Abends

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Karma:
Ich ducke mich, als ich am Fenster der Wohnstube vorbei husche. Ich schleiche durch den Garten zu dem kleinen Schuppen in dem ich meine Sachen verstaut habe. Ich ziehe meine Schuluniform aus und schlüpfe in einen schwarzen Pullover und eine verwaschene Jeans. Dann stopfe ich die Schulsachen in meine Tasche und schmeiße mir diese über die Schulter. Mit schnelle Schritten verlasse ich unser Grundstück und mache mich auf den Weg in die Bibliothek. Dort werde ich bis diese schließt bleiben.

Die Bibliothekarin blickt auf als ich durch die Tür gehe und nickt mir kurz zu, dann wendet sie sich wieder ihrer Arbeit zu. Ich gehe die Treppe hinauf in die hinterste Ecke zu meinem Stammplatz. Auf dem Weg nehme ich mir ein Buch aus dem Regal welches mir einigermaßen Interessant erscheint. Ich setze mich an den kleinen Tisch und lege meine Tasche neben mir auf den Stuhl. Dann schlage ich das Buch auf und versuche mich auf den ersten Satz zu konzentrieren. "Taylor war 17 Jahre alt und lebte in California."
Ein typischer Satz für ein Buch. Ich lese den 2. Satz mindestens 3 mal bis ich seinen Inhalt verstanden habe. Meine Gedanken driften die ganze Zeit ab und es fällt mir schwer den Inhalt von Taylors leben zu folgen. Nach der 3. Seite gebe ich auf und lasse meinen Gedanken endlich freien Raum. Sie wirbeln wild durch meinen Kopf doch nach einiger Zeit erlangt ein Thema die Oberhand. Mein Gewicht. Oder besser gesagt mein elendig fetter Körper.

Asano:
Ich habe den ganzen Tag gelernt und bin Hundemüde, doch ich muss noch in die Stadt und ein paar Besorgungen machen. Es ist zwar schon recht spät aber morgen fallen die ersten beiden Stunden aus. Also mache ich mich im Dunkeln auf den Weg zur S-Bahn Haltestelle. Ich hasse Bahnhöfe im Dunkeln. Entweder rempeln dich irgendwelche besoffen Menschen an oder eine Gruppe halb großer Teenager ruft dir irgendwas dummes nach. Jedesmal das gleiche.
Auch heute lungern ein paar düstere Gestalten am Bahnhof herum. Ich lasse sie nicht aus den Augen bis der Zug einfährt. Dann Steige ich ein und setze mich auf einen freien Platz. Um diese Uhrzeit fahren nicht mehr viele Leute mit der Bahn und so ist es relativ leer in meinem Wagon. Nur ein paar Plätze weiter sitzen zwei Mädchen und wieder etwas weiter ein altes Ehepaar.
Ich fahre ein paar Stationen und steige dann aus. Der Bahnhof hier ist viel belebter und größer. Die Menschen drängen sich an den Treppen und ich fühle mich in den Massen sehr unwohl. Ich beginne auf meinen Nägeln herum zu kauen um mich von den vielen Menschen abzulenken. Auf der Treppe stoßen mich mehrere Leute an und ich habe das Gefühl immer kleiner zu werden. Oben angekommen laufe ich mit schnellen Schritten durch die Bahnhofshalle nach draußen. Ich gehe die Straße hinunter und über einen großen Platz. Dann stehe ich vor dem Einkaufszentrum. Ich atme tief durch und gehe dann durch die Tür.
Warme Luft schlägt mir entgegen. Ein Baby schreit. Leute laufen in die Läden und verlassen sie wieder. Schnell Orientiere ich mich und steuer die Apotheke an um mir Schmerztabletten, Hustensaft und Hautcreme zu kaufen.
Beim hinausgehen wünscht mir die Verkäuferin einen schönen Tag und ich Murmel irgendwas zurück.
Ich kann einfach nicht gut mit fremden Menschen. Danach Kaufe ich mir eine neue Tasche, da meine alte letztens Kaputt gegangen ist und ein neues Computerspiel. Beim Optiker hole ich eine neue Brille ab, die mein Vater bestellt hatte. Zum Schluss kaufe ich beim Bäcker noch frisches Brot. Ich bin froh als ich das laute Einkaufszentrum verlassen kann. Normalerweise vermeide ich es her zu kommen, aber mein Vater wollte seine Brille umbedingt noch heute haben und hatte selber keine Zeit.

Zurück am Bahnhof muss ich feststellen, dass ich meinen Zug um wenige Minuten verpasst habe und der nächste ausfällt. Also muss ich noch eine halbe Stunde warten bis die nächste Bahn kommt. Ganz hinten am Gleis finde ich eine leere Bank. Aus meinem Rucksack hole ich meine Kopfhörer und mache mir Musik an. Dann beobachte ich meine Umgebung. Die Menschen die auf dem Bahnsteig auf und ab gehen. Ich frage mich warum sie hier sind. Die Mädchen mit den vielen Einkaustüten, die Älteren mit ihren grauen Haaren und gehstöcken und junge Erwachsene mit Augenringen. Warum leben all diese Menschen? Warum stehen sie an diesem Gleis um diese Uhrzeit? Was treibt sie dazu jeden Tag ihr Bett zu verlassen und ihren Tag zu überstehen? Für wen oder was tun sie all das?

Als mein Zug einfährt ist mein Kopf so voller fragen, dass ich das Gefühl habe gleich zu explodieren. Schwankend stehe ich auf und versuche meine Gedanken beiseite zu schieben. Im Zug setze ich mich in eine leere Sitzecke und mache die Musik in meinen Köpfhörern lauter. Die Bahn ist wie auf meiner hinfahrt ziemlich leer. Doch die roten Haare ein paar Reihen vor mir kommen mir bekannt vor. Kann das sein? Was sollte er um diese Uhrzeit noch hier draußen machen? Bestimmt habe ich mich verguckt.
Doch als ich aufstehe um etwas näher heran zu gehen sehe ich in der Spiegelung der Scheibe sein Gesicht. Ohne Zweifel, es ist Karma Akabane.

We all wear a mask (Boy×Boy) (nicht abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt