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Ich überquerte die Straße und ging durch den kleinen Tunnel, der in den Innenhof führte. Meine Schritte hallten von den rauen Steinwänden wider.

Nicht mehr viel trennte mich von meinem Ziel. Der erste Eingang, der zweite Eingang, der dritte Eingang. Dort blieb ich schließlich stehen, zog meinen Schlüssel aus der Hosentasche und betrat das Treppenhaus.

Unsere Wohnung lag im dritten Stock, einen Aufzug gab es nicht.
Oben angekommen atmete ich noch einmal tief durch, bevor ich eintrat.

Sofort, als ich im Wohnzimmer erschien, fuhr meine Mutter vom Sofa auf und kam schnellen Schrittes auf mich zu maschiert. Noch ehe sie vor mir stand, begann sie zu schimpfen.

"Jisung, wo bist du gewesen? Wieso hast du auf unsere Anrufe nicht geantwortet? Weißt du, was für Sorgen ich mir gemacht habe? Du hast mir gesagt, du bist um Mitternacht zurück! Ich hätte beinahe... Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?"

Stimmt ja, an meinem Kinn klebte immer noch das hässliche Pflaster. Man musste erwähnen, wie übertrieben groß es war, für die paar kleinen Kratzer. Ich hoffte inständig, dass Minho niemals Arzt werden würde. Alle seine Patienten würden sich vermutlich in Mumien verwandeln. Er hätte sicherlich einen Verband um meinen Bauch gewickelt, wenn ich ihn nicht gestoppt hätte.

"Ach das ist nichts, nur ein Kratzer. Tut mir wirklich leid, Mama, aber mein Handy hatte keinen Akku mehr, sonst hätte ich Bescheid gesagt. Ich habe gestern völlig die Zeit vergessen."

"Schön, dass es dir leid tut. Das hilft nur leider nichts! Was, wenn ich die Polizei gerufen hätte?! Ich wusste nicht mal, wo dieser Typ, auf dessen Party du gegangen bist wohnt. Du hättest auf dem Rückweg angegriffen werden können!", regte sie sich weiter auf.

"In unserer Gegend?! Hier passiert doch nie was! Außerdem bin ich fast 17! Ich bin kein kleines Kind mehr, also behandele mich nicht wie eines, okay?!"

Das ganze hatte mich wütend gemacht. Warum dachte sie, ich könnte nicht auf mich selbst aufpassen? Glaubte sie, ich wäre zu schwach dafür? Bei meinem Bruder hatte sie sich nie so aufgeführt.

"Das hat doch nichts damit zu tun, wie alt du bist! Es gibt einfach schlechte Menschen da draußen. Du hättest auch nur umknicken müssen, und dann? Ich mach mir doch nur Sorgen um dich und wenn ich mich nicht auf dich verlassen kann, darfst du halt nicht mehr auf irgendwelche Partys oder dergleichen gehen"

Sie hatte sich ein wenig beruhigt. Ich mich allerdings nicht.

"Als würde ich so oft auf Partys gehen! Und überhaupt, das war doch nur einmal! Ich verspreche dir auch, es in Zukunft besser zu machen. Aber kannst du bitte darauf vertrauen, dass ich nichts Dummes mache und auf mich selbst aufpassen kann?"

Meine Mutter war keine Person, die sich gerne stritt und ich merkte ihr an, dass sie genug von unserer Ausseinandersetzung hatte. In letzter Zeit passierte es öffter, dass wir aneinandergerieten. Vermutlich waren meine Stimmungsschwankungen ein bisschen Schuld daran. Dennoch, zum Streiten gehörten immer zwei und mit meinem Vater stritt ich mich nie.

"Ach, Jisung", seufzte sie und umarmte mich. Das war unser üblicher Weg, uns zu vertragen: die andere Person umarmen. Etwas widerwillig erwiederte ich ihre Geste. Ich war ein wenig sauer darauf, dass ich mich nicht weiter verteidigen konnte, aber Frieden war mir doch lieber. Es betrübte mich nur, dass wir nie zu einer Lösung kamen. Verständnis für die andere Partei hatten wir zwar meistens, doch wir konnten es einfach nicht akzeptieren, wie der Andere dachte.

"Wieso hast du jetzt eigendlich dieses Pflaster im Gesicht? Wenn du doch so toll auf dich aufpassen kannst?", fragte sie mich neckend, als wir uns aus der Umarmung lösten.

A Song For You |MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt