Trente

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Livia's POV

Ich war nun so froh, dass ich mit Papa und Lena sprechen konnte. Die dürfen sich wirklich nie, nie, nie im Leben trennen. Nun war es so gut wie stockdunkel im Zimmer, Papa und Lena lagen neben mir und hatten ihren Arm um mich gelegt. Von beiden fühlte ich mich richtig geliebt.

Auch wenn nun meine Sorgen draußen waren, konnte ich nicht schlafen und bewegen schon gar nicht. Wie kann man sich denn bewegen, wenn von beiden Seiten ein Arm um mich gelegt wird? Und allmählich wurde mir ziemlich warm. Was sollte ich nun tun? Liegen bleiben und warten bis ich am morgen wieder aufwache oder mich aus den Armen der beiden quetschen und zu Natalie gehen? Aber sie schläft bestimmt schon. Andererseits wäre das doch bestimmt kein Problem. Auch Natalie meint immer, dass ich zu ich kommen kann wenn etwas ist. Und dies war doch gerade der Fall oder?

Und plötzlich fühlte ich mich schlecht, hatte sozusagen ein schlechtes Gewissen. Papa und Lena wollten Zeit zu zweit verbringen und was hab ich gemacht? Ich lag nun zwischen den beiden im Bett. Sie wollten kuscheln und nun mussten sie mit mir kuscheln und konnten nicht nebeneinander im Bett liegen. Am Ende bin ich Schuld, wenn sie sich trennen.

Es waren also diese schlechten Gedanken in meinem Kopf, die mich nicht schlafen ließen. Wie sollte ich denn jetzt zu Natalie gehen ohne die beiden zu wecken? Und ich wollte doch verschwinden ohne dass sie das merken. Genau in diesem Moment hoffte ich, dass sie mich loslassen würden und sich auf die andere Seite drehen. Wenigstens einer von beiden, das würde mir das aufstehen erleichtern. Und da geschah es auch, so als ob Papa das gewusst hätte, ließ er mich los und drehte sich auf die andere Seite.

Diesen Augenblick nutzte ich aus, versuchte mich vorsichtig aus Lena's Arm zu befreien und stand leise auf. Doch an eine Sache habe ich nicht gedacht. Die Tür ist nicht besonders leise, wenn man diese von außen schließt. Und offen lassen war auf keinen Fall eine Option, wer weiß welcher verrückte Mensch ins Zimmer kommen würde.

Ich musste es einfach riskieren, doch vorher musste ich wissen, ob sie wirklich schon schlafen. „Papa? Lena?" flüsterte ich, doch eine Antwort bekam ich nicht. Sie schlafen, mal hoffen. „Ich bin bei Natalie," flüsterte ich. Nun hatte ich Bescheid gesagt, also könnte er mir nicht mehr den Kopf abreißen. Auch wenn diese Tür nicht leise war, versuchte ich sie so leise wie möglich zu schließen. Ich tapste also mit meinen Füßen, ohne Schuhe, da ich diese vergessen habe, durch den Flur, zum Aufzug, eine Etage weiter hoch und den Gang entlang bis zu Natalie's Zimmer. Nitti's Zimmer war direkt gegenüber, zu dem könnte ich auch gehen, wenn meine Tante mir die Tür nicht öffnet.

Einmal atmete ich kurz durch und klopfte anschließend an der Tür. Niemand machte mir auf, erst beim zweiten Mal öffnete Natalie mir verschlafen die Tür. „Tut mir leid Nati. Aber ich will bei dir schlafen." „Komm rein mein Schatz. Ist schon gut. Ich freue mich doch, dass du hier bist." Zusammen legten wir uns in das Bett, ich direkt an Nati angekuschelt. „Hast du Papa Bescheid gesagt?" Da musste ich kurz schlucken. Er hat ja geschlafen, aber trotzdem hab ich Bescheid gesagt, weshalb ich dies bejahte.

„Ich wollte, dass Lena und Papa viel Zeit zusammen verbringen. Papa und ich hatten doch abgemacht, dass ich bei dir schlafe, wenn Lena kommt. Mein Vorschlag! Und jetzt war alles meine Schuld, nur weil ich Angst hatte, dass die sich trennen," sagte ich und war dabei sauer auf mich selbst. „Ach Liv, für deinen Vater gibt es nichts wichtigeres als dich. Du bist an gar nichts Schuld. Jetzt schlaf erstmal, es ist schon spät. Morgen schauen wir weiter."

Natalie strich mir nun so lange durch die Haare, bis sie einschlief, wohl in der Hoffnung, dass ich auch schlafen würde. Doch es ging nicht, ich konnte nicht schlafen. Ich fühlte mich wie vor ungefähr drei Jahren. Diese Nacht werde ich wohl nie vergessen.

Ich hatte Streit mit Kyra, weil ich ihre hohen Schuhe kaputt gemacht habe. Papa hat uns geholfen uns wieder zu vertragen und ich durfte bei beiden im Bett schlafen. Papa schlief schon und Kyra hat mich wieder wegen ihren Schuhen angemotzt. Zu diesem Zeitpunkt war ich sieben Jahre alt und wollte mal testen in hohen Schuhen zu laufen, natürlich ging das nicht, meine kleinen Füße in so großen Schuhen. Als Kyra dann schlief bin ich von Zuhause abgehauen weil ich mich schuldig gefühlt hatte und ich dachte ich hätte alles zerstört. Ich war dann ganz alleine mit sieben nachts auf der Straße. Wenn ich daran nur zurück denke wird mir ganz komisch. Ich war bestimmt ein paar Stunden draußen, bis mich die Polizei gefunden hat und mich zurück zu Papa gebracht hat. Durch ein Gespräch wurde alles wieder gut und Kyra hat mir verziehen. Ich könnte heulen, wenn ich daran zurückdenke.

Nun war ich ja nicht auf der Straße sondern bei Natalie, aber es fühlte sich so falsch an. Hätte ich bei Papa bleiben sollen? Wird Papa mich dann suchen wenn er wach ist? Was ist, wenn er jetzt schon wach ist und mich sucht? Aber ich kann nicht zurück, wenn er schläft mache ich ihn wach.

Doch irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn Am nächsten morgen wurde ich durch ein Klopfen geweckt. Ich war so richtig müde und wollte einfach nur schlafen. Meine Augen schloss ich wieder und spürte nur, wie sich das Bett langsam hebte. Natalie stand auf und ging zur Tür. „Ist Liv bei dir?" Es war Papa, der sich ganz besorgt anhörte. „Im Bett," gab Natalie als kurze Antwort. Kaum hatte sie dies ausgesprochen, schon spürte ich wie Papa mich in den Arm nahm.

„Ich dachte du wüsstest, dass sie hier ist." Ich war einfach zu faul meine Augen zu öffnen und wollte diesem Gespräch aus dem Weg gehen. „Nein, wusste ich nicht. Mir ist sonst was durch den Kopf gegangen, als ich gerade eben nur Lena im Bett liegen sah, die übrigens auch nicht wusste wo Liv ist. Warum hast du nicht Bescheid gesagt?" Oh man, was hab ich nur getan? Papa ist jetzt ganz sauer und das nur wegen mir.

„Liv hat gemeint sie hätte dir Bescheid gesagt. Es war schon spät, da hab ich mir nichts weiter gedacht und außerdem war ich extrem müde." Mein schlechtes Gewissen wurde immer größer. Am liebsten würde ich wieder davon laufen, aber wie? Ich hatte die Augen geschlossen, keine Ahnung wo Natalie gerade stand. Papa saß neben mir und hielt leicht meine Hand.

„Dann wird uns Livia wohl aufklären müssen." Nein, werde ich nicht. Niemand zwingt mich dazu. „Liv? Magst du mal aufstehen? Ich möchte mal mit dir reden." Papa sollte ruhig weiter denken, dass ich noch schlafe. Sanft strich er mir durch die Haare und über die Wange. „Ich weiß dass du wach bist. Mein Kind, ich kenne dich und du siehst nicht so aus, als würdest du gerade noch schlafen." Er hörte sich gar nicht sauer an, doch das war er bestimmt. Ich sagte kein Wort und hatte meine Augen noch geschlossen.

Plötzlich zog er mir die Decke weg. „Jetzt aber Maus. Sonst muss ich dich kitzeln." Nein, alles nur das nicht. Ruckartig stand ich auf und sprintete ins Bad, wo ich mich drin einschloss.

Wie früher Mal Dich (Lenark)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt