18. Kapitel

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„Und diesmal hängst du mich nicht so leicht ab", trotzt Peter und springt aus ihrem Fenster.
Kopfschüttelnd lacht Lucinda und folgt ihm hinaus in die Dämmerung.

Peter hat nicht übertrieben; geschmeidig schwingt er von Gebäude zu Gebäude über die  Straßen von Queens und hat keine Probleme mit Lucinda mitzuhalten.
Er pfeift ihr kurz zu und nickt mit dem Kopf zu dem Dach des Wolkenkratzers zu ihrer Rechten.

Geschickt landet er auf der ebenen Oberfläche, doch Lucinda rast direkt in ihn hinein und reißt ihn mit zu Boden.
Zum Glück federt Peter ihren Sturz ab, obwohl sie ziemlich unsanft auf ihm landet.

„Oh Gott, es tut mir leid! Ich komme mit dem Anzug noch nicht zurecht", entschuldigt sie sich.
„Kein Problem." Er rafft sich auf und zieht sie mit nach oben.
„Können wir gern nochmal machen", grinst er.

„Warum wolltest du, dass wir hier landen?", fragt sie neugierig.
Peter nimmt schweigend ihre Hand und zieht sie zum Rand des Daches.
Dann hält er ihr die Augen zu, bevor sie die Möglichkeit hat, die Aussicht zu betrachten.
„Bitte schubs' mich nicht runter", fleht sie mit gespielter Panik.
„Würde ich niemals", flüstert er sanft in ihre Haare.
Lucinda bekommt plötzlich am ganzen Körper Gänsehaut und es liegt nicht an dem kühlen Abendwind.

„Bereit?"
„Mhm." Lucinda weiß ja nicht einmal, was er vorhat, wofür soll sie denn bereit sein?
Dann nimmt er vorsichtig die Hände von ihren Augen.
Was Lucinda sieht, raubt ihr den Atem.
Klar, es ist Queens, ihre Heimat, die sie nahezu in- und auswendig kennt, aber aus dieser Perspektive und um diese Zeit hat sie die Stadt noch nie wahrgenommen.
Die Gebäude erstrahlen hell in der Dunkelheit, man könnte sie glatt mit tausenden, kleinen Sternen verwechseln.

Sie war immer viel zu beschäftigt damit, zu fliegen oder sich zu verstecken, dass sie sich nie die Zeit genommen hat, um den Ausblick auf diese wunderschöne Stadt bei Nacht zu genießen.
„Wow", bringt sie nur heraus.
„Ich weiß", antwortet Peter. „Es hat ewig gedauert, bis ich mich einfach mal hinsetzen konnte, um das anzuschauen."

Sie sehen gerade einen Krankenwagen vorbeisteuern, als dieser plötzlich mit quietschenden Reifen versucht zu bremsen und sich daraufhin mehrmals überschlägt.
Lucinda erkennt eine Person, schwarz umhüllt, genau wie die von heute Nachmittag.
Der Unbekannte reißt die beiden Türen vom Heck gewaltsam auf und schleudert sie hinter sich auf die Straße.
Kurz verschwindet die Person im Wagen und kommt dann, einen leblosen Körper über die Schultern gehievt, wieder zum Vorschein.

Ungläubig betrachten beide das Spektakel.
Lucinda ist sofort klar, wer das sein muss.
Er ist der Entführer der Leichen, die Hydra missbraucht.
„Wir müssen ihn sofort aufhalten", schreit sie Peter entgegen und gleich darauf befindet sie sich im freien Fall in Richtung Boden.

Die Person versucht zu entkommen, doch Peter beschießt sie bereits mit seinen Netzen und umwickelt ihre Beine.
Sie verliert das Gleichgewicht und stürzt mitsamt der Leiche zu Boden.
Lucinda rennt auf sie zu und wirft sich auf sie.
Erst da bemerkt sie, dass, anstelle eines richtigen Armes, ein Metallarm nach ihr ausschlägt.
Problemlos hält sie ihn fest, bevor er ihr Gesicht berührt und drückt kräftig zu.
Der Metallarm verbiegt sich und ist bald nicht mehr in seiner Form zu erkennen.

Doch die Person weiß sich zu helfen und verpasst Lucinda einen ordentlichen Schlag mit dem Kopf gehen ihre Stirn.
Verdammt! Wieso hat sie ihren Helm nicht auf?!
Ihr wird schwindelig und kurzzeitig sieht sie Sterne, doch sie schafft es, dem Übeltäter die Maske zu entreißen.
Es ist ein Mann.
Mit schulterlangem, schwarzen Haar, dem Aussehen nach etwa 25 Jahre alt, vielleicht auch älter.
Doch bevor Lucinda ihn weiter betrachten kann, reißt er sich die Netze von den Füßen und schubst sie von sich herunter.

Lucinda, noch immer benommen, versucht aufzustehen, um ihn zu folgen, aber sie kommt keine 2 Meter weit, bevor sie das Gleichgewicht verliert und hinfällt.
Peter versucht abermals den Verbrecher an der Flucht zu hindern und schießt erneut ein Netz, welches explosionsartig aus seiner Hand kommt, in seine Richtung. Das muss wohl eine der Attacken sein, die Tony in Peters Anzug eingebaut hat.
Der Mann wird mehrere Meter in die Luft geworfen und landet unsanft auf dem Asphalt.
Peter stürzt sich auf ihn und versucht ihn zu Boden zu drücken, doch der Mann ist weitaus stärker als er.

Er holt aus, mit seinem Metallarm, doch Lucinda schafft es gerade noch, ihn festzuhalten, bevor er Peter trifft.
Dann verpasst sie ihm einen Ladungsstoß, welcher ihn kurz krampfartig zucken lässt.
„Wo ist die Leiche?", brüllt Lucinda Peter zu, während sie noch immer den Metallarm in der einen und den Nacken des Verbrechers in der anderen Hand umklammert hält.
Peter rennt los, um den toten Körper zu bergen, was Lucinda einen Moment der Aufmerksamkeit kostet.

Der Mann boxt ihr mit seiner freien Hand in die Magengrube und stößt sie von sich weg.
Dann holt er eine Pistole aus seinem Gürtel hervor und richtet sie geradewegs auf Lucinda.

„Das war's", denkt sie sich.
Sie hört ein Klacken und weiß, dass ihr nicht mehr zu helfen ist.
Er wird sie erschießen.
Lucinda schließt die Augen und wartet auf den Knall, doch nichts geschieht.
Sie spürt auch keinen Schmerz.
Wo hat die Kugel sie getroffen?
Vorsichtig blinzelt sie und sieht, wie eine klebrige, weiße Masse den Revolver mitsamt der Hand des Mannes umhüllt, sodass er nicht mehr abdrücken kann.

Jetzt scheint er endgültig die Geduld verloren zu haben. Er reißt sich das Netz von der Hand und stapft auf Lucinda zu, um sie eigenhändig auszuschalten.
Sie hebt die Hand, um ihn mit Blitzen zu bombardieren, doch er schlägt sie weg, packt sie am Hals und drückt sie zu Boden.
Lucinda kann nicht atmen und ringt nach Luft.
Sie versucht, Kraft in ihrem Körper anzusammeln, doch sie ist zu schwach.
Langsam wird ihr schwarz vor Augen und sie droht ohnmächtig zu werden.

Catching Lightning ( Avengers Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt