-Tom-
Ich schreckte hoch und fasste mir sofort an den Kopf, als sich alles anfing zu drehen.„Verzeihen Sie, dass ich Sie so unsanft geweckt habe."
Verwirrt drehte ich mich zu der Stimme um, die sich als ältere Frau in, scheinbar, Dienstkleidung entpuppte.
Sie trug ein knielanges, schwarzes Kleid mit einer weißen Spitzenschürze an der Hüfte.
Dazu waren ihre gräulichen Haare zu einem strammen Knoten zusammengebunden.Natürlich durften auch die schwarzen, gemusterten Strümpfe und schwarze Schuhe, gefühlt aus dem Mittelalter, nicht fehlen.
„Mrs. Sandringham hat beauftragt, Ihnen ein Frühstück zu bringen."
Ich konnte die Frau nur mit gehobener Augenbraue kritisch anschauen.
Ich mochte sie nicht.
Die monotone Stimme und der emotionslose Gesichtsausdruck waren mir einfach unsympathisch.
Aber als mein Blick auf den kleinen fahrenden Tisch, oder was das war, fiel, auf dem frische Brötchen, Marmelade, Eier, Orangensaft und viele andere himmlisch aussehende Sachen zu finden waren, verschluckte ich mich erstmal an meiner eigenen Spucke, die sich plötzlich vervielfachte, und mein Magen begann wie auf Knopfdruck zu knurren.
„Wenn Sie noch etwas benötigen, bitte ich Sie, bei uns eine Bestellung aufzugeben."
Klar, ich rede freiwillig mit Furien.
Jedenfalls drehte sie sich damit um und verließ endlich das Zimmer.
„D-danke...", sagte ich noch, bevor sie ganz verschwunden war.
Ihre kalte, irgendwie gleichgültige Art sorgte dafür, dass mich die Erinnerung an die Tatsache, dass ich mich an nichts erinnern konnte, regelrecht überrumpelte.
Mein Kopf begann erneut zu pochen und frustriert schmiss ich mich nach hinten in die Kissen, was ich sofort bereute; bei meiner Tollpatschigkeit, wie kann es anders sein, verfehlte ich natürlich die Kissen und donnerte gegen die Bettlehne.
Diese war zwar, zu meinem Glück, weich gepolstert, aber es reichte durchaus aus um mein Gehirn nochmal ordentlich durchzuschütteln.
Moment...meine Tollpatschigkeit?
Warum weiß ich, dass ich tollpatschig bin?
Vollkommen hilflos und den Tränen nahe packte ich mir an den Kopf und das leise Stöhnen wandelte sich in einen verzweifelten Schrei.
Von plötzlicher Wut befallen versuchte ich, mich zu zwingen, die Erinnerung zurückzuholen, während mir die Tränen nun unaufhaltsam über die Wangen liefen.
Das konnte doch nicht sein.
Es konnte doch nicht wahr sein, dass meine Erinnerungen alle weg waren!
Weg, soviel wie fort, ade oder futsch!
Alles weg!
Energisch griff ich nach der Karte, die auf dem Nachttisch lag.
Ich versuchte die Tränen wegzublinzeln um das Foto betrachten zu können.
Doch das machte mich nur noch wütender.
Tom Burke Geb.: 27.04.2002
Diese Informationen konnte ich lesen, die anderen Worte waren so zerkratzt, dass ich sie unmöglich entziffern konnte.Zweitausendzwei geboren.
Naja, immerhin kann ich ausrechnen, wie alt ich bin.
Doch schnell wurde mir bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, welches Jahr es war.
Ich wurde zunehmend aggressiv, mein Gesicht schmerzte vor Anspannung und neue Tränen bahnten sich den Weg aus meinen brennenden Augen.
Ich hatte das große Verlangen danach, etwas zu zerstören und drückte die Karte fest in meinen Händen.
Dann schmiss ich sie quer durch den Raum bevor ich das Einzige, war mir zeigte wer ich war, wirklich noch kaputt machte.
Schwer und laut atmend saß ich im Bett und versuchte, nicht komplett auszurasten.
Doch plötzlich überkam mich Ruhe.
Mein Puls beruhigte sich, während ich nachdachte.
Es brachte doch nichts, auszurasten und sich selbst zu bemitleiden.
Ich musste lernen, damit klar zu kommen.
Ich musste herausfinden, wo ich herkam und versuchen, meine Erinnerung wiederzubekommen.
Das würde nicht funktionieren, wenn ich weiterhin nur hier wütete und heulte.
Das wurde mir bewusst und Entschlossenheit machte sich in mir breit.
„Auf in den Kamp", murmelte ich zu mir selbst, musste mich aber sofort räuspern, um meine belegten Stimmbänder frei zu machen, und trank einen Schluck Orangensaft.
Ich genoss das Gefühl der Flüssigkeit, die angenehm frisch durch meinen Hals floss.
Dann, mit neuem Mut, begab ich mich an das Frühstück.