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*William*

Das Klopfen an meiner Wohnungstür weckte mich, meine Augen taten weh da ich mal wieder ziemlich viel geweint hatte. Ich witterte Tamy's Geruch also ging ich zur Tür und ließ sie rein. „Morgen, du Wuschelkopf." begrüßte sie mich lächelnd und lief an mir vorbei, sie legte eine Papiertüte auf meinen Tisch. „Frühstück ist da, hast du was für unseren Chef? Er wartet drauf dass du ihm deinen Bericht vorbei bringst." erklärte sie, ich schüttelte den Kopf „Ich arbeite dran..." „Wie lange willst du dich eigentlich noch hier zurück ziehen? Ja er ist weg, vielleicht habt ihr euch geliebt, aber du hast auch eine Zukunft! Die Zwillinge sind auf einem Elite College für übernatürliche Wesen, Felix..." ich unterbrach sie „Sprich nicht von ihm..." sie beachtete mich nicht und fuhr fort „Felix ist auch auf einem guten College, meine Schwestern und ich tauchen täglich im Büro auf, Jack startet durch mit seiner Karriere und du sitzt seit zwei Monaten hier, lässt dich nie blicken, weder auf der Arbeit noch bei den Rudeltreffen. Du arbeitest von zu Hause aus und verlässt die Wohnung nicht, ich muss deine Berichte immer weg bringen und unser Chef ist kurz davor dich zu feuern!" versuchte sie erneut mich aus meiner Wohnung zu scheuchen. „Alles hier, in dieser verdammten Stadt erinnert mich an ihn, er war was besonderes, er war der erste und einzige Mann den ich mochte. Und wenn auch nur ein kleiner Hauch eines ähnlichen Geruchs in meiner Nähe ist dann kommen all diese Bilder. Und wenn mich irgendjemand aus seiner Familie sieht dann bin ich tot, ich bin verdammt nochmal Schuld daran dass er weg ist und es zerbricht mich fast so wie der Verlust von Talia! Wir haben uns nicht einfach nur geliebt, er war mir wichtig! Er ist das erste Wesen was mir in so kurzer Zeit so wichtig geworden war!" es sammelten sich erneut Tränen in meinen Augen. Wieder sah ich all diese Bilder, all die Erinnerungen die ich an Harry hatte, sowohl die guten als auch die schlechten, es waren jedenfalls viele, sehr viele. Ich konnte mich daran erinnern als wäre es gerade erst geschehen, Tamara nahm mich in den Arm. „Ich weiß was er dir bedeutet hat, er hat sich um dich gekümmert als du ihn so gehasst hast, er war mit dir bei Talia's Grab, er war bei dir, er hat dir vertraut und du ihm. Ich verstehe ja dass du ihn vermisst, aber dein Leben geht weiter!" „Ich vermisse ihn nicht nur, ich bin Schuld dass er gegangen ist!" „Nein, nein William das bist du nicht, es war sein teuflischer Bruder. Jason hatte zu viel Einfluss auf ihn, also hör auf die Schuld auf dich zu schieben, du bist unschuldig!" sie zog mich fest an sich, gequält schloss ich meine Augen und ließ die Tränen, lautlos, laufen. „Ich bin für dich da Will, wann immer du mich brauchst aber jetzt muss ich zur Arbeit und Mr Blake erklären dass du noch an deinem nächsten Bericht arbeitest. Okay? Ich komm nach her mit irgendwas zum Abendessen vorbei." ich nickte und wir lösten uns von einander. „Vielleicht frühstückst du jetzt, richtest dich ein bisschen her und arbeitest dann noch ein wenig." schlug sie vor und wuschelte durch meine verstrubbelten Haare wie ich es bei Harry manchmal getan hatte. Ich nickte, wischte die Tränen weg und beobachtete wie sie meine Wohnung wieder verließ und dann machte ich was sie sagte. Ich fing an zu frühstücken und ging dann duschen. Als ich fertig vor meinem Spiegel stand und mich um meine Haare kümmerte schwiff mein Blick durchs Badezimmer, wieder kamen Erinnerungen hoch, wieder fühlte ich diese Schuld. Ich schlug erst gegen die Wand und dann gegen den Spiegel, ich konnte mich selbst nicht mehr ansehen. Als nächstes riss ich die Lichterketten von den Schränken, dem Fensterrahmen und ich schmiss die Kerzen in den Glasbehältern auf den Boden, denn all das erinnerte mich an Harry. Es wurde wieder schlimmer und bevor ich meine Wohnung in Kleinteile zerlegte rannte ich aus der Wohnung und in Richtung Wald. Jaulend sprang ich in die Luft und verwandelte mich, ich rannte über den, mit Laub bedeckten, Waldboden und es wirbelte unter meiner Geschwindigkeit kurz auf. Ich rannte zu dem Hügel bei dem ich das erste Mal gegen Jason gekämpft hatte als Harry ihn abgelenkt und mich dadurch gerettet hatte, ich sprang drüber und lief weiter. Ich sprang mit einem kräftigen Sprung über den Fluss zu dem Jason uns gelockt hatte. Weiter rannte ich zum Friedhof, an den Harry mich begleitet hatte, ich rannte daran vorbei, zurück zum Fluss. Ich sprang mit einem Satz auf den Felsen und setzte mich dort hin. Ich begann zu heulen, ich rief nach Harry auch wenn ich wusste dass er mir aus zwei Gründen nicht antworten würde. 1. Er hasste mich dafür dass ich um jeden Preis seinen Bruder umbringen wollte, 2. Er war sicherlich hunderte von Kilometern weit weg. Trotzdem heulte ich so laut ich konnte, ich ließ all die Wut und Trauer und den Selbsthass raus. Jeder Wolf im Umkreis von 30 Kilometern konnte mich mit ziemlicher Sicherheit hören, selbst jeder Mensch in den nächsten Städten konnte mich hören so laut heulte ich. Nach zwei Monaten ließ ich einfach alles raus, es tat unglaublich gut sich wieder frei zu fühlen. Es hatte sich diese ganzen verdammten acht Wochen so angefühlt als würde mich ein Schatten verfolgen und mich erdrücken wenn ich alleine bin. Der Moment meiner Freiheit wurde unterbrochen als mich etwas vom Felsen schubste und mich knurrend auf den Boden drückte. Erst dachte ich es sei Jack da der Geruch so vertraut war, ich dachte er wäre sauer weil ich so laut gerufen hatte und mich jeder hätte sehen können. Es war jedoch nicht Jack, was ich erst sah als der Wolf von mir runter ging. Ich legte den Kopf schief, er verwandelte sich zurück, ich musterte ihn noch verwirrter, er kam mir bekannt vor doch ich kannte ihn nicht, vielleicht jemanden aus seiner Familie!? „Spinnst du? Was wenn dich ein Mensch sieht? Wer ist dein Alpha dass er dir das erlaubt?" giftete er mich an, ich verwandelte mich auch. „Ich pass schon auf! Wer zur Hölle bist du dass du es wagst mich im Revier meines Rudels anzugreifen?" „Ich b- Ich habe dich nicht angegriffen!" „Du hast mich vom Felsen gestoßen und angeknurrt!" erklärte ich ihm. „Sollte kein Angriff sein, ich wollte nur dass du aufhörst!" ich knurrte nur als Antwort. „Jetzt sag mir wer du bist!" forderte ich ihn erneut auf und musterte ihn feindselig. „Ethan Blake. Wer bist du und zu wessen Rudel gehörst du?" „Blake!?" fragte ich verwundert „Du kennst meinen Vater, stimmt's?" ich nickte ungläubig „Dann bist du der Kerl der zwar gut in seinem Job ist, aber zu spät abgibt und seit Monaten nicht im Büro war!?" wieder nickte ich. „Wie war dein Name? Willso-„ ich unterbrach ihn „Nein! Sag das nicht, ich heiße William!" stellte ich klar dass er meinen Namen ja nicht verwechseln sollte. „Stimmt, Tam redet oft von dir..." „Tam?" „Tamara." stellte er klar, ungewöhnlicher Spitzname „Du solltest sie in ihrer Anwesenheit lieber nicht so nennen, vielleicht lieber Tamy." erklärte ich ihm wie sehr sie es hasste. Er nickte dankbar „Dann gehörst du auch zu Jack's Rudel?!" stellte er fest, ich nickte. „Du hast jemanden verloren der dir wichtig war oder? Deswegen bist du hier." wieder nickte ich nur „Ich hab ihn nicht wirklich verloren, ich bin Schuld dass er gegangen ist..." diesmal nickte er. „Naja, ich dachte nur... weil du vorhin am Friedhof vorbei gelaufen bist." erklärte er seine Vermutung „Dort liegt meine Schwester begraben und der Mann den ich so vermisse war mit mir dort, ich war vorher nur einmal, bei ihrer Beerdigung dort." „Du- warte... ein Mann den du so sehr vermisst dass es dir egal ist dass dich jemand sehen könnte...? Du hast ihn geliebt..." überlegte er laut, ich kaute nervös auf meiner Unterlippe und nickte langsam. „Sei nich so nervös!" lächelte er „Ich steh auch eher auf Kerle..." gestand er mir grinsend. Verwirrt über diese Offenheit zwischen uns, obwohl wir uns nicht kannten, musterte ich ihn nochmal. Er hatte die Augen seines Vaters, furchteinflößend, auch seine Art hatte er scheinbar von ihm, er schien selbstbewusst und machtvoll. „Du bist ein Alpha, wie dein Vater, stimmt's?" fragte ich mit schiefgelegtem Kopf „Ja, gibt ziemlich viel Stress Zuhause deswegen und darum bin ich auf dem Friedhof gewesen." er lachte. „Was hälst du davon mal wieder zur Arbeit zu gehen? Mein Vater ist kurz davor dich zu feuern." „Ich weiß, hat mir Tamy auch schon erzählt, aber ich brauch noch ein bisschen Zeit..." murmelte ich und sah auf den Boden. „Das ist mir schon aufgefallen." ich sah zu ihm auf, Ethan zeigte auf meine immer noch blutige Hand. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. „Es hilft nicht besonders viel alles zu zerschlagen was dich an ihn erinnert und Spiegel zu zerschlagen ist auch nicht schlau." „Ich weiß, da ist einfach nur dieses Schuldgefühl..." „Dann finde jemanden der dir genauso viel bedeutet wie er es hat!" schlug er lächelnd vor. „Is nur nich so leicht wenn ich auf nichts Lust hab..." „Na gut, ich verstehe es... was wenn wir demnächst mal zusammen in einen Club gehen und du dir ein paar Menschen anschaust." ich begann zu lächeln „Danke... und sehr gerne." „Gut, wie wär's direkt mit heute Abend?" ich nickte nachdenklich „Na gut... dann heute Abend, wo?" „Warst du schon Mal im 'California's'?" „Da haben wir seinen Geburtstag gefeiert..." „Oh... dann woanders besser?" ich nickte, wir machten also noch was aus und dann musste Ethan gehen, er verabschiedete sich, verwandelte sich schüttelte sein helles Fell nochmal zum Abschied und lief davon. Ich sah ihm noch kurz hinterher und verschwand dann, in meiner Wolfsgestalt, in die andere Richtung nach Hause wo ich mich wieder auf mein Bett schmiss nachdem ich meine Hände abgewaschen hatte. Zum ersten Mal seit Wochen dachte ich nicht an Harry sondern ehrlich gesagt an Ethan. Er war zwar erst ein wenig grob als er mich vom Felsen gestoßen hatte, aber dann war er total nett. Irgendwie freute ich mich auf die Ablenkung nachher.

Mittlerweile stand ich in Jeans und schwarzem T-Shirt vor dem Club und betrachtete die leuchtende, rote, geschwungene Schrift über dem Eingang. Eine Hand auf meiner Schulter holte mich aus meinen Gedanken „Hey William." begrüßte Ethan mich grinsend. „Hi, weißt du was mir grade aufgefallen ist?" er sah mich fragend an während wir rein gingen. „Irgendwie ist es ironisch dass zwei Wölfe in einen Club mit dem Namen 'Foxes' gehen. Also, weil Füchse und Wölfe sich ja nich wirklich gut verstehen." meinte ich, er schüttelte lächelnd den Kopf „An was denkst du nur?" fragte er und ging direkt auf die Bar zu. Ich folgte ihm, wir fingen an zu trinken, redeten viel und beobachteten all die Menschen um uns.

„Der Kerl dahinten, der so nach Kokos riecht, der starrt dich ziemlich an..." meinte Ethan nach einiger Zeit, ich suchte den Geruch und sah ihn dann auch. Er sah direkt weg als ich ihn kurz musterte „Nich mein Typ... ich hab das Gefühl Harry war der einzige Kerl für den ich mich interessiert hab, ich glaube ich sollte mich lieber an Frauen halten..." murmelte ich so dass es nur ein Gestaltenwandler hören könnte, Ethan nickte langsam als Zeichen dass er es verstand. „Aber du kannst ja mal zu ihm gehen, ihn ansprechen." schlug ich ihm vor, er schüttelte den Kopf „Ich hasse so viele Tattoos, wären es weniger, vielleicht, außerdem finde ich es doof dass die Menschen immer blaue Flecken bekommen, ich halte mich eher an übernatürliche Wesen. Wie zum Beispiel den Werwolf, der grade rein gekommen ist..." er blickte zum Eingang und zu seinem Glück kam der Mann direkt auf uns zu, also eher gesagt zur Bar. Er stellte sich neben Ethan um etwas zu bestellen, mein neuer Kumpel sah mich fragend an. Ich zwinkerte ihm zu, sprach ein wortloses „Schnapp ihn dir!" und stand dann grinsend auf. Ich sah noch wie Ethan sich umdrehte und hörte ihn ein „Hey, ich bin Ethan." sagen, dann verließ ich den stickigen Raum und ging nach draußen. Ich atmete einmal tief durch und trank dann noch einen Schluck meines alkoholischen Getränks dass ich mit nach draußen genommen hatte. „Hi Hübscher." hörte ich eine weibliche Stimme neben mir, ich sah sie an, sie war hübsch, braune Locken und grünliche Augen, ihre Lippen waren mit knallrotem Lippenstift überzogen. „Hi Hübsche." antwortete ich schließlich grinsend, sie lächelte. Wir unterhielten uns ein Weilchen, bis sie mich wieder mit nach drinnen nahm. Kurz hielt ich nach Ethan Ausschau und er hatte es tatsächlich geschafft den heißen Werwolf um den Finger zu wickeln. Die beiden saßen in einer Ecke und waren sich verdächtig nahe, zudem lag seine Hand auf dem Bein des Fremden und es schien ihn nicht zu stören. „Ethan!" flüsterte ich, er sah mich kurz an um zu zeigen dass er mich hörte. „Ich verschwinde, sie ist... siehst du ja..." fuhr ich leise fort und folgte ihr weiter, Ethan nickte und konzentrierte sich wieder auf seine neue Bekanntschaft.

Wolves (2) - Hunted by shadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt