Kapitel 6

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-Grayson-
Warum bin ich eigentlich derjenige, der sich um Tom kümmern muss?

Ist ja nicht so als hätte ich was für die Schule zu tun.
Aber wehe meine Noten sind schlecht!
So ein schlechtes Image für unsere ach so tolle Familie!

Kein Bild für die Öffentlichkeit, kein Verhalten kann uns zu dem reparieren, was eine Familie eigentlich sein sollte.                                                                    

Eben noch wütend, jetzt tot traurig, stampfte ich durch unseren Garten und hoffte Tom hier irgendwo zu finden.

Der Junge war mir ja ein Rätsel.

Schon aus Gewohnheit und ohne nachzudenken war ich immer total unfreundlich zu unfair zu ihm, und er?

Er gibt freundlich seine Rückschläge, lacht einfach und streckt mir die Zunge raus! Wenn ein Mensch sich nicht provozieren ließ, dann Tom.
Und dafür bewunderte ich ihn...                                          

Schluss jetzt!!

Klingt ja schon fast so, als würde ich ihn mögen! Also eigentlich mochte ich ihn auch, aber ich durfte meine Deckung nicht aufgeben.

So wie ich ihn einschätzte würde er nicht aufgeben bis er wusste, warum ich das mache. Und darauf hatte ich absolut keine Lust. Und warum war dieser Kerl so muskulös??

Außerdem...

„WOOAAHHH!!"

Erschrocken schaute ich auf und konnte gerade noch dem Pferd ausweichen, das plötzlich um die Ecke gerannt kam als wäre der leibhaftige hinter ihm her.

Der Schrei kam von Tom, der komplett schief auf dem Rücken hing und sich verzweifelt in die Mähne des Pferdes krallte. Das Pferd war eins unserer von mir beschriebenen Ponys, die mehr drauf hatten, als man glaubt.

Um ehrlich zu sein, ich liebte diese Pferde.

Sie waren so frei und so zwanglos.

Ganz anders als unsere Zuchttiere, die ständig von Boxenwänden und Lederriemen eingeengt waren.                           

Schmunzelnd schaute ich Tom hinterher und hoffte aufrichtig, dass er heile wieder zurückkommen würde. Eigentlich hätte ich auch nicht gedacht, dass er mein Angebot ernst nehmen würde.

Zumal es auch mehr scherz als ernst gemeint war...

-Tom-
Okay. Puh!

Was hatte ich für einen Respekt vor dem, was ich mir antuen wollte.

Eine relativ große Stute war sofort zu mir gelaufen, als ich an den Weidezaun kam.                                               

Jetzt saß ich, nachdem ich sie von der Weide geführt hatte, auf dem Zaun und hielt sie an dem lockeren Halfter fest.

„Okay, dann versuchen wir mal, uns nicht den Hals zu brechen."

Vom Zaun aus schwang ich mich auf den Rücken der braunen Stute.

Ich war gefühlt noch halb in der Luft, als das Viech schon losrannte.

„WOOAAHHH!!"

Mit einem Aufschrei versuchte ich mich bestmöglich auf dem Rücken der wilden Stute zu halten, als plötzlich Grayson vor uns auftauchte.

Aber ehe ich mich versah, geriet er mit einem beherzten Seitensprung aus der Schusslinie.

Vom ersten Schock erholt schaffte ich es, mich ordentlich auf dem Pferderücken zu platzieren und war sehr dankbar für meine Muskeln, die es mir einfacher machten, meinen Körper zu kontrollieren.

Ich richtete mich auf und automatisch brachte ich meine Beine in eine Position, in der ich mit Druck meiner Waden und Oberschenkel das Pferd problemlos lenken konnte und generell saß ich komplett sicher.

Was auch immer ich früher gemacht hatte, geritten bin ich nicht zum ersten Mal.

Ich genoss den Wind, der durch meine Haare fuhr und an meinem T-Shirt zog, während die Landschaft nur so dahin flog.                                                                                                                          

Wie selbstverständlich verlagerte ich mein Gewicht nach hinten und sofort wurde die Stute langsamer, bis sie schließlich stehenblieb.

Erleichtert atmete ich einmal tief durch, tätschelte den Pferdehals, wendete den Vierbeiner gekonnt und begab mich gemütlich auf den Rückweg.

Ich wollte die Ruhe und das schöne Wetter genießen, weil ich nicht wusste was Grayson heute geplant hatte, um mich zu provozieren.

-Grayson-
„Was sollte das vorhin?"

Wie selbstverständlich schnauzte ich Tom an, der gerade das Haus betrat. Überrascht schaute er mich an. Obwohl sich alles in mir dagegen sträubte wieder die schlechte Laune raushängen zu lassen, blitze ich Tom scheinbar wütend an.

Der zuckte nur unschuldig mit den Schultern.

„Was war denn?"

Ich war noch nie froh darüber, dass es nicht klappte eine Person zu provozieren.
Aber Tom blieb immer ruhig und ich wollte auch gar nicht wissen wie es ist, seinen Zorn auf sich zu spüren.
Deswegen ging ich wortlos weg, bevor ich wieder eine unüberlegte, ungewollte Aussage raushaute.

-Tom-

Dieser Kerl wurde mir immer rätselhafter. Nach meiner Frage, was denn war, kam es mir so vor als würde er mit sich selber um die Reaktion darauf ringen.

Sollte er einfach die Klappe halten oder so reagieren wie immer?

Scheinbar hatte Ersteres gewonnen, denn er ging wortlos weg. Allerdings konnte ich in seinem Blick auch keine Spur mehr von Wut ausfindig machen.

Er wirkte einfach nachdenklich...                                                         

Beim Abendessen tat er so, als gäbe es für ihn nichts interressanteres als Salat Und Kartoffelpüree, worin er ohne Pause herumstocherte.

Auch für den Rest des Abends ignorierte er mich komplett.
Aber es störte mich nicht, denn ich verfiel meinen Gedanken.

Ich war schon fast einen ganzen Monat hier...









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