Trainingscamp

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Es war definitiv zu früh, doch mein Wecker hatte kein Erbarmen und schüttelte mich um fünf Uhr morgens aus dem Bett. Manchmal wünsche ich mir echt, dass diese technischen Dinger nicht so zuverlässig wären.

Ich trat die innig geliebte Decke von mir und richtete mich schlaftrunken auf. Draußen war es noch nicht wirklich hell, der Tag begann gerade erst. Froh darüber, dass ich mir die Sachen gestern noch herausgelegt hatte schlüpfte ich in die schwarzen Shorts mit dem dünnen dunkelblauen Streifen an der Seite und in das einfache blaue T-Shirt. Ich schlürfte in das Badezimmer und bändigte das Vogelnest auf meinem Kopf. Anschließend erledigte ich alles Weitere, warf mir meine Ashriver-Manta Jacke über und verließ mit meinem Gepäck mein Zimmer.

May war auch noch nicht in Bestform „Guten Morgen", gähnte sie. Gemeinsam begaben wir uns zum Treffpunkt auf dem Parkplatz. Wir waren die ersten, doch es dauerte nicht lange bis der Rest eintrudelte. Ich bin mir nicht sicher, aber es könnte sein, dass Mateo tatsächlich schlafwandelte und noch gar nicht bei Bewusstsein war, so träge wie er sich zu uns herüberschleppte. Der Marianengraben würde ihn wahrscheinlich um die Tiefe seiner Augenringe beneiden. Nico und Chris kamen zusammen. Sie hatten die Zelte dabei und auch noch die restliche Ausrüstung und man sah Kapitän und Vizekapitän deutlich an, dass der frühe Morgen auch nicht ihre Zeit war. Der einzige, der tatsächlich wach wirkte war Ryan, der als letzter aufkreuzte. Nach der Konfrontation vom Vorabend wich ich seinem Blick aus. Auch er schien nicht gerade scharf drauf zu sein mir in die Augen zu sehen.

Stillschweigend standen wir nun da und warteten. Irgendwann hörte ich dann plötzlich ein Hupen und das was da auf den Parkplatz rollte versetzte mich sofort zurück in eine frühere Zeit. Toby war doch ernsthaft mit einem quitsch-roten VW-Bus gekommen, bei dem langsam, aber sicher der Lack abblätterte. Ein Auto, dass ich immer mit Hippies in Verbindung brachte. Manchmal war unser Trainer schon ein echtes Original. Der blonde Sidecut schaute aus dem Fenster und er winkte uns zu sich heran „Steigt ein Leute". Ich half Chris und Nico beim Einladen des Gepäcks und setzte mich dann neben May. Sie hatte mir extra einen Platz am Fenster freigehalten.

„Hast du keinen auffälligeren Mannschaftsbus besorgen können?", fragte unser Captain, während Toby auf den Highway einbog. „Hey, sag ja nichts gegen meinen lieben Frank. Er ist zwar nicht mehr der Jüngste, aber top in Schuss. außerdem haben wir kein Clubbudget, um uns etwas Besseres zu leisten", fügte er grummeln hinzu. „Das Auto heißt Frank?", fragte May „Wieso denn ausgerechnet Frank?" „Das ist eine lange Geschichte", lachte Toby, der gerade wohl in Erinnerungen schwelgte.

Als wir den Hafen erreichten, kämpften sich langsam die ersten Sonnenstrahlen durch das Morgengrauen. „Wo bleibt er nur?", Toby sah fast aus wie ein kleiner Schuljunge, so wie er auf und ab hüpfte und jede zweite Sekunde einen Blick auf seine Armbanduhr warf. „Da vorne sehe ich etwas", sagte Chris und deutete auf einen kleinen dunklen Fleck, der langsam näherkam. „Das wird er sein", Toby winkte mit dem Arm und der Fischkutter wendete in unsere Richtung. Wie ein Profi legte der Schiffsführer an. Er vertäute das Boot und kam dann auf uns zu. Der Mann hatte einen Drei-Tage-Bart und kräftige Oberarme. „Hallo Toby alter Junge, schön dich mal wieder zu sehen", Er und Toby führten einen Handcheck aus, der mir eindeutig verriet, dass sich die zwei schon lange kannten. „Tach, ich bin Andrew, Andrew Gilles und ihr seid wohl die Mannschaft, die ich nach Merriweather rüberfahren darf". Er hatte einen leichten schottischen Akzent, aber das machte ihn irgendwie sympathisch. „Genau", sagte unser Kapitän und stellte uns nacheinander vor. Andrew bedeutete uns auf den Kutter zu kommen und zeigt uns, wo wir auf dem kleinen Boot unsere Sachen hinschmeißen konnten. Anschließend ging er zum Mast und hisste eine ziemlich bunte Flagge „Ist meine Glücksfahne", er zwinkerte uns zu „Vielleicht hilft sie euch ja ein bisschen".

Das Boot legte ab und wir fuhren im Sonnenaufgang zu dem Ziel unserer Reise: Einer kleinen Inselgruppe, die gut ein Dutzend Kilometer vor der Küste entfernt lag. Da Andrews Kutter nicht gerade ein wendiges Rennboot war dauerte es eine Weile, bis der weiße Sand und die grünen Pflanzen in Sicht kamen. „Schau mal da!", rief May und deutete auf die klare Wasseroberfläche. Eine Gruppe Fische flüchtete vor unserem Boot und suchte Schutz ihm Seegras. Keine Sorge ihr kleinen, heute war Andrew nicht zum Fischen unterwegs.

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