Farbenfrohe Einsamkeit (Traum)

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Ich spürte Kälte. Als stünde ich draußen.
In dieser Eiseskälte, nachts im Winter, wäre ich doch nie freiwillig hinaus gegangen. Meine Augen waren geschlossen. Ich wollte sie nicht öffnen. Es war zu kalt, um sich zu bewegen und die eigene, noch vorhandene Körperwärme an die Kälte zu verschenken.

Ich zitterte. Erhoffe mir, von allein wieder in mein Bett zu gelangen. Doch es geschah nichts. Eine ganze Weile stand ich nun da, regungslos. Horchte, ob ich irgendwelche, mir bekannten Geräusche wahr zu nehmen schien. Nichts. Stille.

War das vielleicht alles nur ein Traum? Es fühlte sich so echt an. Zu echt. Zu kalt. So sehr, dass meine Zähne unwillkürlich klapperten. Das war das einzige Geräusch, neben meinem regelmäßigen Atmen, das ich hörte.

Ich wagte es nicht mich zu bewegen.
Nach langem Überlegen, versuchte ich meine Augen zu öffnen. Das Erste, das ich sah, war...weiße Umgebung! Alles war weiß! War das Schnee?

Was machte ich bloß hier? Wo war ich? Und wie zur Hölle war ich hier hergekommen?! Hatte ich gestern getrunken?
Ich versuchte mich verzweifelt zu erinnern, doch meine Gedanken waren leer.

Ich brauchte ein wenig, bis sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten und nun sah ich auch mehr als nur weiß.

Um mich herum waren Bäume.
Ich stand auf einer Lichtung.
Ich sah mich um. Bäume.
Nichts als Bäume waren zu sehen!

Mein Blick fiel auf einen Baum, der ein paar Meter von mir entfernt, mitten auf der Lichtung stand. Allein. Er war ganz kahl, trug kein einiges Blatt mehr. Der Schnee war schon von seinen dünnen Ästen gefallen. So stand er nun da. Rabenschwarz. Als hätte man ihn in Farbe getaucht und zum Trocknen dort drüben aufgestellt.

Plötzlich konnte ich etwas hinter diesem Baum entdecken. Es war...rot! Jemand, der mit einem roten Mantel gekleidet war! Ich blinzelte ein paar Mal um Genaueres erkennen zu können. Doch dann war die Person weg! Ich lief zu dem Baum hinüber. Nichts. "H-hallo, ist da wer?", rief ich in den tiefen Wald hinein. Keine Antwort. Nur mein Echo war zu hören. Ich drehte mich in die andere Richtung und versuchte es erneut. Wieder nichts.

Auf einmal überkam mich ein Schauer. Ich spürte einen Luftzug in meinem Nacken. Aber es ging kein Wind. Dann verstummte es wieder. Doch fing erneut an. Als würde mir jemand in den Nacken atmen!

Blitzschnell drehte ich mich um. Mein Herz setze für einen kurzen Moment aus und ich schrie, als würde die Welt untergehen.

Diese Person, im roten Gewand, die vorher hinter dem kahlen Baum gestanden hatte, stand jetzt direkt vor mir! Es war eine Frau. Sie hatte die Kapuze ihres blutroten Mantels bis knapp über die Augen gezogen. Aber nicht nur ihre Kleidung war rot, sondern auch ihre Schuhe, ihre Haare, die ihr ins Gesicht hingen und...ihre Augen!

Sie starrte mich an. Kalt. Mit ihren feuererfüllten Augen. Obwohl es so aussah, als würden ihre Augen brennen, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.

Plötzlich verlor ich den Halt und fiel rückwärts zu Boden als ich in ihr Gesicht blickte und ihre Augen immer mehr und mehr zu leuchten begannen. Mein Herz raste.
Was war hier los?
Wieso starrte sie mich so an?
Wer war sie überhaupt?
Und was wollte sie verdammt noch mal von mir?!

Für einen kurzen Moment fühlte ich mich wohl und geborgen, als ich ihr wieder in die Augen sah. Ein schönes Gefühl strömte durch meinen ganzen Körper und mir wurde wärmer. Diese Frau machte mich aus irgendeinem Grund glücklich. Ich wollte sie berühren. Ihre Wärme auch an meinen Händen spüren.

Es schien so, als hätten die Augen dieser Frau eine starke Anziehungskraft zu mir. Eine derartig feste Verbindung, von der ich mich nicht mehr losreißen konnte. Ihr ganzer Körper, fühlte es sich an, hatte alle Macht über meinen übernommen.

So gut es ging, versuchte ich meinen Blick von ihr loszureißen. Ich wollte nicht, da dieses Gefühl so unglaublich schön war, aber ich musste. Es war, als würde ich im Koma liegen. Alles um mich nahm ich wahr, doch ich konnte nicht aufwachen. Das musste doch ein Traum sein? So etwas konnte nicht real sein! Was passierte nur mit mir?

Ich hielt mir die Hand vor die Augen, um nicht noch mehr von dieser Verrückten hypnotisiert zu werden. Und wirklich, es klappte! Ich kam wieder zu mir.

Ich versuchte mich von den kalten Boden abzustützen um wieder auf meine Beine zu kommen, da ich noch immer am eisigen Boden saß, doch sofort spürte ich etwas an meinen Händen. Sie schmerzten auf einmal fürchterlich. Zitternd hielt ich sie mir vor's Gesicht. Blut! Das war das Erste, das mir in den Sinn kam. Aber warum?!

Ich hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken. Die Frau stand noch immer vor mir. Auf einmal öffnete sie leicht ihrem Mund und sagte zu mir:
"Gib es dir oder nimm ihn dir.
Schenk es ihm oder nimm es ihm.
Entscheide was du für richtig hältst."

Sie sprach mit einer so lieblichen Stimme, als wollte sie mir gar nichts Bösen antun.
Dann schloss sie ihren Mund wieder und blieb nach wie vor regungslos vor mir stehen.

Ihre Stimme...sie kam mir bekannt vor, doch ich wusste nicht woher ich sie kannte. Doch ich verliebte mich in diese Stimme.

Ich hatte keinen Schimmer, was das zu bedeuten hatte. Doch ich hatte jetzt auch gar keine Zeit darüber nachzudenken, doch mein Kopf prägte sich diese Worte so tief ein, als wären sie mit Feuer eingebrannt worden.

Mit Schmerzen in beiden Händen, versuchte ich, mich ein zweites Mal, von dem kalten Boden hochzudrücken. Ich kniff die Augen zu und zog die Luft scharf durch meine Zähne ein.

Als ich meine Augen wieder öffnete, war die Frau verschwunden.

Ich rappelte mich auf und lief. Auch wenn ich sie nirgendwo mehr sah, ich war mir sicher, dass sie mich verfolgte.
So schnell ich konnte, rannte ich von der Lichtung in den dicht bewachsenen Wald. Ich musste hier weg!

Ich wagte mich nicht noch einmal umzudrehen, vielleicht war die rot Gekleidete direkt hinter mir. Meine Beine sollen mich tragen wohin auch immer sie wollten. Nur einfach weg von hier!

Die Bäume rauschten an mir vorbei. Alles sah gleich aus. Überall war nichts als weiße Bäume zu sehen. Ich riss mich durch die dichten Äste durch, die ununterbrochen versuchten mich festzuhalten und wieder zurück ins tiefe Innere des Waldes zu zerren um mich in den unzähligen Bäumen zu ertränken.

Ich wollte nicht wissen, wie zerrissen meine Jacke danach aussehen musste.

Meine Blick fiel wieder auf meine Hände. Ich wusste nicht weswegen ich blutete. Als ich zu Boden gefallen war, hatte mich der Schnee abgefangen. Erst als ich in die Augen der Frau gesehen hatte, hatten meine Hände angefangen zu schmerzen. Und erst dann sah ich das Blut, dass sich über meine Hände ergoss.

Was wollte sie überhaupt von mir? War sie nur zu mir gekommen um mir diese paar Wörter zu sagen, bei denen ich sowieso nicht verstand, was sie damit gemeint hatte.

Ich schrie auf, als ich plötzlich ins Stolpern geriet und nun wieder auf dem Boden lag. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich hatte echt keine Lust mehr auf diesen komischen Traum!

Ich versuchte meine unregelmäßige Atmung unter Kontrolle zu halten, doch dies gelang mir nicht, weswegen ich fast keine Luft mehr bekam und husten musste.

Mein Gesicht war voller Schnee.
Meine Hände voller Blut.
Meine Augen voller Tränen.

"Scheiße!", jammerte ich vor mich hin.
Ich fühlte mich wie in 'Schneewittchen und die sieben Zwerge.'

Weiß wie Schnee.
Rot wie Blut.
Die dunkle, bereits heranbrechende Nacht, wie Ebenholz so schwarz.

Nur die hilfsbereiten sieben Zwerge waren nirgends zu sehen, die ich gerade echt nötig hatte.

(1274 Wörter)

°•.𝖛𝖆𝖈𝖚𝖚𝖒 𝖎𝖓 𝖒𝖞 𝖑𝖚𝖓𝖌𝖘.•°Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt