11

313 27 11
                                    

Ein Schwall Menschen strömte aus dem gerade an Gleis 17 eingetroffenen Zug.
Viele hatten Reisegepäck dabei und kehrten vermutlich aus dem Urlaub zurück.

Auch er zog einen Koffer hinter sich her. Doch im Vergleich zu den meisten anderen Leuten hatte sein Gang nichts Entschlossenes, er hatte es nicht eilig, er schien kein Ziel zu haben.

Seufzend ging er den Bahnsteig entlang. Um ihn herum begrüßten sich Familien, Verwandte umarmten sich und Freunde traffen sich wieder.

Er beobachtete eine Gruppe Teenager, ungefähr in seinem Alter. Einer von ihnen war ebenfalls aus dem selben Zug ausgestiegen und wurde nun von seinen Freunden stürmisch begrüßt. Kurzeitig war er überhaupt nicht mehr zu sehen, untergegangen zwischen seinen drei Belagerern.

Die Szene brachte ihn zum Lächeln, gleichzeitig erinnerte es ihn jedoch schmerzlichst daran, dass er hier immer noch niemanden kannte.
Einsamkeit überkam ihn und er wante sich betrübt ab.

Zwei Wochen noch, dann würde er spätenstens Freunde finden. Höchstens zwei Wochen. Zumindestens nahm er sich das vor.
Er musste einfach jemanden finden.

Gäbe es da nicht dieses Problem...

Langsam kehrte er dem Bahnsteig seinen Rücken zu und verschwand in Richtung Ausgang.

"Zwei Wochen", versprach er sich selbst.

***

"JEONGIN!!!", tönte es lautstark über den gesamten Bahnhof.

"WIR SIND HIER!!!", schrie Hyunjin weiter und wedelte dem am anderen Ende des Bahnsteiges stehenden Jungen zu.

"Er ist doch nicht taub!"

Seungmin rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht sein rechtes Ohr.

"Ich freu mich halt nur, ihn wiederzusehen."

"Ja, ja ich ja auch, komm lass uns-"

"JEEEOONGINIEEEEEEE!!!"

Während die anderen Beiden diskutiert hatten, war ich losgerannt, um ihn zu umarmen.
Schon aus der Entfernung konnte ich seinen leicht verstörten Gesichtsausdruck erkennen.

"Hey, warte auf uns!", rief Hyunjin mir nach und raste mir zusammen mit Seungmin hinterher.

Jeongin kam auf uns zugejoggt, jedoch bremste ihn sein blauer Koffer, weshalb er eher auf uns zu stollperte.

"Leute, macht mal langsAHHHHH-"

Weiter kam er nicht, da wir drei ihm, fast ohne langsamer zu werden, um den Hals fielen.
Jeongin schwankte bedrohlich unter unserem Gewicht, schaffte es aber, aufrecht stehen zu bleiben.

"Ahhh! Stopp! Ich...krieghh...keine...Luhuft!"

Nachdem wir aufhörten, ihn zu erdrücken und in die Seite zu pieksen, hatte er jedoch keineswegs seinen Frieden.
Er wurde solange mit Fragen bombardiert, bis er sich die Ohren zuhielt und dem ein Ende setzte:

"Wenn ihr alle gleichzeitig auf mich einschreit - Betonung auf schreit! Ich hab jetzt sicher einen Höhrschaden! - versteh ich erstens Nichts und zweitens stehen wir gerade allen Anderen total im Weg. Ich verspreche auch, dass ich euch antworte, aber lasst uns bitte erstmal weiter gehen."

Ein Blick um uns herum gab Jeongin Recht, wir standen tatsächlich ungünstig und hielten die anderen Passagiere auf. Da niemand Einwände hatte, bewegten wir uns schnell Richtung Ausgang.

A Song For You |MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt