Das Trainingslager läuft ziemlich bescheiden. Während die anderen jeden Tag einen Schritt nach vorne machen, gehe ich jeden Tag 2 zurück, trotz meiner Extraeinheiten. Demotivierender geht es wohl kaum!
Gerade bin ich wieder ein Mal alleine im Gym und versuche Gewichte zu stemmen. Schon beim Einlaufen war mir ein wenig schwummrig, was ich auf die Hitze und die stehende Luft im Kraftraum geschoben habe. Doch das komische Gefühl im Körper bleibt und plötzlich ist alles schwarz.
„Markus, hallo?" höre ich Andis Stimme und versuche meine Augen zu öffnen, doch es gelingt mir nicht. „Stephan hol den Doc, wer weiß wie lange er schon hier liegt" ruft er besorgt. „Markus, Markus" Andi rüttelt an meiner Schulter. Irgendwie schaffe ich es dann doch meine Augen zu öffnen. „Gott sei dank bist du wieder wach" Andi schaut mich mit weit aufgerissenen Augen an. Genau in diesem Moment kommt auch schon unser Doc. „Hab ich dir letztens nicht klar und deutlich gesagt, dass du dich schonen sollst" er schaut mich vorwurfsvoll an und kniet sich neben mich. „Ich dachte das geht schon" stammle ich. „Jaja! Das höre ich öfter! Jetzt bekommst du eine Elektrolytinfusion und dann wird das hoffentlich wieder" erklärt er und setzt die Nadel an meinem Unterarm an. Während die gesamte Infusion durchläuft muss ich im Kraftraum unter den strengen Augen des Docs noch liegen bleiben. „Markus, wenn noch einmal etwas mit deiner Gesundheit sein sollte, dann werde ich das mit der Knochenmarkspende an Werner weitergeben und du weißt, was das bedeutet" sagt er scharf und seine Worte zeigen Wirkung. „Ich verspreche, dass ich mich an die Ruhezeiten halte, Doc. Bitte sag Werner nichts, sonst lässt er mich Ewigkeiten nicht mehr von der Schanze springen" bettle ich wie ein kleines Kind, denn noch mehr Trainingssprünge will ich echt nicht verpassen. Nach gefühlten Stunden darf ich dann endlich auf mein Zimmer gehen und schmeiße mich frustriert auf mein Bett. Ich hatte mir für die Saison so viel vorgenommen und es läuft aktuell gar nicht nach meinem Geschmack.
Der Benachrichtigungston meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken. Die Nachricht ist von Bella. Wenigstens meine tägliche Dosis Lara kann meine Laune ein wenig verbessern. Sie hat mir ein Foto von der Kleinen beim Essen geschickt, was unschwer zu erkennen ist, denn überall an ihrer Kleidung sind rote Flecken, wahrscheinlich Tomatensauce.
Es ist unglaublich wie schnell ich dieses kleine Wesen ganz tief in mein Herz eingeschlossen habe, für immer. So gerne hätte ich die Schwangerschaft miterlebt, denn das Heranwachsen eines Babys im Bauch einer Frau soll das größte Wunder und Glück auf Erden sein. Seufzend lege ich das Handy wieder beiseite, denn trainieren darf ich nicht und mir wurde absolute Bettruhe verordnet, also versuche ich ein wenig zu schlafen.Am nächsten Tag ist mein Trainingsverbot Gott sei dank wieder aufgehoben. Allerdings nur was Sprünge auf der Schanze angeht. In den Kraftraum soll ich laut unserem Doc immer noch nicht. Zu Werner hat er gesagt, dass zu viel Krafttraining aktuell noch nicht gut für meinen Oberschenkel ist. Der Doc ist wirklich die gute Seele in unserem Team!
„Markus, der Sprung war echt top. Von oben bis unten sauber und einwandfrei gelandet" mein Werner zu mir und zeigt mir eine Videoaufnahme. „Hoffentlich bleibt das gute Gefühl bis zur WM" sage ich lachend und fühle mich gleich viel besser. Werner ist ein echt kritischer Trainer, sodass diese Worte natürlich besonders stark positiv wirken. Auch der zweite Sprung des Tages ist gut, wenn auch nicht so gut wie der erste. So hat sich nach dem Schock gestern doch wieder alles zum positiven gewandt. Jetzt kann ich es kaum erwarten Lara wieder zu sehen.
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Selvfølgelig (Markus Eisenbichler)
FanfictionSelvfølgelig - norwegisch für selbstverständlich! Markus ist ein absolut selbstloser Mensch, der immer zuerst an sich und dann an andere denkt viele Dinge, wie das tägliche Training oder das Schreiben von unzähligen Autogrammen ist für ihn schon sei...