Engelchen und Teufelchen

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Wie sich herausstellte war May die ideale Besetzung für den Managerposten. Bereits am zweiten Tag hatten wir feste Trainingszeiten. Jeder von uns musste ab sofort montags, mittwochs und freitags kommen, wenn keine Klausuren oder nicht verschiebbare Termine anstanden. Klar hatte Chris sowas in der Art auch versucht aber im Gegensatz zu ihm konnte sich May durchsetzen. Sie schien genau die nötige Mischung aus Strenge und Freundlichkeit zu besitzen, die nötig war, sodass man auf sie hörte.

Zudem hatte sie eine wirklich gute Beobachtungsgabe. Vom Beckenrand aus fielen ihr Dinge auf, auf die ich selbst niemals gekommen wäre. War mein Beinschlag wirklich zu hektisch und bremste mich deshalb aus? Nachdem sie mir das gesagt hatte, versuchte ich es anders und siehe da, es war weniger anstrengend und ich steigerte mich um ein paar Millisekunden. Ich weiß, dass sich das nicht gerade nach einem großen Unterschied anhörte, aber im Wettkampf konnten eben genau diese Sekundenbruchteile zwischen Sieg und Niederlage entscheiden. Auch Mateo wurde besser. Jeder noch so kleine Zeitunterschied ließ seine Laune in den Himmel schießen und seine Freude war einfach ansteckend.

„Du bist wirklich das Beste, was unserem Team passieren konnte", sagte ich als wir eines Abends zusammen am Strand. „Ach, so großartig bin ich dann doch nicht", sagte sie und spießte ein Stück Falafel und etwas Rotkraut aus ihrer Tortilla-Tasche auf. „Doch, das bist du wirklich. Seit du da bist machen wir alle so große Fortschritte und die Stimmung ist auch wieder besser geworden. Du gibst dir so viel Mühe May, ich meine alleine schon die individuellen Trainingspläne, die du für jeden einzelnen von uns jede Woche aufs Neue aufstellst...das kostet extrem viel Zeit" „So viel Zeit investiere ich doch gar nicht...",sagte sie „Doch, das tust du. Ich merke das May" Ein paar ihrer dunklen Strähnen fielen ihr ins Gesicht, sodass ich ihren Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Doch ich konnte mir gut vorstellen wie sie gerade dreinschaute. „Deine Arbeit ist unglaublich wichtig für uns und da kannst du verdammt stolz auf dich sein" Einen Moment lang standen meine Worte in der Luft, doch dann antwortete sie: „Danke Sofia". Sie schob ihr Haar hinter Ohr und ich konnte sehen, dass ihr das was ich gesagt hatte einiges bedeutete. Ich lächelte sanft.

Eine Weile lang saßen wir schweigend nebeneinander und ich betrachtete die Dünen. Sie bewegten sich so gleichmäßig, ja irgendwie rhythmisch im lauen Frühlingswind. Wie Tänzer zu einer Musik, die sich vor meinen Ohren verbarg. Dahinter lag die unglaubliche Weite des Meeres. Ich fragte mich, wann es wohl warm genug war, um zu schwimmen. „Hoffentlich können wir bald im Meer schwimmen", sagte May als hätte sie meinen Gedanken gehört. „Ja, hoffentlich" „Da fällt mir ein, ich habe noch etwas dabei, was ich dir unbedingt zeigen muss", sie wühlte in ihrer Handtasche umher und zog ein Hochglanzmagazin heraus. „Sportklamotten?", fragte ich sie. „Genau. Unser Team hat doch noch keine einheitlichen Trainingssachen, oder?" „Ja", sagte ich „Aber ist das denn so wichtig?" „Natürlich! Alle Clubs, die bei Wettkämpfen antreten haben so etwas!" „Okay, wusste ich nicht" „Manchmal lebst du wirklich hinter dem Mond Sofia" May schüttelte skeptisch den Kopf „Aber auf jeden Fall bietet die Firma an die Trainingsklamotten eigenständig zu gestalten. Wir sagen denen also, was wir wo wie draufhaben wollen und sie machen das für uns" May blätterte in dem Prospekt und zeigte mir dann eine Farbtabelle „Was hältst du davon als Grundfarbe mit Details in dem Ton", sie deutete auf zwei Farben. „Musst du das überhaupt noch Fragen?", sagte ich begeistert. „Ich wusste, dass dir das gefällt. Man kann übrigens auch ein eigenes Logo darauf drucken lassen", sie zog einen Zettel zwischen zwei Seiten hervor und zeigte mir die Skizze. Ich musterte sie kurz und sagte dann: „May, das wird genial aussehen"

„Was war das denn Mateo?! Du bist viel zu früh abgesprungen. Im Wettkampf wärt ihr jetzt draußen!", schrie Toby. „Tut mir leid!", sagte Mateo eingeschüchtert „Ein Tut mir leid bringt dir im Wettkampf auch nichts" Toby ging zur nächsten Bahn „Chris! Zeig mehr Einsatz von den Beinen, so überholt dich noch jeder Großvater!" „Ja, Sir!", erwiderte er und wurde auf der Stelle schneller. „Schon besser", Toby nickte und ging zum nächsten „Soll das etwa Freestyle sein Ryan? Du siehst so aus als würdest du gleich untergehen wie eine Blei-Ente" „Gut, ich machs besser", sagte der angesprochene genervt. „Nico! Du bist schon längst über den Butterfly Part deines Plans hinaus, schwimm auch mal was anderes und Sofia mach längere Armzüge bei deinen Technikübungen!" Ich zuckte zusammen und streckte mich sofort ein Stück weiter.

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