Zehntes Kapitel

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Von den Emotionen überwältigt schlang ich meine Arme um Rhys und sah ihm tief in die Augen. Ich merkte wie mein Gesicht mal wieder, wie so oft in seiner Gegenwart rot wurde. Dennoch nahm ich all meinen Mut zusammen um seinem Blick stand zu halten und die Worte auszusprechen, die er sich schon so lange verdient hatte: „In erster Linie, möchte ich mich bei dir entschuldigen. Ich dachte du bist irgendjemand, genauso wie die ganzen Männer hier. Du hast richtig erkannt, was ich von ihnen halte. Aber dir habe ich unrecht getan. Du..“ Ich konnte meinen Satz nicht beenden, ich spürte seine warmen Lippen auf meinen und eine starke Hand, die meinen Kopf hielt. Ich ließ mich einfach von diesen Gefühlen überschwemmen, so als seien sie eine riesige Flutwelle, die mich mit sich riss. Alles wurde unwichtig, keine Gedanken waren in meinem Kopf, alles was ich fühlte war Rhys. Ihn und diese wunderbaren Gefühle, die sich von meinem Bauch in meinem ganzen Körper ausbreiteten und mein Herz schneller schlagen ließen. Der Kuss fing vorsichtig an und wurde immer intensiver. Als wir uns voneinander trennten, atmeten wir beide schwer. Ich lächelte, als er sagte: „Endlich.“, während er aus dem Fenster schaute. Zuerst wusste ich nicht ob er den Kuss, oder die Sonne am Himmel meinte. Sein Lächeln wurde noch breiter, falls das überhaupt noch ging und er zog mich an beiden Händen nach oben. Noch ein flüchtiger Kuss, der schneller endete als er begonn, bevor er sagte: „Komm mit, ich möchte dir was zeigen.“ Ich dachte wirklich, an diesem Tag könnte mich nichts mehr aus der Bahn werfen, aber genau diese Worte taten es. Was hatte er vor?

Als wir das Haus verließen, nahm er wie selbstverständlich meine Hand. Es war ein schönes, wenn auch unbekanntes Gefühl, einen Mann an meiner Seite zu haben. Mein erster Gedanke dazu war 'Wie war dein Vorsatz? Finger weg, von den Städter und meinst du nicht, es geht viel zu schnell? Ja, du kennst ihn jetzt schon einige Zeit, aber was macht dich so sicher, das er anders ist?', ich sah ihn an und bekam für diese Gedanken sofort ein schlechtes Gewissen. Er war anders, das spürte ich. Wie, als könnte er meine Gedanken lesen, ließ er meine Hand los und legte seinen Arm über meine Schulter, um mich so fester an sich ziehen zu können. „Weißt du, wie lange ich schon davon träume? Ich meine, dich berühren zu können? Deine Hand in meiner, du in meinem Arm. Ich bin schon so lange verrückt nach dir, Cathy.“ 'Cathy', ich hasste es so genannt zu werden, aber aus seinem Mund klang es wie ein Kompliment. Es schien, als würde er keine Antwort erwarten. Er wendete den Blick wieder auf die Straße. Wo waren wir überhaupt? Wir liefen durch mir fremde Straßen und kamen an unbekannten Gebäuden vorbei. Vereinzelt waren sogar große Grünflächen und Bäume zu sehen. Irgendwann erreichten wir einen Wald. In diesen liefen wir, ein ganzes Stück, so wie mir schien. Bergauf, bergab, links, scharfe Rechtskurve, über umgestürzte Bäume. Als ich schon nicht mehr daran glaubte, verlangsamten sich seine Schritte. „Schließ die Augen.“, befahl er sanft. Er führte mich sicher durch einige Bäume und brachte mich mit einer Umarmung zum stehen. „Wir sind da.“, war mein Stichwort die Augen zu öffnen – Was sich vor mich erstreckte, war nicht in Worte zu fassen. Ich war mir bewusst, das wir eigentlich mitten in der Stadt waren, aber vor mir sah ich eine riesige Lichtung, mit Blumen und sogar einem kleinen See. Die Bäume standen dicht beisammen, sodass sie abgegrenzt und wahrscheinlich auch ziemlich versteckt lag. „Wow.“, mehr brachte ich nicht heraus, mir fehlten einfach die Worte. „Gefällt es dir? Ich weiß, das du die Stadt nicht magst, deswegen dachte ich, das hier wäre der richtige Platz um dieses Gespräch weiter zu führen.“ - „Da magst du Recht haben. Es ist wunderschön hier.“, ich drehte mich um und fand es war an der Zeit, selbst die Initiative zu ergreifen und ihn zu küssen. Ich näherte mich langsam seinen Lippen, musste mich dabei auf die Fußspitzen stellen und wurde einladend mit einer Umarmung in einen wieder so wunderschönen Kuss gezogen, das ich wusste, jedes Mal wenn ich seine Lippen berührte, würde ich diese Lichtung vor mir sehen und dieses Gefühl machte es umso fantastischer. Wir erreichten den kleinen See, vor dem sich eine Bank befand. Zielsicher liefen wir darauf zu und verfielen zuerst in angenehmes Schweigen. Ich musste mich immer wieder umsehen, zu unreal erschien mir das alles. Mitten in der Stadt, ein so atemberaubendes Plätzchen, neben mir einen Mann, der es geschafft hatte, meine Mauer einzureißen.

Als ich mich umdrehte, bemerkte ich seinen Blick auf mir. Wie lange sah er mich schon so an? Er trug sein unverkennbares Lächeln im Gesicht und in meinem Bauch, breitete sich ein warmes Kribbeln aus. Ich lächelte, während ich endlich, endlich die Worte aussprach, denen ich mir in dieser Sekunde so bewusst wurde: „Ich habe mich in dich verliebt. Und damit meine ich nicht plötzlich heute. Schon länger, denke ich. Ich konnte es, wollte es nicht zulassen. Zu groß war die Angst vor einer Enttäuschung.“ - „Schsch. Du musst dich vor mir nicht rechtfertigen. Dein erster Satz reicht mir vollkommen. Ich bin auch in dich verliebt, Cathy. So sehr und schon so lange.“ Unsere Finger verkreuzten sich miteinander, während unsere Blicke Bände sprachen. Sie verliehen den Worten, den nötigen Ausdruck. Dann hielt ich es nicht länger aus und berührte seine Lippen schnell und fordernd, mit der Gewissheit, das sich von nun an so mache Sichtweise geändert hatte. Ich meine, wer hätte gedacht, das nicht alle Städter gleich sind, wer hätte schon gedacht, das ich hier, in der Stadt mein Glück finde?

Finger weg, von den Städtern!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt