Kapitel 25 Joy

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25. Es tut weh. Es tut echt weh, dass er das gesagt hat, aber vielleicht muss es so sein. Vielleicht finde ich so heraus, ob ich Diego wirklich liebe. Ich habe einen Arschtritt gebraucht, um zu wissen was ich will. Jetzt habe ich einen Arschtritt von Diego und Jackson bekommen, denn so kann es nicht weiter gehen. Ty hatte Recht, ich darf die Menschen um mich herum nicht so behandeln wie ich es will, denn ich will selbst auch nicht so behandelt werden. Aber trotzdem, kann man in zwei Jungs verliebt sein? Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich Diego wirklich Liebe. Wir hatten uns von Anfang an geschworen, dass wir uns nicht ineinander verlieben werden, trotzdem war uns irgendwo ganz tief drin bewusst gewesen, dass es früher oder später passiert, auch wenn wir es nicht wahr haben wollen. So etwas geht nie gut. Es kann einfach nicht gut gehen, dazu ist es zu riskant. Man kann einfach keinen Sex ohne Gefühle haben, das hätte uns klar sein müssen. Aber ich weiß nicht, Liebe ich ihn? Ich hatte immer Angst mich richtig zu verlieben. Immer hat man Angst, dass man verletzt wird. Aber gehört das nicht zum verliebt sein dazu? Man muss mit Eifersucht leben können und auch damit ein schlechtes Gewissen zu haben, falls etwas schief gelaufen ist. Ich habe so viele Menschen in meinem Leben verletzt, also muss ich ebenfalls damit rechnen verletzt zu werden. Ich gehe einfach zu Diego, wenn es im Bauch kribbelt bin ich verliebt, richtig? Dann werde ich es einfach ausprobieren, wenn es kribbelt Liebe ich ihn wirklich und wenn nicht, dann war es scheiße gelaufen. Was anderes kann ich dazu nicht sagen. Wieso ist Jackson auch aufgetaucht? Bevor er wieder kam, war ich mir ziemlich sicher, dass ich mich in Diego verliebt habe. Durch Jackson sind meine Gefühle total durcheinander geraten. Ich habe an die schöne Zeit damals gedacht, wie es war, mit ihm zusammen zu sein. Es ist so schön gewesen, wahrscheinlich habe ich einfach nur gedacht dass ich in ihn verliebt bin, weil es damals so schön war und ich so etwas noch einmal erleben möchte. Aber mit Diego, da werde ich mir so langsam immer sicherer. Was für ein Beziehungstyp Diego wohl ist? Ich selbst bin nicht so anhänglich, zum Beispiel wie Ilka und Eren. Die hängen dauernd zusammen, halten Händchen und kuscheln. So bin ich nicht. Zwar halte ich auch mal Händchen, aber ich bin nicht so, dass ich mein ganzes Persönliches Leben nur nach meinem Partner gestalte. Ich bin eher unabhängig, kuscheln tue ich nicht, wenn, dann gleich richtig. Aber das könnte sich auch ändern. Jedenfalls muss ich jetzt zu Diego, falls er mich überhaupt noch will. Ich war so scheiße zu ihm. Überhaupt, ich war zu allen Leuten Scheiße. Zu Diego, zu Keisha, zu Kay und zu Ilka und Eren. Ilka ist meine Schwester, ich weiß, dass Geschwister sich ärgern ist normal, aber so wie bei uns ist es definitiv nicht normal. Endlich denke ich mal darüber nach. Warum sind Ilka und ich eigentlich so fies zu einander? Es gibt doch gar keinen bestimmten Grund. Aber warum denke gerade ich darüber nach? Normalerweise ist sie ja diejenige, die sich über solche Sachen Gedanken macht und auch immer ein schlechtes Gewissen bekommt. Doch jetzt bin ich es anscheinend. Was ist mit mir los? Früher war ich total eingebildet und zickig, habe nur an mich selbst gedacht und andere verletzt. Und jetzt? Jetzt mach ich mir hier voll die Gedanken darüber wie scheiße ich war, obwohl mich das nie interessiert hat. Wieso verändere ich mich so? Ich weiß es nicht, aber eins ist sicher. Der Gedanke unserer Eltern uns hier her zu schicken, damit wir mal über unser Verhalten Nachdenken, ist definitiv berechtigt und gelungen.


Ich bin kurz davor an Diegos Zimmertür zu klopfen, doch ich zögere. Soll ich wirklich klopfen? Was ist wenn er wirklich genug von mir hat? Genug von meinen ganzen Spielchen? Aber ich muss einfach gucken, ob es in meinem Bauch kribbelt, wenn ich ihn sehe. Und ich muss wissen, ob er auch noch was von mir will, wahrscheinlich nicht, aber ich riskiere es jetzt einfach. Zaghaft klopfe ich an die Tür. „Was?" fragt Styles und sperrt die Tür auf. Er sieht mich, guckt zurück ins Zimmer und stellt sich so hin, dass ich nicht ins Zimmer gucken kann. „Ist Diego da?" frage ich, obwohl ich eigentlich genau weiß das er da ist, sonst würde Styles die Tür nicht versperren. „Nein." Antwortet er und ich lege den Kopf schief und sehe ihn misstrauisch an. „Styles... Ich weiß das er da ist." Brumme ich und er kommt mir einen Schritt entgegen, dann schließt er die Tür hinter sich. „Jetzt hör mal zu Joy, ich soll dir das zwar nicht sagen, aber Diego ist richtig fertig wegen dir. Ich habe das noch nie bei ihm erlebt, normalerweise ist er derjenige, der die Mädchen verletzt. Du verletzt ihn einfach richtig krass, dieser Kerl liebt dich!" redet er auf mich ein und ich nicke. „Ich weiß, deswegen will ich ja zu ihm." Murmele ich und sehe betreten auf meine Füße. Ich habe einfach so viel Scheiße gebaut, viel zu viel. „Da wirst du kein Glück haben." Meint Styles und geht einfach. Ich atme tief durch, klopfe an die Zimmertür und trete ein. „Hab ich gesagt dass du reinkommen kannst?" fährt Diego mich an und kommt wütend auf mich zu. „Sorry... ich dachte nur..." beginne ich und mein Herz fängt an zu rasen, aber er unterbricht mich: „Denk am besten nicht, geh einfach." Meint er und schiebt mich aus dem Zimmer. „Diego! Jetzt lass mich doch mal ausreden." Rufe ich doch er sagt knallhart: „Geh zu Jackson, ich will dich nicht mehr." Aber das glaube ich nicht, sonst würde er sich nicht so aufregen. „Ich will nichts von Jackson, sondern von dir!" rufe ich doch er brummt: „Verarschen kann ich mich selbst." Dann schlägt er mir die Türe vor der Nase zu. Das hat ja super geklappt.


Ich stehe in meinem Zimmer und sehe mich um. Ich wollte mit Keisha reden, aber sie ist wiedermal nicht da. Wo ist sie, wenn man sie braucht? Ich sehe mich um und mein Blick fällt auf mein kleines Taschenmesser, das auf meinem Schreibtisch liegt. Es wäre so einfach... mein ganzes mieses Scheißleben wäre vorbei. Ich müsste mir keine Sorgen mehr um Leon machen und ich hätte keinen Liebeskummer mehr. Aber mich gleich umbringen? Vorsichtig nehme ich das Messer in die Hand und öffne es. Dann drehe ich es prüfend in meiner Hand hin und her. Es wäre wirklich nur ein Stich. Kann man sich mit einem Taschenmesser überhaupt umbringen? Es ist ein sehr scharfes Messer. Es würde nur kurz wehtun und mehr würde ich nicht merken. Aber ich kann das meiner Familie nicht antun, sie werden Leon schon verlieren, mich nicht auch noch. Doch irgendwie sehne ich mich nach Schmerzen. Schmerzen die meinen Herzschmerz übertrumpfen. Ich schiebe den Ärmel meines Pullovers langsam nach oben, dann setze ich vorsichtig und zaghaft die Klinge an. Soll ich es wirklich tun? Ich kann nicht anfangen mich selbst zu verletzen, ich werde es dann immer weiter tun und irgendwann daran zerbrechen. Doch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, schneidet die feine scharfe Klinge auch schon in meine Hand ein. Es tut im ersten Moment höllisch weh, doch dann läuft das warme Blut über meine Handgelenke und es fühlt sich unglaublich gut an.


Ich versuche das Blut weg zu wischen und irgendwann habe ich schließlich die Blutung gestillt. Es hat eine Ewigkeit gedauert, aber es hat gut getan. Aber ich muss jetzt nochmal zu Diego. Es kann nicht sein, das wir im Streit auseinander gehen, und das obwohl wir noch nicht mal zusammen waren. Aber ich will ihm wenigstens klar machen, dass ich in ihn verliebt bin. Ich bin mir jetzt sicher dass ich ihn liebe, sonst wäre ich vorhin nicht so durch den Wind gewesen. Das werde ich ihm jetzt beweisen.


Als ich an seine Tür klopfe, ist diesmal wirklich niemand da. So viel dazu, dass ich ihm meine Liebe gestehen will. Vielleicht ist er in der Aula unten. Ich laufe die Treppen runter und unten an der Haupttreppe, sehe ich ihn im Foyer stehen, wo ein paar Leute Tischkicker spielen, andere Billiard oder sie lesen. Es ist rappelvoll. Jetzt weiß ich auch, wie ich ihm beweise dass ich ihn liebe. „Diego." Rufe ich und er dreht sich sofort um. „Was willst du? Verpiss dich!" schreit er und alle gucken uns an. „Verdammt Diego." Meine ich und laufe die letzten Treppenstufen runter. „Was will du eigentlich als von mir? Stalkst du mich oder was?" fragt er, doch seine Augen fangen an zu glänzen als ich direkt vor ihm stehe. „Scheiße Diego Mann! Kapierst du es nicht? Ich liebe dich!" brülle ich und küsse ihn. Sofort schlingt er seine Arme um meine Taillie und zieht mich an sich. Es hat geklappt, ein Glück. Jetzt hab ich es ihm bewiesen, endlich und alle Wissen es. Jetzt weiß er auch dass ich es Ernst meine. Um uns herum fangen die Leute an zu klatschen und ich grinse in den Kuss hinein, während Diego an meiner Unterlippe knabbert. Ich öffne meinen Mund und seine Zunge fängt an mit meiner zu Kämpfen. Endlich ist es so weit. Endlich gehört er mir, zu mir.

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