Kapitel 5 || Stay Away.

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Kaum war Philip an mich herangetreten, wandte ich mich demonstrativ ab und blickte kühl in die entgegengesetzte Richtung. Sein leises, amüsiertes Lächeln sandte unbarmherzig eine Gänsehaut über meine Oberarme, so nah war er schon wieder bei mir.

So konnte das nicht weitergehen. Sollte ich jetzt für ewig vor ihm davonlaufen? Meinen unbefleckten Ruf ins Schwanken bringen lassen von irgendwelchen Gefühlsausbrüchen, weil er mir ständig auf die Nerven ging? Ich atmete tief durch und beschloss, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten.

Philips Finger strichen zaghaft über mein Handgelenk, als ich mich plötzlich ohne jede Vorwarnung zu ihm umdrehte und ich mit seinen grünen Augen konfrontiert wurde.

Okay. Geist über Körper.

Und ich wusste genau, was ich sagen wollte, auch wenn diese Augen mich gerade vollkommen aus dem Konzept brachten. Sie regten mich auf. Ich hatte immer meine Kontrolle, und dann musste er auftauchen – der scheinbar perfekte, unglaublich attraktive Junggeselle, der leider ein ausgeprägtes Stalker-Verhalten zu entwickeln schien. Vielleicht war er ja auch nur hartnäckig, aber das war ich genauso.

Ich ließ Angelique die Arbeit machen. Lina lehnte sich im Geiste entspannt zurück und grinste ihr schelmisch zu, so als wolle sie ihre Partnerin anfeuern, ihm ordentlich Feuer unterm Hintern zu machen.

*-*-*-*

Ihre tiefgrünen Augen schimmerten merkwürdig entschlossen, noch zielorientierter als sonst. Allein das wies auf ihre Aufregung hin, doch sonst drang nichts durch die undurchsichtige Fassade, die sie sich über das letzte Jahr hinweg geschaffen hatte. Ein Schutz vor der Allgemeinheit, vor unguten Klienten, aber vor allem vor der Liebe. Sie hatte Furcht, auch wenn ihre Worte auf seinen Wangen brannten wie eine Ohrfeige.

„Ich würde es vorziehen, wenn Sie mir nicht zu nahe treten würden, Mr. Geers“, erklang ihre tiefe Stimme, ruhig und vollkommen kontrolliert. Trotzdem drang die Drohung scharf heraus, kristallklar. Eine ihrer Augenbrauen hatte sich kaum merklich nach oben verzogen, ein kleines Zeichen für die Menschlichkeit und Emotion, die trotz der Schauspielerei in ihr aufwallten, aber die Wellen schlugen gegen harte Mauern der Disziplin. Sie war stets beherrscht, und auch diesmal machte sie keinen Fehler, als sie sagte: „Ansonsten fühle ich mich gezwungen, mich zur Wehr zu setzen.“

Philip begann zu lachen. Erst leise und zurückhaltend, bis er schließlich laut vor sich hin kicherte und sich überhaupt nicht mehr beherrschen konnte. Sie wartete geduldig und seufzte genervt. Seine Augen schimmerten feucht, als er sich wieder beruhigte.

„Glaubst du wirklich, dass ich Angst vor dir habe, Kleines?“, fragte er und tat einen Schritt demonstrativ auf sie zu. Sie aber blieb, wo sie war, und reckte ihm kühn ihr Kinn entgegen. „Das sollten Sie besser. Sie wissen nicht, mit welchen Waffen ich kämpfe.“

„Mit den Waffen einer Frau? Willst du mich mit deinen Schuhen bewusstlos schlagen und mir dann die Lippen rot anmalen? Oder mich gleich mit Tampons erwürgen?“

Ihre Augen verschmälerten sich und das leichte Lächeln vertiefte sich zu einem amüsierten schiefen Grinsen. Langsam leckte sie sich über die Unterlippe und beobachtete dabei mit Vergnügen, wie ihr Gegenüber sofort den Blick auf ihren Mund wandte. Stück für Stück näherte sie sich seinem Gesicht, bis nur mehr ein Zentimeter das Aufeinandertreffen ihrer Lippen verhinderte.

Alles schien stillzustehen, darauf zu warten, dass jemand der Szene den sich aufstauenden Druck nahm wie einem Ballon mithilfe einer Nadel, aber nichts dergleichen geschah. Von weitem wirkten die beiden verliebt oder vertraut, und sie war sich sicher, dass er mittlerweile ihr Parfum deutlicher in der Nase hatte, als er es je wieder haben würde. Ihr Atem strich über seine Lippen, unschuldig und verspielt.

The Escort Girl || ReactivatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt