Dem Schatten auf der Spur

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Harry hatte June verziehen. Er hatte das ernst gemeint, als er sagte, er wolle darüber nachdenken, ob sie wieder miteinander reden könnten.

Eigentlich sollte June sich freuen. Sie konnte es aber nicht. Es war ihr mulmig zumute.
Harry sagte, dass er nicht wusste, wie er über June denken sollte.
Er sagte, es hätte sich alles für ihn geändert seit er wusste, dass sie bei Snape lebte.

Über die Verschwiegenheit war Harry hinweg. Aber er vertraute Snape nicht. Vielmehr noch. Er hasste Snape.

June konnte das verstehen. Harry hatte im ersten Jahr geglaubt, dass Snape ihn hatte umbringen wollen. Sie konnte sich nicht in ihn hinein fühlen. Aber sie konnte ahnen, dass die Situation nicht leicht für ihn war. Und nachdem Snape ihm gedroht hatte, nachdem er rausbekam, dass sie miteinander Zeit verbrachten...

Sie seufzte. Warum musste alles so unglaublich kompliziert sein?

June konnte das Verhältnis zwischen Snape und Harry nicht ändern. Dazu war sie nicht fähig. Und das war auch nicht ihre Aufgabe. Sie hoffte nur, dass ihre Vorahnung sich nicht bestätigen würde.

„So ein Quatsch! Warum sollte Harry Professor Snape in dir sehen? Das ist nicht möglich. Schau dich doch mal an. Du bist das komplette Gegenteil von ihm."'

June, Blair und Maya waren auf dem Weg in ihre Gemeinschaftsräume. Sie hatte ihren beiden besten Freunden von der Begegnung mit Harry erzählt und auch von ihren Bedenken. Sie wollte nicht, dass die Schüler in ihr den Meister der Zaubertränke sahen.

Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie sich immer weiter von ihm entfernte. Von Severus. Es war, als wären Kimberley und Ariano nie weg gewesen. Das Tagebuch in ihrer Tasche war eine Art Verbindungsstück. Sie kam sich so vor, als würde sie die beiden schon ewig kennen. Und als würde Snape zwischen ihnen stehen. Er gehörte nicht in diese Konstellation, die sie sich in ihrem Kopf zusammengebaut hatte. Es war, als hätte sie eine Familie. Ihre Mutter und ihr Vater hatten Gestalt angenommen. Wenn sie die Augen schloss, sah sie Kimberley und Ariano  direkt vor sich. Wie sie ihr zulächelten und sie in den Arm nahmen. 

„Maya, ich muss euch etwas erzählen. Aber ihr müsst versprechen, dass ihr das für euch behaltet."

„Schieß los. Was ist passiert?", fragte ihre Freundin neugierig. Sie hatte das Feuer in Junes Augen bemerkt.

June sah sich kurz um, damit sie sichergehen konnte, dass sie keiner sah. Sie waren alleine in einem Korridor. Ein paar Schüler bogen gerade um die Ecke. Sie stellte sich hinter einen Sockel und zeigte Maya das Buch:

„Lies die erste Seite. Das ist ein Tagebuch. Es hat meiner Mutter gehört.", strahlte sie.

Maya nahm misstrauisch das Buch in die Hand. Dann las sie die ersten Wörter. Ihr Gesicht veränderte sich in Unbehagen. Sie teilte die Begeisterung nicht mit June. Skeptisch sah sie auf:

„Woher hast du das?"

June schluckte.

„Ich habe es aus einer Kiste aus dem Büro von Professor Snape."

„June. Bist du vollkommen verrückt geworden? Du musst das sofort zurückgeben!!!"

Maya drückte ihr das Buch wieder in die Hand. June verstand die Welt nicht mehr. Warum freute sich Maya nicht für sie mit? Sie hatte endlich das in den Händen, was ihr gehörte. Sie fand endlich heraus, wer sie war und woher sie stammte.

„Spinnst du, Maya? Das ist mein rechtmäßiger Besitz. Verstehst du denn nicht?"

„June", unterbrach sie scharf, „da ist mir alles zu kurios. Wenn du dieses Buch haben dürftest, wäre es nicht in einer Kiste gewesen. Professor Snape hat das sicherlich nicht ohne Grund vor dir versteckt."

Ungläubig schüttelte June den Kopf. Damit hätte sie nie gerechnet. In ihr kam die Wut auf:

„Professor Snape hat nicht das Recht, mir meine Eltern wegzunehmen. Ich weiß endlich, was passiert ist. Mein Vater ist ein Balletttänzer gewesen. Er hat sich um meine Mutter gekümmert. Ich habe spanisches Blut in mir. Deswegen spreche ich im Schlaf wahrscheinlich auch eine andere Sprache. Mein Vater hat mir das sicher beigebracht."

„Dein Vater ist tot June! Tot!!!!"

SERENDIPIA - die Geschichte von June MorenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt