Kapitel 23

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Lucious meinte bloß, dass ich nichts unüberlegtes tun soll, und nun gehe ich erneut durch die breiten Straßen von Distrikt 2 auf dem Weg zu dem Gebäude, indem Neoh gefangen gehalten wird.
Ich weiss selbst, dass der Plan gefährlich und total hirnrissig ist, aber ich muss brauche ihn nun mal, wenn ich nach Distrikt 4 kommen möchte.
Nach einem ungefähr 10 Minuten Fußmarsch bin ich endlich an dem Gebäude angekommen. Vor dem Tor steht bloß ein Friedenswächter und rundherum ist niemand weiter zu sehen. Da es eben erst dunkel geworden ist, sollte es kein Problem sein in das Haus zu kommen. Mein Plan ist es, dem Empfang zu sagen, dass Lucious mich schickt, um mit Neoh zu reden. Da ich nun den Nachnamen von Lucious kenne, sollte es ein Kinderspiel werden, durch die Tür zu kommen. Mir ist natürlich aufgefallen, wie der Empfang regierte, als Lucious seinen Namen nannte. Mit einer Ruhe, die ich in dem Moment nie von mir erwartet hätte, gehe ich auf die Eingangstür zu. Der Friedenswächter der direkt neben der Tür steht, spricht mich weder an noch sieht er überhaupt zu mir. Ich drücke den Knopf der Klingel und nach einigen Sekunden erklingt die selbe Stimme wie vorhin, als ich zusammen mit Lucious hier war.
,,Ja?", fragt die Person am Empfang. ,,Lucious Sheffield schickt mich, um mit Neoh Collins zu sprechen.", erzähle ich. ,,Ihr Name?", will die Person nun wissen. Wenn ich meinen echten Namen nenne, würde ich wahrscheinlich sofort auffliegen, da ich auch allein komme und wahrscheinlich die meisten denken, dass ich wohl kaum ohne Begleitung hier herum streuen dürfte. Jedoch kennt die Person hinter dem Empfang auch mein Gesicht von den Hungerspielen... Da fällt mir plötzlich ein ganz akzeptabler Plan ein. ,,Delilah.. Sheffield.", antworte ich. Die Stimme verstummt. Ist es doch nicht so genial, dass ich mich als einen Verwandten von Lucious ausgebe? Dann öffnet sich plötzlich die Tür. ,,Ich finde allein zu ihm.", rufe ich noch schnell in den Lautsprecher bevor die Person hinter dem Empfang den Hörer auflegt. Falls nun doch jemand kommen sollte, der mich bis zu der Treppe von vorhin begleiten möchte, habe ich mir meine Kapuze aufgesetzt, um möglichst nicht erkannt zu werden. Doch es taucht keiner auf. Haben wohl alle schon Feierabend, denke ich mir und grinse kurz vor mich hin.
Das leichte Lachen auf meinem Gesicht verschwindet und ich mache mich auf den Weg zur Treppe, die mich in den Gang führt, in dem sich die ganzen Verbrecher befinden. Oh und Neoh. Ich halte ihn nicht für einen wahren Verbrecher nur weil er einen Zug kapern wollte. Naja, falls diese Aktion hier klappen sollte und ich Neoh wirklich befreien kann, ohne erwischt zu werden, sind wir wahrscheinlich beide kleine Kriminelle.
Langsam gehe ich die Treppe hinunter und schleiche den Gang entlang bis zu Neoh's Zelle. Mit dem Schlüssel, den ich Lucious vorhin geklaut habe, schließe ich die Tür auf und trete leise in den Raum. Neoh wartete anscheinend bereits auf mich. Er steht direkt vor der Glasscheibe und starrt mich lächelnd an. Normale Menschen würden wahrscheinlich denken, dass dieser Junge komplett verrückt ist und gleich auf jemanden losgehen würde, doch da ich nicht so denke, macht es mir auch nichts aus. ,,Du hast dir ganz schön Zeit gelassen, Jany.", meint Neoh auf einmal. ,,Soll ich dich nun befreien oder nicht?", gebe ich schroff als Antwort. ,,Jaja, mach schon.", murrt er. Mit dem selben Schlüssel, mit dem ich die Tür öffnete, schließe ich nun die Glastür zu Neoh's Zelle auf. Langsam kommt er aus dem Glasraum spaziert und geht auf mich zu. Kurz vor mir bleibt er stehen und umarmt mich plötzlich. Verdutzt bleibe ich starr stehen und als er sich aus der Umarmung löst, sieht er mich verwirrt an. ,,Wie lang willst du jetzt noch dort stehen bleiben?", fragt er und legt den Kopf schief. Ich befreie mich aus meiner Starre und schüttel den Kopf. ,,Am besten machen wir's so: Oben im Foyer sind an den Seiten jeweils zwei Fenster, durch die du locker durchklettern kannst. Ich verlasse das Gebäude durch die Tür, damit dem Friedenswächter, der draußen neben der Eingangstür steht, nichts auffällt. Du gehst durch das Fenster und kommst dann auf direkten Weg zu mir gelaufen, aber natürlich so, dass der Friedenswächter dich nicht bemerkt. Ich hab so weit keine weiteren Friedenswächter draußen entdecken können und auf dem Weg hierher im Gebäude auch nicht.", erläutere ich. Neoh nickt als Zeichen des Verständnisses.

Neoh und ich laufen ganz gelassen den Gang bis zur Treppe entlang. Dann bleibt er, wie geplant, unten vor der Treppe stehen und wartet, bis ich außer Sichtweite bin.
Für mich sollte es kein weiteres Problem sein, einfach so durch die Tür das Gebäude zu verlassen. Immerhin wurde ich auch so hineingelassen. Für Neoh hoffe ich schlichtweg nur, dass ich keinen Wächter übersehen habe. Aber der Plan verläuft problemlos. Ich bin bereits draußen und warte, hinter einer Häuserwand versteckt, auf Neoh, der wenige Sekunden später dann auch entspannt eintrudelt.
,,Los beeil dich!", flüstere ich und winke ihn zu mir hinüber. ,,Beruhige dich mal, hier ist doch niemand.", meint er ganz gelassen. ,,Ja, noch nicht. Sobald die bekommen, dass du verschwunden bist, wissen sie genau, wer dir geholfen hat zu fliehen.", erkläre ich. ,,Du hast doch wohl nicht deinen echten Namen genannt, als sie dich am Empfang gefragt haben, oder?", fragt er mit einem Hauch Skepsis in der Stimme. ,,Natürlich nicht, aber ich meinte, dass Lucoius mich schickt, damit sie einen Grund haben mich hineinzulassen."
Neoh legt seinen Kopf leicht schief, wobei seine Haare, leicht wie eine Feder, zur Seite fallen.
,,Unwichtig, wir sollten uns jetzt lieber beeilen, bevor es komplett dunkel wird.", merke ich an und sehe zu Neoh. Der starrt gerade in eine völlig andere Richtung. Es wirkt so, als wäre er nicht anwesend. Als würden meine Worte bloß durch ihn hindurch fliegen. ,,Neoh?", frage ich. Der schwarzhaarige Junge schüttelt leicht mit dem Kopf und dreht sich wieder zurück zu mir. ,,Ja, lass uns gehen.", antwortet er.
Auf dem Weg zum Bahnhof sprudeln meine Gedanken förmlich, wie ein Kochtopf mit Wasser, der zu lange auf dem Herd stand und fast überkocht.
Gedanken wie: ,,Was ist anders an ihm?" oder ,,Was ist ihm zugestoßen, dass er nun so ist?" jagen mir durch den Kopf. Ab und zu werfe ich einen Blick hinüber zu Neoh, doch dieser schaut entweder geradeaus oder auf seine Füße. Verständlich, denn er trägt keine Schuhe. Ihm muss kalt sein, denn er trägt auch keine Jacke. Als ich ihn aus der Zelle befreit hatte, trug er nur einen beigen Sweater, eine schwarze Jogginghose und schwarze Socken.
Sein schwarzes Haar steht zu allen Seiten ab, aber so, dass es trotzdem irgendwie gut aussieht. Gut im Sinne von passend. Passend zu ihm. Ich kenne ihn noch nicht sehr lang, weiss nicht viel über ihn und auch nicht, was mit ihm passiert ist oder wie er früher war, aber ich weiss, dass er nicht so ist wie Levi.
Neoh war von Anfang an weder zurückhaltend noch skeptisch. Ganz im Gegenteil hatte er mich sofort konfrontiert mit seiner eher ungewöhnlichen Art.
Ehrlich gesagt, macht mich dieser Junge echt neugierig.

Sorry, dass das Kapitel etwas kürzer ist als sonst, aber ich brauchte noch so einen kleinen Lückenfüller c: Das nächste Kapitel wird wieder wie sonst auch ^^

Die 90. Hungerspiele- Rückkehr eines OdairsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt