Kapitel 11

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Claras Sicht

(I = I Luc = L)

C: Was denkst du denn, Lee hat es mir erzählt. Schließlich bin ich anscheinend der einzige der sich um sie kümmert und für sie da ist.

I: Ja ich weiß

Beep, beep.

Na toll jetzt hatte er aufgelegt. Warum musste mein dämlicher Bruder seinem Sohn alles erzählen. Es war ja eigentlich klar, dass Luc sofort zu Anna-Lee rennen würde, so nah wie die beiden sich standen. Und jetzt erfuhr er auch noch von Anna-Lees Krankheit, was hieß, dass ich als mega schlechte Mutter da stehen würde.

Ring, ring. Mein Handy klingelte, ein Blick darauf verriet mir, dass Anna-Lee anrief. Ich drückte sie weg. Ich hatte einfach ein zu schlechtes Gewissen und außerdem musste ich der Abmachung von mir und Andre folgen.

Ring, ring. Diesmal war es eine Unbekannte Nummer, doch wieder ging ich nicht ran.

Nach einigen Sekunden leuchtete mein Handy auf und zeigte eine SMS an. Sie war von Luc 'Schade, dass du es MEINER Cousine nicht selber sagen willst. Ich hatte ihr gesagt, dass du ihr etwas sagen musst und sie hat versucht dich zu erreichen. Aber du warst ja der Meinung nicht ran gehen zu müssen. JETZT IST ES ZU SPÄT. Es tut mir sehr leid für sie.'

Na toll, dass hätte er mir auch mal früher sagen können.

Anna-Lees Sicht

Nachdem meine Mutter nicht abhob tippte Luc kurz auf seinem Handy herum und wandte sich dann mir zu.

Er wirkte sehr nervös und als er anfing zu sprechen zitterte seine Stimme: "Es tut mir Leid, dass du das jetzt so erfahren musst. Ich kann es vollkommen verstehen, wenn du sauer bist. Aber bitte denk daran, dass ich mich sofort auf den Weg zu dir gemacht habe als ich das erfahren habe..."

Ich unterbrach ihn, da ich überhaupt keine Ahnung hatte von was er sprach: "Was zur Hölle, komm endlich zum Punkt".

Jetzt sah er noch nervöser aus, ich meinte Traurigkeit in seinen Augen ausmachen zu können.

"Ok gut. Erinnerst du dich noch daran als ich dir versucht habe auszureden, dass du von unsere Familie so behandelt wirst als ob du nicht richtig dazu gehörst. Ich wusste selber, dass es so war, aber ich hatte nie einen Grund gefunden warum das so war. Jetzt haben mir meine Eltern due Erklärung geliefert: Clara und Andre sind nicht deine leiblichen Eltern..." .

Bam, das saß wie ein Schlag. Meine 'Mum' war nicht wirklich meine Mutter, sie war nicht diejenige die mich unter ihrem Herzen getragen hatte. MEINE MUM WAR NICHT MEINE MUTTER, MEIN DAD WAR NICHT MEIN VATER. MEINE ELTERN WAREN NICHT MEINE ELTERN.

Ich sprang auf, ich musste hier raus und zwar schnell. Während ich die Haustür aufriss hörte ich Luc rufen: "Es tut mir Leid Lee. Wo willst du hin?". Ich antwortete nur: "Alleine sein.".

Ich wusste ganz genau wohin ich wollte. Dorthin wo ich die glücklichsten Stunden erlebt habe. Stunden voll Liebe, großväterliche Liebe. Mein Opa, ja das würde er immer bleiben, denn er hatte mich geliebt und tut es immer noch. Ich rannte dort hin wo früher die kleine Holzhütte mit dem Wespennest im Dach stand. Das Holz war marode geworden und die Hütte abgerissen.

Ich berührte einmal den Boden und ging die Umrisse der ehemaligen Hütte ab. Schließlich lief ich weiter und verschwand für alle anderen die auf dem Friedhof unterwegs waren. Ich umkreiste den Stamm der alten Trauerweide. Schließlich lief ich weiter und kam zu einer Kapelle, ich war oft in der Kapelle, dieser Ort war so friedlich und einer der schönsten Orte der Welt. Ich öffnete die Tür und trat ein. Als ich mich auf einer Bank niederlies und die Beine an meinen Körper zog lies ich alles raus. Ich weinte und weinte und weinte. Vorsichtig schlangen sich zwei Arme um meinen Körper und drückten mich ganz fest.

Es war Luc. Er war mir gefolgt, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass er das nicht tun soll. Tja da war sein Beschützerinstinkt mal wieder mit ihm durchgegangen. So wie damals als ich erfahren hatte, dass mein Freund mich betrogen und ausgenutzt hatte. Ich verbrachte meine Herbstferien dort und dann kam der Anruf einer damaligen Freundin. Sie erzählte mir, dass es ihr furchtbar leid tat und dass sie einen riesigen Fehler gemacht hatte, außerdem wollte sie das nicht weiter geheim halten.

Ich war am Boden zerstört, beide hatten mir so viel bedeutet und sie hatten mich derart mies hintergangen. Ich hatte denbeiden die Planung für meinen Geburtstag überlassen. Als Luc von seinem letzten Schultag vor den Ferien nach Hause kam. Hatte ich aufgehört zu weinen und alle Spuren beseitigt. Doch so wie er war warf er mir nur einen Blick zu und schloss mich in seine Arme. Ich hatte mich damals so verhalten als wäre nichts passiert und er würde sich nur einbilden, dass etwas geschehen war. Doch er kannte mich gut genug um mir dieses Lüge nicht ab zu nehmen. Als er dann in das Zimmer ging in dem ich schlief sah er, dass das Bild von meinem Freund auf dem Nachttisch fehlte. Wieder umarmte er mich und fragte was passiert sei. Ich rückte mit der Wahrheit raus und er fing an sowohl meine Sachen zu packen als auch seine Sachen. Irgendwie buchte er noch Zugtickets und schleifte mich zum Bahnhof. Während der gesamten Fahrt lies er mich nur einmal aus den Augen. Tja so war er mein Cousin Luc.

Mit dieser Sache hatte ich schon lange Frieden geschlossen, doch Luc nicht.

Und er schien ebenfalls in diesem Moment daran zu denken wie er neben mir stand als ich mich von meinem mittlerweile Ex-Freund getrennt hatte, wie er Tag täglich mich daran erinnert hatte, dass ich ihm nicht verzeihen darf und ihm wieder verfalle.

Wie sehr ich doch meinen Cousin liebe. Ich sagte leise: "Du wirst immer mein Cousin bleiben egal was passiert." und er antwortete: "Immer, mein Cousinchen, immer. Um das zu ändern muss schon ein riesen Weltwunder geschehen.

Wir blieben lange so sitzen und machten uns erst in der Dämmerung auf den Weg zurück nach Hause.

Schon auf dem Weg merkte ich irgendwas stimmte nicht. Zuhause bekam ich meinen ersten richtigen Anfall. Mein Tumor machte sich bemerkbar. Ich hatte unglaubliche Schmerzen und spuckte Blut.

Mein Leben mit der Diagnose - LungenkrebsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt