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Unser Gehtempo war gemächlich, als wir durch die Nacht liefen. Der Wind strich mir sanft durchs Haar und die Straßenlaternen erhellten den Weg. Der Asphalt war immer noch aufgeheizt und gab die Wärme des Tages nach und nach ab.

Die Stille kam mir ungewohnt vor nach der lauten Musik in der Bar. Adrenalin floß immer noch durch meinen Körper, doch gleichzeitig war ich erschöpft. In mir kribbelte es, vieles ging mir durch den Kopf.

Ich musste nachdenken.

Wir liefen weiter, nachdem Minho vorhin vorgeschlagen hatte, ein Stück zurück zulaufen, anstatt gleich die U-Bahn zunehmen. Dem hatte ich dankbar zugestimmt. Bewegung konnte ich momentan wirklich gebrauchen.
Wir waren noch ein wenig geblieben und hatten den Leuten zugeschaut. Doch nachdem ich schon recht lange auf den Beinen war und sozialer Kontakt - von dem ich heute wirklich reichlich hatte - auf Dauer echt anstrengend war, merkte ich wie es mir schwerer fiel, meine Augen offen zuhalten. Minho hatte es bemerkt und mir erklärt, es wäre kein Problem für ihn, bereits zu gehen.

"Hast du darüber nachgedacht?", brach Minho unser Schweigen.

Mein Blick war starr auf den Weg geheftet und ich nahm mir kurz Zeit, ehe ich antwortete:

"Ich komme. Erstmal auf Probe und ganz enspannt, okay?"

"Klasse! Und ja, total entspannt alles."

Ich schaute ihn nun doch an und erblickte einen fröhlich lächelnden Minho.

"Ich schreib dir dann, wann wir uns nächstes Mal treffen."

Ich nickte zustimmend.

"Okay."

Es würde sich noch herausstellen müssen, ob das eine gute Idee war.

Gerade war es erst ungefähr zehn Uhr Abends oder so, weshalb noch einige Leute draußen unterwegs waren und die Stadt belebten.

Ein Lächeln lag auf meinen Lippen.
Ich war glücklich.

Und nachdem das letzte Gespräch zwischen Minho und mir äußerst ernst verlaufen war für unsere Verhältnisse, fingen wir nun wieder damit an, herumzublödeln.

Wenn wir zusammen waren, schien es immer lustig zu sein. Schon von Anfang an hatten wir uns gut verstanden, bemerkte ich.

Wir ereichten einen Park, durch den ein kleiner Bach floß. An ihm entlang wuchsen einige hohe, dichtbelaubte Bäume. Fast parallel zu dem Gewässer verlief ein breiter mit Laternen gesäumter Weg, den wir einschlugen.

Unsere großartige Beschäftigung war es geworden, dem Anderen ein Kinderlied vorzusummen, welcher es dann erraten musste.
Um das Spiel etwas schwieriger zu gestalten, versuchten wir möglichst schief zu singen.

Nachdem Minho bereits zum fünften Mal falsch lag, obwohl er davor immer sehr überzeugt "Ich weiß es jetzt!", gerufen hatte, löste ich auf.

"Was?! Was du vorgesungen hast, hat ja nicht mal ähnlich geklungen!"

"Doch, schau mal. Den Teil hab ich nicht verändert."

Ich summte die Melodie noch einmal.

"Du hast sechs Töne nicht verändert. Sechs!"

"Ich nenne das Kreativität und künstlerische Freiheit, mein Freund!", sagte ich scherzhaft und klopfte ihm auf die Schulter.

"Ich nenne das Betrug."

"Ist ja nicht so, dass es Regeln gab."

"Na gut, wenn du meinst. Ich bin jetzt wieder dran."

Ab da wurde unser Spiel eher ein Wettbewerb, wer am schiefsten singen konnte. Zum Ende hin schlossen wir uns zusammen und schmetterten gemeinsam den Text von allen möglichen Liedern mit fast vollkommen veränderter Melodie.

A Song For You |MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt