand jedes Mal mit der Erwartung vor dir, du würdest 'Hallo' sagen, oder 'Ich kenn dich doch', mehr wollte ich nie. Und jetzt, da ich tatsächlich die Chance hatte Zeit mit dir zu verbringen, ist der Drang danach noch stärker geworden. Jetzt weiß ich, das du mich realisierst. Aber mit jedem Blick und jedem ablehnendem Wort, erkenne ich, das du immer noch eine Mauer um dich herum aufgebaut hast. Du hast meinen Bruder und einige Freunde von ihm kennengelernt. Ich kann es dir nicht verdenken, das du so auf die Männer hier reagierst, aber bitte, bitte lass mich dir doch beweisen, das nicht alle so sind. Mir sind deine Blicke doch aufgefallen, als wir im Café waren, zum Beispiel. Du bist nicht vollkommen uninteressiert an mir, oder?“ Ich blinzelte heftig. Waren das etwas Tränen, die da in mir ausstiegen? Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals so ehrliche und dabei berührende Worte aus dem Mund eines Mannes gehört zu haben.

Finger weg, von den Städtern!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt