Kapitel 7

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Die Sonne begann gerade aufzugehen. Die ersten Lichtstrahlen vielen durch die Staubigen Fenster und ließen die Tränen auf Remus Gesicht glitzern. Er spürte, dass er sich wieder das Gesicht zerkratz hatte und als er mit seiner Hand darüber fuhr, sah er Blut an seinen Finger. 

Er wusste noch genau wie er nach einem Opfer gesucht hatte, das er zerfleischen konnte. Aber er war allein hier in dem Haus und so hatte er aus Wut begonnen, sich selbst mit den Krallen das Fell und Fleisch zu zerreißen. 

Remus spürte immer alles, sah alles was er in Wolfgestalt tat, konnte aber nicht dagegen tun. Es war, als wäre ein anderer Mensch in seinem Kopf, der Remus in die hinterste Ecke seines Geistes zurückdrängte. 

Er stand auf, auch wenn seine Beine fürchterlich zitterten und ging zum Fenster, um sein Gesicht in die Sonne zu strecken. Die Wärme auf seiner Haut ließ ihn die Schmerzen seiner Verwandlung langsam vergessen.

Plötzlich hörte er ein Geräusch, das von unten kam. Er ging die Treppen hinunter in den Keller, wo Madame Pompfry stand. Erst jetzt fiel Remus auf, dass sein Pullover in Fetzten an seinen Schultern herabhing und somit auch die Narben von der vorherigen Verwandlungen offen zu sehen waren. Schnell versuchte er, sie zu verdecken. "Guten Morgen, Madam Pompfrey.", sagte er mit zittriger Stimme. Er musste sich auf die Treppe setzten, er war so erschöpft. "Wie fühlst du dich, Remus?", fragte sie. 

Die Wahrheit war, dass dies zwar eine recht harmlose Verwandlung war, im Vergleich zu den andern, ihm aber alles wehtat. Seine Knochen, die sich während der Verwandlung verbogen hatten und die tiefen Wunden die er sich selbst zugefügt hatte. "Gut", log Remus und versuchte aufzustehen. "Nein, Junge", sagte die Krankenschwester und drückte ihn auf die Stufen zurück, "Du solltest in deinem Zustand nicht laufen. Ich bringe dich sofort in den Krankenflügel."

Aus dem Nichts beschwor sie eine Trage herauf und forderte Remus auf, sich hinzulegen. "Wir müssen uns beeilen, die Schüler werden bald aufstehen." Mit diesen Worten drehte sie sich um und die Trage flog hinter ihr her. 

Remus konnte sich nicht erinnern, dass er eingeschlafen war, aber als er aufwachte, lag er in einem weichen Bett, das in einem hellen Raum stand. Er fuhr hoch, was ihm allerdings vor Schmerz keuchen ließ. Seine Rippen fühlten sich wie gebrochen an und sein Kopf dröhnte. Er betastete seine Stirn. Die Kratzer waren verheilt, er spürte nicht einmal eine Narbe. Ein Blick auf seinen linken Unterarm sagte ihm, dass er ihn auch wieder aufgerissen hatte. 

Dort wurde er von dem Werwolf gebissen. Jedes Mal, wenn er sich verwandelte, zerfleischte er diese Stelle, immer und immer wieder. Jetzt verdeckte ein dicker Verband die Wunde. Kein Zauber der Welt würde ihn jemals heilen können. 

Der Vorhang seines Bettes wurde zurück gezogen und Madame Pompfrey stand vor ihm. "Sie sind wach?", fragte sie. "Schön, dann werde ich jetzt Minerva holen." Sie zog den Vorhang wieder zu und verließ den Krankenflügel. 

Wenige Augenblicke später kam Professor McGonagall und setzte sich auf einen Stuhl neben seinem Bett. "Guten Morgen, Mr. Lupin", sagte sie in ihrem gewohnt strengen Tonfall. "Madam Pompfrey sagte, sie würden den Krankenflügel bald verlassen können. Davor müssen wir noch besprechen, was sie ihren Freunden erzählen. Sie werden ihr Verschwinden nicht einfach so hinnehmen - die drei haben mich den ganzen Unterricht lang mit Fragen über ihren Aufenthaltsort gelöchert. Sagen sie ihnen doch sie hätten einen Brief von zuhause bekommen. Irgendetwas mit Drachenpocken, vielleicht ist ihre Mutter erkrankt... Das überlasse ich Ihnen. Aber, das ist das wichtigste: sagen Sie niemandem die Wahrheit über ihr Verschwinden." Sie betonte die letzten Worte und sah Remus dabei eindringlich an. "Haben Sie das verstanden?" "Natürlich, Professor. ", sagte Remus. "Nun gut, ich erwarte Sie morgen wieder im Unterricht. Guten Tag." Sie stand auf und ließ Remus allein.

Madame Pompfrey, ließ ihn am Abend gehen, nachdem sie ihm mehrmals eine übelschmeckende Medizin verabreicht hatte. Der Schmerz war immer noch da, doch nicht mehr so stark wie am Morgen. 

Er machte sich auf die Suche nach seinen Freunden, da lief ihm Lily über den Weg. Sie erschrak sich und ließ ihre Bücher fallen, die sie gerade aus der Bücherei geholt hatte. "Äh- hallo Lily!", sagte Remus schnell und bückte sich, um ihre Bücher aufzuheben. Als er sie ihr geben wollte, hatte sie die Hände vor den Mund geschlagen. "Remus- was ist mit dir passiert?"

Die Wunden waren nicht so gut verheilt, wie er gedacht hatte. Lily starrte auf sein Gesicht und Tränen sammelten sich in ihren Augen. "Nein, Lily- es ist nichts. Ich bin äh.. ich bin... in diesen Baum gelaufen! Diese Weide, die sie neu gepflanzt haben- genau.", stotterte er. "Oh Gott, das ist ja schrecklich. Aber du warst nicht im Unterricht und ich habe dich gesucht...", sagte sie mit zittriger Stimme. "Ja das, meine Mutter hat Drachenpocken bekommen, ich musst nach Hause." Er log fürchterlich, das wusste er. Lily wusste er auch, aber sie sagte nicht dazu. "Das tut mir leid.Ich hoffe es geht ihr bald besser." Sie nahm ihre Bücher aus Remus Händen und ging weiter. Kurz drehte sie sich noch um und sagte: "Wenn es dir schlecht geht, könnte ich dir vielleicht helfen. Reden hilft, weißt du?"

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Lily wusste, dass Remus log. Sie war schon immer gut darin gewesen, Lügen zu erkennen. Er hatte schon damals im Zug über seine Narben im Gesicht gelogen. Wieso sollte er ihr auch vertrauen? Sie kannten sich nicht wirklich und hatten in letzter Zeit außerdem kaum gesprochen. Aber Lily hasste es, wenn es Leuten schlecht ging und Remus ging es schlecht. Seine Haut war so fahl gewesen und er hatte so tiefe Augenringe gehabt, wie sie es noch nie bei jemandem gesehen hatte.

Sie stieg die Treppen zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors hoch und murmelte vor dem Gemälde der fetten Dame kurz das Passwort. Lärm schlug ihr entgegen, als sie durch das Porträt kletterte. Remus saß bei seinen neuen Freunden und erzählt gerade etwas. 

"-hat schwere Drachenpocken. Deswegen musste ich...", hörte sie ihn sagen, als sie nach oben in den Mädchenschlafsaal ging. 

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"Du weißt schon das Drachenpocken tödlich sein können, oder?", fragte Peter Remus, als er seine Lügengeschichte beendet hatte. "Ja, darum muss ich in nächster Zeit öfters mal weg, also wundert euch nicht.", antwortete Remus, "Ach Sirius- was ist eigentlich mit dem Gnom und Snape?" "Stimmt.", dramatisch warf Sirius seine Arme in die Luft und kippte auf seinem Stuhl zurück. "McGonagall hat mich zum Nachsitzen verdonnert. Ich musste gefühlt hundertmal diese verdammte Tafel wischen und alle Tintenflecke von den Tischen entfernen. Das hat ewig gedauert! Und das nur, weil ich dich so heldenhaft verteidigen wollte." Er kippte auf seinem Stuhl wieder nach vorne und grinste Remus an. "Ist klar.", Remus grinste zurück, "Du hast es aber auch verdient." "Das stimmt nicht!", lachte Sirius. "Das nächste Mal halte ich die Klappe. Soll die alte McGonagall doch früher sagen, das sie dich nicht zum Nachsitzen bringen will. Ich wollte dich doch nur schützen!"

Würden sie dich auch noch schützen wollen, wenn sie wissen was du bist?

Immer weiter lügen, das wird eine schöne Freundschaft. Lügen und lügen und lügen...


Der Werwolf von GryffindorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt