Kapitel 3: Es reicht!

1.1K 90 30
                                    

A/N: Ich habe bemerkt, dass es bis ins neue Jahr hinein dauern würde, wenn ich immer nur Mittwochs ein Kapitel veröffentliche. Um das Ganze daher ein wenig zu beschleunigen, habe ich mich dazu entschlossen, ab heute auch jeden Sonntag ein neues Kapitel zu veröffentlichen :)

.~*~.

Die folgenden Tage verliefen recht ruhig. Wir lernten unsere übrigen Lehrer kennen und aßen in der Cafeteria zu Mittag. Inzwischen hatte sich für mich auch herausgestellt, dass meine gesamte Klasse wirklich sehr nett war. Bis auf Kacchan behandelten mich alle freundlich.
Kacchan bedachte mich weiterhin mit bösen Blicken und warf mir ab und an abfällige Kommentare vor die Füße, an die ich mich allerdings die Jahre über bereits gewöhnt hatte. Die restliche Zeit ignorierte er mich. Jedenfalls kam es mir so vor. Er hing viel mit Eijirô und Denki zusammen.

Eijirô Kirishima war ein rothaariger Junge mit einem fast dauerhaften Grinsen im Gesicht. Denki Kaminari hatte blonde Haare mit einer schwarzen Strähne, die fast wie ein Blitz aussah.
Beide entsprachen nicht der Gesellschaft, die Kacchan bisher geduldet hatte und doch hingen die drei ständig zusammen.
Über Shôto Todoroki hatte ich bisher immer noch nicht wirklich etwas erfahren. Er aß zwar täglich mit uns zu Mittag, doch redete er nicht viel. Und von sich erzählte er schon gar nicht. Aber es freute mich dennoch, dass er sich immer wieder zu uns gesellte.
Ich wollte ihn nicht ausfragen um mehr über ihn zu lernen, daher beließ ich es dabei, wenn er still neben uns saß und uns zu hörte.

.~*~.

Etwa eine Woche nachdem das Trimester begonnen hatte, stellte ich mit Erschrecken fest, dass Kacchan und ich zusammen Putzdienst hatten.
Den ganzen Unterricht über war ich mehr als nur nervös, konnte es vor den anderen während des Mittagessens zwar verstecken, doch von den Gesprächen bekam ich kaum etwas mit.
Die Nervosität nahm zu, als die Schulglocke das Unterrichtsende einläutete und alle aus dem Zimmer stürmten.

Kacchan und ich blieben zurück.
Mit zittrigen Fingern packte ich meine Sachen in meinen Rucksack, begann dann die Stühle auf die Tische zu stellen.
„Hey, Bakugô! Wo bleibst du?", rief jemand von der Tür aus. Ich sah auf und erblickte Eijirô und Denki.
„Putzdienst", knurrte Kacchan nur und ließ sich extra viel Zeit mit dem Einpacken seiner Sachen, wohl um weniger zu tun zu haben.
Es ärgerte mich, dass ich vermutlich alles alleine machen durfte, verkniff mir aber einen Kommentar.
„Ah, na dann sehen wir uns morgen!", grinsten die beiden und verschwanden.
Ich seufzte leise, warf einen Blick auf Kacchan, der immer noch damit beschäftigt war, seine Schulsachen einzupacken.
„Tsk...", hörte ich von ihm und zuckte zusammen, stellte weiter so leise ich nur konnte die Stühle auf die Tische.
Als ich damit fertig war, holte ich einen Besen. Ich überlegte kurz, ob ich selbst fegen sollte, entschied mich aber dagegen. Kacchan hatte schließlich auch Putzdienst und sollte gefälligst was tun.
Zuerst noch mutig, dann immer vorsichtiger ging ich zu ihm und hielt ihm den Besen hin, vermied aber ihm in die Augen zuschauen.

„Was willst du, Deku... Kannst du das nicht alleine? Bist du selbst dazu nicht fähig?", schnauzte er mich an.
Es ging wieder los. Wie damals schon fing er an mich zu beschimpfen.
Ich wurde immer kleiner. Meine Kehle war wie zugeschnürt und die Angst, dass gleich noch schlimmeres passieren würde, klammerte sich um mein Herz.
„Unfähiger Nerd...", knurrte er und entriss mir den Besen.
Ich stolperte zwei Schritte zurück aus seiner unmittelbaren Nähe.

Ich hatte damals schon gelernt, dass es für meine Gesundheit besser war, wenn ich ihm nicht widersprach. Zwar hatte ich trotz allem immer blaue Flecke gehabt, aber die waren meist nach wenigen Tagen schon wieder verschwunden gewesen. Schlimmer war es gewesen, wenn ich versucht hatte mich zu wehren oder Widerworte gab. Dann kam ich nicht drum herum, dass ich aus irgendeiner Wunde wieder blutete.

Ich ließ ihn also fluchen und begann damit die Tafel zu reinigen.
Der feine Kreidestaub ließ mich immer wieder niesen und husten.
Was aber noch schlimmer war, war das Prickeln, das ich im Nacken spürte, wann immer ich einen Laut von mir gegeben hatte.
Ich wusste, dass Kacchan mich beobachtete. Vermutlich suchte er nach einem neuen Grund mit dem er mich wieder fertig machen konnte.
„Selbst zum Tafelwischen bist du nicht geeignet", kam es schließlich von ihm.
Ich hörte, wie eines der Fenster aufgeschoben wurde.
Eine frische Brise wehte den Kreidestaub vor meinem Gesicht davon.
Ich biss die Zähne zusammen und drehte mich zu ihm um.
Er stand immer noch an seinem Tisch, hatte den Besen in der Hand, aber noch nicht einmal angefangen zu fegen.
Ich schluckte meinen Ärger hinunter, widmete mich wieder der Tafel und kümmerte mich dann um den Müll, sammelte zerstreutes Papier zusammen und warf es in den Mülleimer.

Wieder sah ich Kacchan an. Immer noch hatte er keinen Finger krumm gemacht und grinste mich nun an.
„Hier, du kannst gerne weiter machen", lachte er gehässig.

Mit dem Mülleimer im Arm ging ich auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Es reichte mir jetzt endgültig.
Mit einem Anflug von Übermut funkelte ich ihn von unten her an.
„Meinst du nicht, dass du auch was tun könntest? Wir haben schließlich gemeinsam Putzdienst!"
Ein kleiner Funke Überraschung blitzte in seinen Augen auf, wurde aber direkt von seiner üblichen Wut überschattet.
„Du gibst also zu, dass du unfähig bist und Hilfe brauchst?", stichelte er.
Ich sah ihn an. Mein Geduldsfaden war bereits überspannt und kurz vor dem Zerreißen.
„Anstatt hier dumm rumzustehen hättest du schon längst zusammenfegen können!", fuhr ich ihn an, umklammerte den Mülleimer etwas fester.
„Wer von uns beiden ist hier dumm?! Das bist ja wohl du! Versager!"
Mein Geduldsfaden riss nun endgültig und ich achtete nicht mehr auf meine Wortwahl, als ich ihn nun fast anbrüllte. „Ich bin kein Versager! Und ich lasse mir von dir nichts mehr gefallen! Du glaubst wohl, du wärst besser als andere, aber das bist du nicht! Ich hab zwar keine Ahnung, wann ich dir was mal angetan haben soll, aber ich hab es so satt, ständig von dir fertig gemacht zu werden! Ich hab verstanden, dass du mich hasst. Aber dann ignoriere mich wenigstens und lass deinen Frust nicht an mir aus! Und, weißt du was, Bakugô?!"
Ich machte eine kurze Pause, ließ meine Worte wirken. Ich hatte mich bewusst dazu entschieden, ihn beim Nachnamen zu nennen.
„Ich hasse dich! Mach den Scheiß hier alleine fertig!", brüllte ich ihn an und kippte ihm den vollen Mülleimer über den Kopf. Perplex sah Kacchan mich an und reagierte überhaupt nicht.

So schnell ich konnte schnappte ich mir meinen Rucksack und stürmte aus dem Zimmer.
Wenn er mich jetzt nicht einholte, würde er bestimmt morgen mit seiner Rache kommen.
Ich fühlte mich jetzt schon schlecht. Nicht nur, weil ich ihn angebrüllt hatte, sondern auch weil ich gelogen hatte. Ich hasste ihn nicht. Ich hatte ihn noch nie gehasst.
Meine Augen brannten und kleine Tränen bahnten sich ihren Weg über meine Wangen, während ich vom Schulgelände rannte.
Wie sehr hatte ich mir immer gewünscht, dass sich zwischen Kacchan und mir wieder alles regeln lassen würde, dass wir vielleicht sogar wieder Freunde werden konnten. Aber ich hatte es wohl gerade gründlich vermasselt.

Ich hatte geglaubt, dass es mich erleichtern würde, wenn ich ihm mal meine Meinung sagen würde, doch das tat es nicht.
Ein unsagbar bedrückendes Gefühl schnürte mir die Kehle zu.
Meine Beine wurden schwer und ich damit immer langsamer. Ich ließ den Kopf hängen, stolperte mehr als dass ich ging nach Hause.
Ich wusste, dass meine Mutter heute erst spät von der Arbeit kommen würde. Daher verkroch ich mich direkt in meinem Zimmer und kam an diesem Abend nur kurz heraus um ein Bad zu nehmen.
Appetit hatte ich keinen.
Zu sehr plagte mich mein schlechtes Gewissen, welches ich Kacchan gegenüber hatte. Ich wusste, ich hatte ihm böse Dinge an den Kopf geworfen und es war so gar nicht meine Art gewesen. Aber andererseits ärgerte er mich schon jahrelang und irgendwann war wirklich einfach mal ein Punkt erreicht, an dem es zu viel wurde.

Ich zerbrach mir den restlichen Abend den Kopf darüber, wie ich am nächsten Tag wohl heil aus der ganzen Sache herauskommen könnte.
Am nächsten Morgen hatte ich im Spiegel dunkle Ringe unter meinen Augen vorgefunden. An Schlaf hatte ich natürlich nicht denken können und so war ich wach geblieben.
Müde zog ich mich also um und ließ sogar das Frühstück ausfallen.
Meine Mutter bedachte mich mit einem besorgten Blick, sagte aber nichts und drückte mir nur wie jeden Tag ein Bento in die Hand, welches in meinen Rucksack wanderte.
Mit immer noch einem sehr beklemmenden Gefühl in der Brust machte ich mich auf den Weg in die Schule.

Tbc...

Unmei no akai itoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt