Es war Tag geworden, und die Menschenmassen strömten in den SoBe Dome. Hier würde der berühmteste Stuntfahrer Amerikas, Johnny Blaze, heute seinen bislang gefährlichsten Sprung wagen, ein Sprung, der auf großen Monitoren mit "Touchdown Jump" angekündigt wurde. "Ladies und Gentleman, willkommen zum Todessprung von Johnny Blaze!!!" verkündete die Ansagerstimme. In dem großen Stadion war in den jeweiligen Endzones des Footballfeldes je eine Rampe aufgestellt worden, während sich auf den Rängen die Zuschauer drängten. Halb Amerika schien gekommen zu sein, um Johnnys großen Sprung mitzuerleben, ein Ereignis, das wohl in die Geschichte der Motorradstunts eingehen würde. Das Publikum johlte, forderte "seinen" J.B., und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Das gesamte Stadion vibrierte vor Vorfreude.
Derweil stand Johnny in Ledermontur und mit Sonnenbrille in seiner Garderobe vor dem Spiegel. Während er sich betrachtete, kam Mack herein und schloss schnell die Tür, hinter der bereits eine dichte Ansammlung von Reportern Stellung genommen hatte, um ja keinen Augenblick von Johnnys Auftritt zu verpassen, sobald dieser hinaustreten würde. "Hey, J.B.", begrüßte er ihn, doch Johnny brachte Mack mit einer Handbewegung zum Schweigen. "Schhhh. Lass Karen erstmal singen", wies er ihn zurecht, während die letzten Takte des "Superstar" von den Carpenters aus den Lautsprechern in der Garderobe ertönten. Als das Lied zu Ende war, nickte er, und Mack warf ihm einen mit Flammen verzierten Gehstock zu. "Also, was wolltest du sagen, Mack?", fragte Johnny, während er zur Kaffeemaschine herüberging und, statt sich eine Tasse zu füllen, direkt aus der Kaffeekanne trank. Dass ihm dabei der Kaffee seitlich die Wangen hinablief, schien ihn nicht zu stören, während er die Kanne in langen Zügen leerte. "Ich hab die Rampen nochmal überprüft, alles ok. Die Leute rasten total aus. Johnny, dir ist klar, dass du das nicht tun musst, oder?", fragte Mack in besorgtem Tonfall. Johnny setzte die nun fast vollständig geleerte Kanne ab und wandte sich wieder dem Spiegel zu. "Sitzt die Kombi gut? Fühlt sich irgendwie zu weit an", sagte er, ohne auf Macks vorherige Worte einzugehen. "Sitzt großartig", erwiderte Mack und zwang sich zu einem kleinen Lächeln. "Bringst du mir meinen Hut, Mack? Danke." Johnny sah kurz ihn, dann wieder sein eigenes Gesicht im Spiegel an. Mack blickte ihn noch für einen Moment an, dann stieß er den Atem aus und verließ die Garderobe wieder durch dieselbe Tür, durch die er gekommen war. Dabei musste er sich durch die Masse an Reportern und Fans kämpfen, von denen jeder versuchte, einen kurzen Blick auf den berühmten Fahrer zu erhaschen. Johnny blieb allein zurück. "Du darfst nicht in Angst leben", sagte er zu seinem Spiegelbild. Der Mann im Spiegel hatte darauf nichts zu erwidern.
Kurze Zeit später verließ Johnny in Begleitung von Mack und einigen Sicherheitsleuten, nun mit seinem schwarzen Cowboyhut auf dem Kopf, die Garderobe. "Ok J.B., erstmal hier rechts lang", versuchte Mack ihn durch die Menge an Reportern zu manövrieren, die alle versuchten, Johnnys Aufmerksamkeit zu erregen. "Mr. Blaze, Amy Patey, Vent Publicity, hätten sie noch Zeit für ein kurzes Interview?", drängte sich eine besonders eifrige Reporterin nach vorne. Ohne innezuhalten, gingen beide weiter. "Sie machen ihren Job wohl noch nicht lange, Lady, Johnny Blaze gibt nie Interviews, ok?". Mack versuchte sich weiter durch die Menge zu schieben, als über die Menge hinweg eine deutliche, helle Stimme ertönte. "Nicht mal für eine alte Freundin?" Aller Augen richteten sich auf die Frau, die soeben aus dem Zuschauerraum getreten war. Sie trug ein knielanges, hellblaues Kleid, und ihr glänzendes, braunes Haar war hochgesteckt. Sie trat aus dem Schatten, und Johnny nahm seine Sonnenbrille ab, um ihr Gesicht besser sehen zu können. Diese Stimme... sie kam ihm bekannt vor. Aber war das möglich? Er erinnerte sich wieder an die Zeit, als er noch mit seinem Vater ihm Zirkus gefahren war, und wie sie im Zelteingang gestanden und gelächelt hatte. Dasselbe Lächeln... Dasselbe "Hi", als sie ihn begrüßte... Unwillkürlich lächelte Johnny. "Ich tu's".
"Makeup!" Eine Stylistin kontrollierte Roxannes Gesicht, warf Johnny einen prüfenden Blick zu und kehrte dann neben den Kameramann zurück. "Er sieht gut aus", verkündete sie. Auch Roxanne ließ ihren Blick über Johnny wandern. "Mhm", war ihr einziger Kommentar. Johnny sah an sich herunter. "Oh, die Kombi, he? Ist albern, ich weiß, aber die Fans mögen es und deshalb zieh ich sie immernoch an." Es klang wie eine Entschuldigung. Roxanne nickte wissend. "Hm. Und was soll der Stock?" Johnny lachte. "Ich brauch ne Stütze. Nein, das... gehört alles nur zum Kostüm." Roxanne lächelte und blickte zum Kameramann hinüber. Dieser nahm die Kamera noch ein Stück höher. "Okay, und fertig in 5, 4, 3, 2, -" "Wie gehts deinem Dad?", unterbrach ihn Johnny. Roxanne sah kurz verwirrt aus, fing sich jedoch gleich wieder und lächelte in die Kamera. "Johnny Blaze, Danke für dieses Interview vor ihrem großen Sprung. Niemand hat je zuvor eine solche Entfernung übersprungen, fast 100 Meter von Field goal zu Field goal. Ein großer Moment - was denken Sie grade?" Sie streckte ihm das Mikrofon entgegen. Johnny sah sie kurz an. "Du siehst wirklich gut aus", sagte er unvermittelt. "Ich hab dich im Fernsehn gesehn. Ich seh nämlich ziemlich oft fern, und ... du machst deinen Job wirklich gut." Roxanne, aus dem Konzept gebracht, sah hilfesuchend zu einer Assistentin hin, die mit den Fingern hektische Zeichen machte. Dann blickte sie wieder zur Kamera. "Johnny, warum riskiert jemand sein Leben fürs Showbusiness?", stellte sie schnell die nächste Frage. "Hab gehört, du bist verheiratet." Wieder ging er nicht auf ihre Frage ein. Roxanne lächelte verschämt zum Kameramann, der ein überraschtes "Oh!" ausstieß. "Oh Nein. Nein, das stimmt nicht", murmelte sie Johnny zu. "Ach nein?" Johnny schien nicht sonderlich überrascht; er schien sich diese Antwort erhofft zu haben. Die Assistentin rückte nervös ihre Brille zurecht, während Roxanne verzweifelt versuchte, das Interview wieder in die richtige Richtung zu lenken. "Die Presse interessiert sich meistens nur für die Stürze, die gebrochenen Knochen und die Kosten ihrer Show. Gibt es noch andere Kosten?" Johnny rückte näher an das Mikrofon, das ihm hingehalten wurde. "Äh ... Ja." Roxanne wartete, doch es folgte keine weitere Erklärung. Er blickte sie nur weiterhin an. "Okay, soweit sogut, danke für diesen tiefen Einblick in das Leben von Johnny Blaze. Roxanne Simpson, für Sie vor Ort" , beendete Roxanne das Interview. Sie hatte wohl erkannt, dass es hier nichts mehr zu retten gab. Die Assistentin rückte wieder einmal ungläubig ihre Brille zurecht, der Kameramann beendete die Aufnahme. "Und - Aus." Das aufgesetzte Reporterlächeln verschwand, und Roxanne fuhr sich übers Gesicht. "Du... siehst dir doch noch den Sprung an?", fragte Johnny. "Oh, leider müssen wir gleich wieder zurück. Und ich hab deine Sprünge nie gern mit angesehen." Der Blick, den sie ihm zuwarf, schien zugleich Enttäuschung und auch Bitterkeit auszudrücken. Dann wandte sie sich ab und ging ihrem Kameramann hinterher auf den Ausgang zu. Johnny blickte ihr nach. "Roxanne!", rief er, als sie sich schon einige Schritte entfernt hatte. Sie blieb stehen, drehte sich aber nur langsam nach ihm um. Johnny starrte sie an, aber konnte nichts weiter sagen. Er hatte sie zurückhalten wollen, doch jetzt, wo sie so vor ihm stand, fiel ihm nichts weiter ein. Sie blickte ihn noch einmal an und ging dann endgültig. Mack trat zu ihm. "Ich lehn mich mal ausm Fenster und behaupte, ihr kennt euch schon länger. Hm?" Er sah Johnny fragend an. Dieser lächelte ihm zu. "Das ist es, Mack. Das ist das Zeichen." "Das Zeichen?", fragte Mack mit spöttischem Unterton. Dann blickten sie beide in die Richtung, in die Roxanne verschwunden war.
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Ghost Rider 1 - Buch zum Film
AzioneJohnny Blaze geht einen Vertrag mit einem Fremden ein, der für ihn ungeahnte Folgen nach sich zieht... Hey Leute! Da ich im Internet gesucht, aber kein Buch zum Film Ghost Rider gefunden habe, sondern nur Comics, dachte ich mir, schreibe halt ich da...