Kapitel 20 Das Schiff

47 9 0
                                    



Vance besah sich das Schiff, das in einiger Entfernung zur Windrufer trieb, durch ein Fernrohr. Eden konnte selber nicht viel erkennen. Es war ein Dreimaster, von vielleicht hundert Schritten Länge.

„Was immer die Geladen haben", meinte Vance neben ihr.

„Der Kahn liegt ziemlich tief im Wasser."

Mit diesen Worten klappte der Kapitän das Fernrohr zusammen und wandte sich an die Crew, die ebenso begierig wie die Gejarn war, die Entscheidung ihres Anführers zu hören. Wenn auch aus anderen Gründen als Eden. Sie hatte Zachary wohlweißlich unter Deck geschickt. Was immer gleich folgen würde, er musste das nicht mitbekommen.

„Männer, das Schiff holen wir uns", rief Vance.

„Bringt mir die Windrufer näher ran."

Die Mannschaft machte sich sofort an die Arbeit. Der Steuermann warf das Ruder herum und das ganze Schiff ächzte einen Moment, während es seinen Kurs änderte. Eden musste sich an der Reling festhalten, ließ das fremde Schiff aber trotzdem nicht aus den Augen. Sie merkte kaum, wie Vance zu ihr trat.

„Und Ihr Eden?", wollte er wissen.

„Jetzt könnt Ihr zeigen, wo Eure Loyalität liegt."

Die Gejarn schloss einen Moment die Augen. Das war genau die Situation, die sie gefürchtet hatte.

„Ihr werdet sie töten...."

Vance lachte.

„Was denkt Ihr denn? Natürlich. Also was jetzt?" Der Kapitän zog den Säbel und eine Pistole und hielt ihr die Waffen hin.

Sie zögerte einen Moment... dann nahm sie die Waffen an sich.

„Also gut..." hatte sie eine Wahl? Keine Große zumindest. Den Zorn des Kapitäns auf sich zu ziehen vielleicht... aber das würde nichts ändern. Vance würde sich nicht durch Worte davon abbringen lassen, das Schiff zu überfallen.

Bevor sie noch lange darüber nachdenken konnte, zerriss das Donnern der Geschütze die Stille. Die Planken unter ihren Füßen zitterten, als die Welt vor ihnen in Pulverdampf verschwand. Der Geruch von Schwefel stieg ihr in die Nase. Edens Hand klammerte sich um den Schwertgriff.

Das fremde Schiff war jetzt praktisch schon zum greifen nahe. Die Salve aus den Geschützen der Windrufer, hatte das Deck teilweise zersplittert und einer der Segelmasten hing halb zersplittert auf die Planken herab. Eden konnte eine Handvoll Menschen erkennen, die aufgeregt hin und her liefen.

Ein paar trugen rostrote Uniformen und waren mit Musketen bewaffnet. Mietschwerter, Söldner, die in der kaiserlichen Garde dienten. Die offiziellen Berufssoldaten trugen anders gefärbte Kleidung, über grün und Gold, bis hin zum blau der Leibgarde des Kaisers. Aber das war kein Militärschiff... was also bewachten die da? fragte sich Eden. Mittlerweile hatte die Windrufer endgültig zu dem Transportschiff aufgeschlossen. Holzsplitter wurden aufgewirbelt, als die Schiffsrümpfe sich ineinander verhakten. Erste Kugeln sirrten durch die Luft, ohne dass sie ein Ziel fanden. Eden spannte sich an. Wenigstens waren es Soldaten, sagte sie sich. Das war besser, als Matrosen oder unbewaffnete Reisende. Aber nicht viel....

Keiner dieser Leute hatte ihr etwas getan.

Die ersten schwarz gekleideten Piraten sprangen an Bord der niedriger liegenden Galeere und fanden sich sofort im Gefecht mit den wartenden Söldnern und Matrosen.

EdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt