Kapitel 4 || Let's Play A Game

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Ihre Haare waren nicht zu den üblichen Locken gedreht, sondern zu einem schlichten Dutt gearbeitet, aus dem keine Strähne wirr heraushing. Das dunkle, beinahe dramatische Make-up betonte ihre katzengrünen Augen in ihrem schmalen Gesicht mit den vollen, roten Lippen.

Im Takt einer unhörbaren Musik schritt sie den kurzen Weg vom Taxi zu der hohen, schmiedeeisernen Umzäunung des riesigen Gebäudes, das selbst in der Dunkelheit noch seine edle, weiße Farbe behalten hatte dank der zahlreichen Spotlights, die es gekonnt ins rechte Licht rückten. Es war eines dieser Palais, das man von außen bestaunte und sich fragte, wer sich um den Garten und die marmornen Hallen kümmerte, aber nicht viele kamen selbst in den Genuss der Veranstaltungen, die sich gelegentlich hier abspielten.

Nichts deutete darauf hin, dass sie beeindruckt war von der Schönheit des Zeitzeugen einer früheren, gewiss stilvollen Welt, denn wie immer war ihre Miene beherrscht und sagte nichts über ihr Inneres aus, als sie zu den anderen Gästen stieß, die ebenfalls über den Kiesweg nach oben zum hell erleuchteten Eingang spazierten. Die Luft war erfüllt von angenehmem Plaudern, leisem Lachen und dem Geruch teuren Parfums von Chanel oder Dior – wohlhabende Menschen in ihren perfekten Kostümen, perfekten Frisuren und dem perfekten Lächeln auf dem Gesicht.

Sie passte also ganz wunderbar in diese gehobene Abendgesellschaft mit dem gewiss teuren Abendkleid, das ihre zierliche Taille betonte und ihren entschlossenen, schnellen Schritt entschärfte, weil jede ihrer Bewegungen grazil und anmutig wirkte.

Am Eingang zog sie wortlos ihre in Gold gedruckte, schwere Eintrittskarte hervor.

Noch hatte sie ihre Begleitung nicht getroffen. Lediglich die Unterschrift auf der Einladung sagte ihr, dass es ein von sich selbst überzeugter, nicht gerade bescheidener Mensch war, dessen Handschrift sich groß und schwungvoll über die Oberfläche verteilt hatte.

Es erinnerte schon fast an eine längst ausgestorbene Abendgesellschaft mit dem Vorboten, der die Namen der einzelnen Gäste beim Hereinkommen in lauter, leicht nasaler und gewiss hierher passender Stimme verkündete.

Sie verzog keine Miene, als sich der Herr zu ihr beugte, als sie an der Reihe war. Bedacht murmelte sie ihm einige Worte ins Ohr und verschwand dann in der Menge, die sich bereits in der weitläufigen, hohen Halle verteilten wie ein Schwarm bunter, glitzernder Fische.

Trotzdem konnte sie hinter sich deutlich hören, als er ihren Namen ausrief, und da schienen ihre Augen zufrieden aufzuleuchten.

„Angelique Jouant aus Kensington!“

Die Augen der umstehenden Menschen richteten sich auf die Dame, die mit selbstsicherer Haltung durch den Saal spazierte. Im Vorbeigehen nahm sie einem Kellner ein Sektglas vom Tablett, von dem sie einen winzig kleinen Schluck nahm.

Das Spiel hatte begonnen.

*-*-*-*-*

Es gefiel mir. Der Nervenkitzel. Die Aufregung.

Wachsam glitt mein Blick von Anzug zu Smoking zu Frack, von einer perlenbesetzten Ballrobe zur nächsten. Der Brief, der mit der Einladung gekommen war, lag wie ein zentnerschwerer Metallblock in meiner Handtasche.

‚22:00 vor der Bühne, unter der Uhr. Ich sehe unserem Treffen mit großer Freude entgegen.

G.P.‘

Wie konnten so wenige Worte nur ein solches Gewicht haben? Unter meiner ruhigen, professionellen Oberfläche schlummerte Nervosität und auch ein bisschen Angst. Normalerweise bekam ich unter der Woche einen Anruf oder eine E-Mail mit Kontaktdaten, einem Profil oder zumindest einem Namen.

The Escort Girl || ReactivatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt