Prolog

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Mit einem zufriedenen Lächeln stellte sie fest, dass sie es wieder einmal geschafft hatte. Als sie aus der glänzenden, schwarzen Limousine stieg, fuhr ihr ein kühler Wind durch das lange, goldene Haar und ließ die weichen Locken sanft über ihre Schultern fallen. Jede Wasserstoffblondine, die vorne am Eingang stand, schnappte empört nach Luft und spitzte die pink geschminkten Lippen beim Anblick der schlanken, hochgewachsenen Frau, die sich mit müheloser Eleganz aus dem Fahrraum begeben hatte und nun mit einer gewagt geschnittenen Ballrobe in High Heels über den dunklen Teppich stolzierte.

Ein unverbindliches, nichtssagendes Lächeln lag auf ihren Lippen. Paparazzi wuselten wie Irre hinter der Cordseil-Absperrung umher, um ein Foto der bildhübschen Frau knipsen zu können, denn wie sonst auch hielt sie sich nicht lange in der Öffentlichkeit auf. Sie mochte es, ihre Jobs diskret zu erledigen.

Dieses Mal war die allgemeine Aufregung natürlich nicht zu verhindern. Ihre grünen Augen funkelten ungewöhnlich hell, als sie auf die Gestalt neben der Eingangstür des „Hôtel Imperiale" zustöckelte. Der Mann, der eben noch auf sein Smartphone eingehämmert hatte, blickte auf, als ihm ein unwiderstehlicher Duft entgegenströmte. Anstrengt versuchte er, sich an Atmen und Sprechen gleichzeitig zu erinnern, während er die etwas größere Blondine mit drei Wangenküsschen begrüßte.

„Ryan", schnurrte sie leise und eine Spur Wärme erhellte ihre Augen. „Angelique", gab er zurück, blickte kurz auf seine sündhaft teure Armbanduhr und murmelte einige unverständliche Worte vor sich hin, bis er sich wieder an Angelique wandte, die sich umblickte, nun ungeduldig.

„Kein Grund zur Aufregung, wir gehen hinein", versuchte er sie zu beschwichtigen und bot ihr seinen rechten Arm an, bei dem sie sich sogleich unterhakte. Sie ignorierte die Schweißperlen auf seiner Stirn und versuchte, beim Anblick seiner wachsenden Halbglatze nicht an den alten Obdachlosen vor dem Einkaufszentrum letztens zu denken, dann sickerte die Bedeutung seiner Worte ein.

„Ich bin niemals aufgeregt", sagte sie monoton, aber bestimmt, und achtete sorgfältig darauf, dass ihr langes, mitternachtsblaues Kleid nicht in der Drehtür des Hotels hängenblieb. Sobald die beiden in der Lobby waren, ebbte das Geräusch hunderter von Kameras endlich ab und Angelique seufzte lautlos und erleichtert, dann hellte sich ihre Miene auf, als eine Angestellte ihr ein Sektglas reichte.

„Gib Acht, verstanden?", knurrte Ryan leise in ihr Ohr und zog sie an der Taille näher zu sich heran, als sich einige Fotografen näherten. „Habe ich dich schon einmal enttäuscht?", konnte sie noch mit einem zuckersüßen Lächeln von sich geben, bevor die Blitzlichter erneut über sie hereinbrachen und sie ihre strahlend weißen Zähne zur Schau stellte wie für eine Zahnpastawerbung.

Würdevoll leerte sie ihr Sektglas und verdrehte die Augen, als der Schwarm lästiger Boulevardinsekten sich wieder verzogen hatte. Deutlich konnte sie Ryans Blick auf sich haften spüren, doch sie hatte gelernt, solch belanglose Dinge zu ignorieren. Ansonsten hätte sie sich den ganzen Abend lang unwohl fühlen müssen.

Ryan, der sie mittlerweile an der Taille in den großen Veranstaltungssaal gezogen hatte, räusperte sich, nachdem er ihr Zeit gelassen hatte, sich den prunkvollen Barocksaal anzusehen. „Da drüben stehen meine Geschäftspartner. Du wartest hier." Gehorsam nickte Angelique und sah ungerührt dabei zu, wie ihre Abendgesellschaft sich den geschäftlichen Dingen zuwandte und sie plötzlich allein dastand unter all den gut gekleideten Leuten, die in Pärchen oder Gruppen herumstanden und sich angeregt unterhielten.

Ohne das leichte Lächeln zu verlieren, sah sich Angelique um, diesmal mehr wegen der Gäste als wegen des glamourösen Ambiente, an das sie sich mittlerweile gewöhnt hatte. Es schien niemand anwesend zu sein, dessen Abendgarderobe nicht mindestens zwölftausend Pfund gekostet hatte, ihre eingeschlossen. Interessiert blickte sich die Blondine um und versuchte, einen Blick auf Ryan zu erhaschen, der in ein intensives Gespräch mit einigen sehr italienisch aussehenden Herrschaften vertieft war.

The Escort Girl || ReactivatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt