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Stehend seinen Kopf aus dem Fenster zu Strecken, war auf Dauer allerdings ungemütlich, weshalb ich fragte, ob man auf das Dach klettern konnte.

Minho warf mir einen schwer deutbaren Blick zu. Er hatte etwas gequältes, zweifelndes und etwas abwegendes.

"Also rein theoretisch schon. . .aber sicher ist das nicht", sagte er zögerlich.

"Wart ihr schon mal da oben?", hakte ich nach.

"Woosan und Woosung ziemlich oft. Ich nur einmal, als ich sieben war oder so. Und damals habe ich mir vorgenommen, dass es das erste und das letzte Mal war."

"Wieso? Ist was passiert?"

"Nein...ich hab nur Höhenangst"

"Achso. Naja, die anderen beiden scheinen es ja überlebt zu haben", machte ich mir Mut. Ich sammelte meine Kraft und stemmte mich mit meinen Händen hoch. Ich hatte jedoch nicht genug Schwung, um mein Bein über die Kante zu bringen und musste noch einmal zurück zum Boden.
Minho sah immer noch nicht begeistert aus.
"Sicher, dass du das schaffst?"

Um ehrlich zu sein: Nein. Aber es wäre irgendwie peinlich, jetzt aufzugeben und es seien zu lassen, weshalb ich stattdessen nickte.

"Na klar schaff ich das. Ich brauche nur ein bisschen mehr Anlauf."

Ich ließ meinen Worten Taten folgen und machte mich erneut an den Aufstieg. Beim zweiten Versuch gelang es mir tatsächlich, meinen Oberkörper auf das Dach zu manövrieren. Der Wind strich mir durchs Gesicht, während ich den Ausblick bewunderte. Die Lichter in den Häuser wurden weniger und die Vorstadt versank in Dunkelheit und Stille. Ich fühle mich sehr lebendig. Beflügelt von dem Gefühl der Freiheit kletterte ich weiter auf das Dach. Mein erster Fuß berührte gerade das Schrägdach, als es geschah.

Meine Hand rutschte unter mir weg und ich verlor den Halt. Erschrocken schrie ich auf, bevor mein Körper auf den Schindeln aufschlug. Mit weit aufgerissen Augen starrte ich in den Abgrund. Den Boden gefährlich weit unter mir, hing ich mit einen Fuß im Fenster. Mein Kopf ragte über den Rand hinaus. Schnell schlang ich meine Arme um die Regenrinne. Mein Herz klopfte so schnell das ich glaubte es würde explodieren.

Ich war nicht fähig zu sprechen, nur ein leises Wimmern vor Angst und Schmerz entfuhr mir.
Mein Fuß hielt mich grad so noch auf dem Dach, doch ich spürte wie meine Kraft nachließ. Aber das war nicht das einzige. Jemand hatte sich nämlich meinen Fuß geschnappt und begann kräftig daran zu zerren.

"Jisung, du kommst auf der Stelle wieder zurück!!!"

"Ich hab Angst!!!!!", schrie ich panisch.

"Ich hab dich, keine Sorge! Ich lass dich nicht los, aber du musst mithelfen, okay?", kam es gedämpft von innen.

"Sicher?"

Ich hatte kein Gefühl dafür wie laut ich das sagte, da mein Herzschlag in meinen Ohren dröhnte und alles übertönte.

"Ja, vertrau mir!"

"Okay...aber bitte nicht fallen lassen", quietschte ich.

"Auf drei zieh ich dich rein! Mach dich bereit!"

Ich hatte meine Augen fest zusammen gekniffen und nickte, obwohl ich mir bewusst war, dass er mich nicht sehen konnte.

"Eins!"

"Zwei!"

"Drei!"


Mit einem Ruck zog er an meinem Fuß, während ich mich gleichzeitig vom Dachrand abstieß.
Mein Bauch schlitterte über die raue Oberfläche und auch meine Arme und mein Kinn wurden zerkratzt.
Wie durch ein Wunder schafften wir es meine beiden Beine wieder ins Innere zu befördern, sodass ich wieder nur noch zur Hälfte auf dem Dach lag.
Von da an sprang ich alleine zurück und sank erst einmal erschöpft zusammen. Minho saß schwer atmend neben mir und sah mich wütend an.

A Song For You |MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt