Selvfølgelig (Markus Eisenbichler)

Kapitel 14

Markus Sicht:

Am nächsten Morgen steht direkt Training im Kraftraum auf dem Programm. Wenigstens hat man vom Fenster aus einen schönen Blick über die österreichischen Berge und sogar die Schanze kann man sehen. Hier werden 2 der 4 Wettbewerbe der WM stattfinden: das Herren Einzel von der Normalschanze und das Mixed Team. Um während der Weltmeisterschaften ganz oben, oder zumindest auf dem Podest zu stehen, müssen wir jetzt hart arbeiten. Das Doppelpodium von Andi und mir 2017 in Lahti war schon ziemlich cool, vielleicht lässt sich ja sowas in der Art noch einmal wiederholen. „Na Eisei, mit den Gedanken schon wieder bei Lara" zieht mich Karl ein wenig auf. „Ausnahmsweise nicht. Hab an die WM gedacht" gebe ich offen zu. „Die einzig wahre WM wird die 2021 in Oberstdorf, in meinem Wohnzimmer, sein" sagt er lachend. „Is ja gut, Mr. Oberstdorf" sage ich ebenfalls lachend und konzentriere mich wieder auf die Ausführung der Übung. Wer weiß, was bis 2021 ist? Im Skispringen reicht nur ein kleiner Fehler, der sich im Sprung einschleicht, und das ganze System funktioniert mehr. Schneller als man 'Skispringen' sagen kann, kann man auch ganz schnell aus dem Weltcupteam raus sein, denn es gibt genug Springer, die auf einen Start im Weltcup drängen.

Nach einer langen Dusche nach dem Training lasse ich mich erst einmal ganz gemütlich in mein Bett sinken. Zugegebenermaßen merke ich meine verletzungsbedingte Pause schon ziemlich. Ich bin viel schneller als die anderen aus der Puste und schaffe bei Weitem nicht so viel Gewicht wie noch zu Beginn der Sommervorbereitung. Doch für mich ist das weniger ein Niederschlag, sondern viel mehr eine Motivation noch mehr Gas zu geben, um möglichst schnell wieder mit den anderen auf einem Level zu sein.

Vom Benachrichtigungston meines Handys werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Eine Nachricht von Bella: Hallo Markus, Lara schickt dir schöne Grüße nach Seefeld *FOTO*

Das Foto zeigt die Kleine wie sie mit einem fetten Grinsen auf dem Gesicht in die Kamera winkt. Sofort stellt sich auch auf meinem Gesicht ein Grinsen ein. Ihre großen blauen Augen funkeln direkt und man sieht ihr an, dass sie ein fröhliches Kind ist. Da ich sehe, dass Bella noch online ist, tippe ich schnell eine Antwort: Hallo ihr zwei, sieht aus als hätte Lara Spaß 😊 richtig niedliches Foto! Knuddel sie doch einmal von mir.

Gerade als ich das Handy weglegen will erhalte ich wieder eine Nachricht: Knuddeln wurde mit einem verstörten Quietschen kommentiert 😉

Lachend lege ich mein Handy beiseite und widme mich wieder dem Fernseher, wo gerade eine Folge Game of Thrones über den Bildschirm flimmert.

Während die anderen ihren freien Nachmittag an einem nahegelegenen See verbringen, entschließe ich mich noch einmal eine Einheit im Kraftraum einzulegen, denn meinen Trainingsrückstand muss ich irgendwie wieder ausgleichen. Zu Beginn gehe ich zunächst auf das Laufband, um ein wenig warm zu werden. Schon nach kurzer Zeit merke ich, dass mir langsam die Puste ausgeht, aber das ist noch lange kein Grund aufzuhören. Auch die Kraftübungen fallen mir ungewohnt schwer. Gerade als ich das Fitnessstudio verlassen will, betritt unser Mannschaftsarzt Dr. Renner, den wir alle nur Doc nennen, den Raum. „Ah Markus, hier bist du" meint er mit einem ernsten Blick. „Was gibts Doc?" frage ich und nehme einen Schluck aus meiner Wasserflasche. „Du musst die Ruhezeiten einhalten! Du kannst nicht den ganzen Tag trainieren, sondern auch ruhen. Vor allem DU!" er schaut mich eindringlich an und seine Stimme klingt fast bedrohlich. „Ich habe wirklich keine Schmerzen mehr, mein Oberschenkel funktioniert wieder optimal!" – „Das meine ich nicht Markus! Es geht um die Knochenmarkspende. Du musst genügend Pausen machen. Eine solche OP schwächt den Körper enorm und das ist auch noch Wochen später zu spüren! Wenn du dich ausgelaugt fühlst, dann hör auf deinen Körper und gib ihm die Pause, sonst machst du mehr kaputt als das Training nützt" spricht er, doch das Wort Pause ignoriere ich, denn von nichts kommt nichts und ich weiß, was ich mir zumuten kann.